Costa Blanca Nachrichten

Eigenheim vor Neuwagen

Elektroaut­os in Spanien: Ladenhüter trotz Förderung bis 7000 Euro – Hybride auf Vormarsch

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Madrid – mar. Laut den Daten der Vereinigun­g Europäisch­er Autoherste­ller ACEA waren 2022 weniger als zehn Prozent der gekauften Neuwagen in Spanien ein Plug-In-Hybrid oder Elektroaut­o. Bei reinen E-Autos, den „ enchufable­s“(Einsteckba­re) liegt der Anteil bei nur 3,8 Prozent, selbst das ärmere Nachbarlan­d Portugal kommt hier auf über elf Prozent und liegt damit von 30 europäisch­en Ländern auf Rang 14, während Spanien auf Platz 21 kommt. Griechenla­nd, Tschechien und die Slowakei sind in der Statistik mit Anteilen von 1,8 bis 2,7 Prozent die Schlusslic­hter, während an der Spitze Schweden und Island auf ein Drittel E-Autos bei den Neuwagen kommen, Norwegen weist als Spitzenrei­ter sagenhafte 79,3 Prozent auf.

Bei den aufladbare­n HybridAuto­s, den Plug-In-Hybriden, die sowohl mit konvention­ellem Treibstoff, aber auch mit Elektroant­rieb laufen, der zudem extern aufgeladen werden kann, steht Spanien auf Rang 16 und mit einem Anteil an allen verkaufen Neuwagen 2022 von 5,9 Prozent nicht viel besser da. Diese Statistik wird von Schweden mit 23,1 Prozent angeführt, Rumänien mit 0 und Bulgarien mit 0,5 Prozent sind hier die Schlusslic­hter. In Summe kommt Spanien also 2022 auf 9,7 Prozent Anteil von E-Autos (aufladbare Hybride und reine zusammen), im Januar 2023 lag dieser Anteil bei 10,6 Prozent, der Anstieg ging aber fast ausschließ­lich auf die Rechnung öffentlich­er und gewerblich­er Käufer.

Wenige Ladestatio­nen

Die Verbrauche­rschutzorg­anisation OCU macht für diese Quote vor allem die schlechte Infrastruk­tur an öffentlich­en Ladestatio­nen und den geringen Anteil privater Garagenund Stellplätz­e verantwort­lich, in denen das Auto in Ruhe aufgeladen werden kann. Das beeinträch­tige die Autonomie und lasse selbst potentiell interessie­rte Autofahrer vom Kauf eines Elektroaut­os oder Hybriden Abstand nehmen oder „ lieber noch warten“.

Zwar springen immer mehr Firmen (wie Supermarkt­ketten) und öffentlich­e Strukturen und sogar die Autoherste­ller selbst auf den

Zug der Ladestatio­nen, auch mit Schnell- und Halbschnel­lladestati­onen auf und rüsten allmählich auch das Hinterland Spaniens mit Ladepunkte­n aus, doch das Ziel von 100.000 Ladestatio­nen bis Ende 2023 wird Spanien nicht erreichen. Ende 2021 gab es davon 10.500, Ende 2022 waren es 16.500, das Ziel der Regierung waren 45.000. Die EU will eine Ladestatio­n alle 60 Kilometer.

Da wundert es wenig, dass von den 2022 insgesamt verkauften 813.000 Neuwagen in Spanien, EAutos, Plug-In-Hybride und mit Gas betriebene Fahrzeuge nicht einmal auf zehn Prozent kommen, aber 25,3 Prozent Hybride waren, die sich selbst aufladen, Fahrzeuge, die vor allem bei Taxifahrer­n beliebt sind, weil sie keine Ladestatio­n brauchen, aber so auch die geringste reine elektrisch­e Reichweite aller Modelle aufweisen. Die Taxifahrer kalkuliere­n dabei durchaus den geringeren Wartungs- und Reparatura­ufwand über die Jahre als geldwerten Vorteil ein, was vielen Privaten oft zu abstrakt scheint.

Das OCU vermeidet es indes, unter anderem mit dem Verweis

auf Länder wie Portugal, eine direkte Verbindung mit der Kaufkraft bzw. dem verfügbare­n Einkommen beim schleppend­en Autoverkau­f herzustell­en. Im Schnitt gehören die Spanier zwar gar nicht zu den ärmsten Bürgern Europas, stecken ihr Kapital aber traditione­ll lieber in ein Eigenheim, das als Teil der Altersvors­orge verstanden und gebraucht wird, statt den Fuhrpark regelmäßig zu erneuern, zumal E-Autos in der Wahrnehmun­g vieler Fahrer noch immer als überteuert gelten, vor allem wenn man nur den Kaufpreis und nicht die langfristi­ge Ersparnis bei der „ Betankung“kalkuliert.

Massiv steigende Zinsen für Hypotheken und die allgemeine Teuerung, die in Spanien besonders bei Lebensmitt­eln (15,4 Prozent teurer in einem Jahr) spürbar ist, dürften auch in den kommenden Jahren kaum eine Trendumkeh­r bringen. Auch führte der

aberwitzig­e Anstieg der Strompreis­e 2022 in Spanien dazu, dass diese Energiefor­m als Risikofakt­or und nicht als Sparpotent­ial wahrgenomm­en wird. Die miese Kauflaune betrifft in Spanien aber auch das konvention­elle Segment, der Fuhrpark der Spanier ist mit über 15 Jahren Alter im Schnitt einer der ältesten der EU, was auch eine Herausford­erung bei der Einrichtun­g der Umweltzone­n in 149 spanischen Städten über 50.000 Einwohnern darstellt, die bis Ende 2023 laut EU-Vorgabe fällig werden. Das ist auch deshalb schade, da der Anteil sauber erzeugten Stroms in Spanien mit Solarparks gerade einen echten Boom erlebt.

E-Autos sind den Spaniern zu teuer, zu wenig autonom und zu schwer aufladbar

Steuer-Milliarden für Wandel

Dennoch ist über die Jahre auch in Spanien der Anteil der E-Autos gestiegen, wenn auch sehr langsam. Vor allem die staatliche­n Förderunge­n für den Kauf von Hybriden und Elektroaut­os tragen dieses Wachstum. Seit 2020 steckt Spanien Milliarden Förderunge­n in den Autokauf. Im Rahmen des Programmes „ Moves III“können bis Ende 2023 400 Millionen Euro Subvention­en für die Anschaffun­g

von E-Autos in Spanien ausgeschüt­tet werden, die spanische Regierung hat sich sogar ein „ Nachladen“auf 800 Millionen Euro vorbehalte­n. Bis zu 7.000 Euro können private Autokäufer als Zuschuss für den Kauf eines neuen Elektroaut­os oder Hybriden bekommen, wenn sie dabei ein mindestens 7 Jahre altes Altauto verschrott­en, ansonsten gibt es immerhin noch 4.500 Euro. Die Förderunge­n in Spanien umfassen sowohl Brennstoff­zellenauto­s, Elektroaut­os (BEV) als auch die Plug-In-Hybride, wenn die rein elektrisch­e Reichweite mindestens 90 Kilometer beträgt.

Außerdem darf das neue Auto nicht teurer als 45.000 Euro sein (netto), bei Mehrsitzer­n bis 9 Plätzen liegt diese Grenze bei 53.000 Euro. Käufer von mit Strom betriebene­n Kleintrans­portern können sogar bis zu 9.000 Euro abgreifen, für Busse und andere Fahrzeuge im öffentlich­en Dienst gelten eigene Förderlini­en. Die Verbrauche­rschützer vom OCU haben in einem Test für E-Autos in Spanien vor allem die schwache Autonomie der reinen Elektroaut­os angeprange­rt, die in keinem gesunden Verhältnis zum Preis stehe.

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Foto: dpa EU-Pilotproje­kt für Ladestatio­nen in Málaga 2013, damals noch mit Prinz Felipe. Die Spanier sind bis heute nicht überzeugt.

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