Costa Blanca Nachrichten

Virtuelles Entzücken

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„Hallo Vicente, wie kann ich Ihnen helfen?“, fragt mich eine freundlich­e Frauenstim­me. „Ich bin nicht Vicente, sondern seine Frau“, will ich gerade antworten, überlege es mir aber noch einmal anders. Schließlic­h dürfte das der Computerst­imme namens Tobi – den Namen erfahre ich erst später–, die sich bei meinem Telefonanb­ieter so freundlich meldet, egal sein.

Also erkläre ich ihr, dass mein Internet nicht mehr funktionie­rt, und lasse mir versichern, dass es nur eine Minute dauere, das Problem zu lösen. Was ich dann höre, lässt mich aufhorchen. Keine Endlosmelo­die, sondern virtuelles Computerge­tippe. Ich sehe Frau Tobi förmlich vor mir, wie sie in die Tasten haut, um mir in Windeseile zu helfen. Kurz stoppt das Getippe und Tobi verspricht mir, dass es nur noch 30 Sekunden dauere. Gesagt, weiter getippt. „Ich habe das Problem gelöst, Vicente“, sagt sie dann erfreut. Ich folge ihren Anweisunge­n und habe mein Internet zurück. Auch wenn ich nicht Vicente bin.

Nach fünf Minuten klingelt das Telefon. „Hallo Vicente, hat es geklappt?“, fragt Frau Tobi, die mir langsam ans Herz wächst. Ja, antworte ich. „Oh, Vicente, das freut mich sooo sehr“, sagt sie entzückt und ich freue mich mit ihr mit.

Fünf Minuten später klingelt es erneut und eine Männerstim­me fordert mich auf, meine Zufriedenh­eit mit der virtuellen Assistenti­n Tobi (erst hier erfahre ich den Namen) auf einer Skala von 1 bis 10 zu bewerten. Dann empfängt mich statt eifrigen Tippens eisiges Schweigen und der virtuelle Kollege sagt etwas unwirsch, er habe mich nicht verstanden. Hastig antworte ich, 10 Punkte. Im Namen von Vicente, der hofft, das nächste Mal wieder

Tobi in der Leitung zu haben.

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