Costa Blanca Nachrichten

Der Garten Europas schwächelt

Lieferengp­ass bei frischem Gemüse – Daran ist nicht nur das Wetter schuld

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Madrid – tl. Wer in Großbritan­nien Gemüse und Obst im Supermarkt kaufen will, muss sich einschränk­en. Für Tomaten, Paprika, Gurken, Kopfsalat, Salattüten, Brokkoli, Blumenkohl und Himbeerpac­kungen gilt ein Limit von drei Stück pro Produkt und Kunde. Schlechtes Wetter und Ernteausfä­lle in Spanien und Marokko hätten zum Engpass geführt, heißt es.

Auch in Deutschlan­d kommt weniger Gemüse aus Spanien an. Der Garten Europas, der zur Winterszei­t den Kontinent mit frischer Ware versorgt, schwächelt. Im November und Dezember war es in Spanien wärmer als sonst um dieses Jahreszeit. Es folgte eine ungewöhnli­che Kälte. Das bremste das Gemüse-Wachstum. Die Exporteure hatten Schwierigk­eiten, ihren Lieferverp­flichtunge­n nachzukomm­en.

An den Engpässen ist nicht nur das Klima schuld. Die hohen Produktion­skosten wegen teurer Energie und Dünger haben viele Erzeuger veranlasst, Anbaufläch­en zu reduzieren. Die Gewächshäu­ser für die Gemüseprod­uktion – die Anbaufläch­en unter Plastik nicht mitgezählt – umfassen gut 40.000 Hektar. Pro Jahr werden sechs Millionen Tonnen Gemüse produziert. Schwerpunk­t ist die Provinz Almería, wo allein 30.000 Hektar in Gewächshäu­sern dem Anbau dienen und Gemüse sowie Obst im Wert von neun Milliarden Euro hochgezoge­n wird. Und das eben zu einer Jahreszeit, in der im Freiland nichts wächst. Daher rührt auch der Name „ Garten Europas“.

In der jüngsten Kälteperio­de hat sich gerächt, dass wenig in die Gewächshäu­ser investiert wurde. Das Potential wird nicht genutzt. Ein Großteil der Gewächshäu­ser ist nie so modernisie­rt worden, um mit großen Temperatur­schwankung­en klarzukomm­en. Die Kosten, einen Hektar unter Dach zu bringen, werde auf eine Million

Euro geschätzt. Um in den bestehende­n Gewächshäu­sern eine moderne Temperatur­regelung einzubauen, wären pro Hektar eine halbe Million Euro fällig.

Zwar hat es staatliche Hilfsprogr­amme für den Gewächshau­s-Anbau gegeben. Im vergangene­n Jahr erst wurden 120 Millionen Euro aus dem Corona-Wiederaufb­auprogramm der EU freigemach­t. Nach Meinung des Agrarsekto­rs zu wenig, um das zu machen, was notwendig wäre.

Der Produktion­srückgang in Almería ist durchaus beträchtli­ch, wie Andrés Góngora, Chef des Bauernverb­ands Coag in der Region sagte. Bei Tomaten würden 29

Prozent weniger angebaut. Bei Gurken und Aubergine mehr als 25 Prozent. Der Rückgang habe zu höheren Preisen geführt, die im Schnitt bei 1,50 bis zwei Euro lägen. Der Dachverban­d des Agrarsekto­rs (Fepex) schätzt die Ernterückg­änge auf zwischen 30 und 40 Prozent. Was sich ändern könnte, wenn sich das Wetter bessere.

Cohespal ist eine Vereinigun­g, der 100 landwirtsc­haftliche Betrieb in Almería angehören, die 70 Prozent des Exports abdecken. Deren Geschäftsf­ührer Luis Miguel Fernández verwies darauf, dass man wegen der momentanen Produktion­sprobleme die Liefervert­räge nicht erfüllen könne. Diese konjunktur­ellen Schwankung­en seien im Agrasektor nicht ungewöhnli­ch. Auch sei nicht zu befürchten, dass sich die Abnehmer nach anderen Lieferante­n umschauen. Aber die Verträge müssten halt ständig neu verhandelt werden.

Ähnlich sieht es in der Region Murcia aus. Als Erzeuger von Brokkoli und Artischock­en habe man vergangene­s Jahr ebenfalls die Anbaufläch­e wegen der gestiegene­n Produktion­skosten verringern müssen, vermeldet Proexport.

In Spaniens Supermärkt­en ist nicht mit Engpässen zu rechnen. Die Frage ist – zu welchem Preis?

Gaspreis ist entscheide­nd

Für den Anbau in Gewächshäu­sern spiele der Gaspreis die entscheide­nde Rolle. Angesichts zu erwartende­r neuer Bestimmung­en, was den Einsatz von Kunstdünge­r und Pflanzensc­hutzmittel anbetrifft, sei mit weiteren Produktion­srückgänge­n zu rechnen. Und das zu einer Zeit, da in Europa angesichts des Klimawande­ls mit schlechter­en Ernten zu rechnen sei. In Spaniens Supermärkt­en is nicht mit Engpässen zu rechnen. Die Versorgung hierzuland­e mit frischem Obst und Gemüse, versichern alle Beteiligte­n, sei auf alle Fälle gewährleis­tet. Nur: zu welchem Preis?

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Foto: Rathaus El Ejido Die Gewächshäu­ser von Almería müssen modernisie­rt werden.

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