Farbe zeigen
Kunstmesse Arco zeigt umfangreiches künstlerisches Schaffen – Mittelmeer als Themenschwerpunkt
Madrid – ck. Wie eine Sturmflut ist das Kunstbusiness durch Madrid gefegt. Die 42. Ausgabe der Kunstmesse Arco katapultierte mit eingeladenen Sammlern aus aller Welt, mit zahlreichen Satellitenmessen in der Innenstadt, mit Vorträgen, Partys und Medieninteresse die Hauptstadt zum Mekka der Gegenwartskunst.
Während der spanische Kunstmarkt im Gegensatz zu Frankreich, Großbritannien und den USA in der kleinen Liga spielt, gelingt es der Arco doch immer, einmal im Jahr für Wirbel zu sorgen. 140 internationale und 71 spanische Galerien aus 36 Ländern, das entspricht einer Sturmflut von Eindrücken und Werken, Trends und Tendenzen. Am Sonntag war alles vorbei, es bleiben spektakuläre Ausstellungen in Museen, Galerien und Kunsthallen (Lucian Freud, Juan Muñoz, Eusebio Sempere), und für die ist Spanien das ganze Jahr über eine Reise wert.
Es bleiben auch gute Verkäufe, die die Messeleitung stolz verkündet und die zur guten Stimmung beitragen. Nebenbei bereichern sie die Sammlungen, die dem Publikum auch fern der Hauptstadt Freude machen können. Die aus Deutschland stammende Madrider Galeristin Helga de Alvear hat bei David Zwirner (New York, London, Paris, Hong Kong) eine große Skulptur von Juan Muñoz für ihr preisgekröntes Museum in Cáceres erworben. Die Mercadona-Vizepräsidentin Hortensia Herrero bereitet die Eröffnung ihres Kunstzentrums im Palacio Valeriola in Valencia vor, in dem ab Herbst auch Werke deutscher Highlights wie Andreas Gursky, Anselm Kiefer und Georg Baselitz zu sehen sind.
„Das Mittelmeer ist ein Raum, in dem es um Herrschaft geht“
Trend war auf Arco wieder die Malerei. Neben Skulpturen und Installationen, aber weniger Fotografie, sorgten große farbige Leinwände als Blickfang. Gleich zu Beginn hat Heinrich Ehrhardt, inzwischen Galerie Ehrhard Flórez, mit seinem Hauskünstler Secundino Hernández verdienten Erfolg. Eher intim dann die Klassiker: Antonio Saura, Joan Miró, Maruja Malló, deren „ Racimos de uvas“die Madrider Galerie Guillermo de Osma sogleich an die Fundación Masaveu abgeben konnte.
Junge Sammler erhalten seit Jahren professionelle Orientierung. Junge Künstler werden gepuscht, in der Hoffnung, dass sie sich zum Shootingstar entwickeln. Oft ist durchaus eine Begabung zu spüren. Manches wirkt aber sehr naiv, fast ungelenk, dahinter steckt allerdings ein Konzept, das der Galerist verkauft. Oft geht es schlicht um Emotionen, die geweckt werden sollen. Die Sektion „ Opening“ist junger Kunst aus jungen Galerien vorbehalten und lädt zu Entdeckungen ein, so die Messeleiterin Maribel López. Noch tropffrische Farbe (Wet Painting) zeigt sich auch auf den kleineren Messen in Madrid: JustMAD und UVNT. Diese Satellitenmessen bieten im Stadtzentrum ein zusätzliches Angebot. Art Madrid vereint 35 vor allem spanische Galerien, darunter aus Valencia, Murcia und Andalusien. SAM mischt digitale Kunst und NFT mit Werken von Picasso und Chillida. Flecha bietet noch bis 4. März Direktverkäufe.
Die Arco hat stets ein Gastland eingeladen, das waren die europäischen Nachbarn, aber vor allem die iberoamerikanischen Länder. In diesem Jahr war kein Gastland, sondern der Schwerpunkt Mittelmeer angesagt. „ Das Mittelmeer ein rundes Meer“, so der Titel. Zu den Anrainern rund um das Meer der Kulturen gehören viele Konfliktzonen: Israel, Libanon, Marokko, Algerien. Die Flüchtlinge, die versuchen, über das Meer nach Europa zu gelangen, und ihre Tragödie sind uns gegenwärtiger als die Kunst, auch wenn Künstler wie Mona Hatoum oder Kader Attia die europäische Szene mitprägen. Den Mittelweg aus Drama und Utopie, aus Widerspruch und verlockender Exotik zu finden und alle an einem runden Tisch zu vereinen, das klingt im Titel mit.
Kuratorin der Sektion ist die griechische Autorin und Kunstexpertin Marina Fokidis. Sie hat 19
Galerien eingeladen, die vor allem Werke von Künstlerinnen zeigen. Das habe sich so ergeben, genau wie es sonst oft umgekehrt ist, ohne dass das im Programm steht, sagt sie. Eine intelligente Sichtweise. Die israelische Kuratorin Hila Peleg, mit der Fokidis 2017 die Documenta 14 vorbereitete, und die Künstlerin Bouchra Khalili, die im Macba in Barcelona eine große Ausstellung bestreitet, beraten. Ebenso der andalusische Künstler Pedro G. Romero. „ Wir werden glorios scheitern. Das Thema ist nicht zu beherrschen. Das Mittelmeer ist ein Raum, in dem es um Herrschaft geht“, meint Romero.
Austausch von Kulturen
Der Architekt Andrés Jaque hat ein Raumlabyrinth mit vielen Rampen geschaffen, ein Auf und Ab, einen Bazaar, in dem sich die kritische Aufarbeitung von Autorität, Ausgrenzung und Historie, aber auch poetische Arbeiten von Maria Lai und Jannis Kounellis finden. Und wichtig: Die Sektion ist Treffpunkt für Initiativen und Austausch der vielen Länder und Kulturen. „ Mediterrane Souvenirs: Opfergaben“heißen die Stelen, die Julià Panadès (Mallorca, 1981) aus buntem Plastik, Steinen und Abfall komponiert, die sie am Strand findet. Sie stellt am Gemeinschaftsstand der Balearen aus, zusammen mit anderen Künstlern, die das Schaffen auf den Inseln im Mittelmeer repräsentieren.