Entlang der Orangenbäume
Ein Ausflug an die Vía Verde in Dénia – bei Tag und Nacht einen Besuch wert – Planetenwanderung mit Burkhard Jost
Orangenbäume säumen den Weg und der noch etwas frische Februarwind trägt ihren Duft entlang der Vía Verde in Dénia. Die meisten Ausflügler treibt es am Wochenende an die Küsten der Costa Blanca oder in die Berge. Nicht vergessen werden sollten jedoch die Wege direkt vor der Haustür.
An der Vía Verde, die am Stadtrand von Dénia startet, begegnetet man Fahrradfahrern, Joggern, Familien mit Hunden und Spaziergängern gleichermaßen, welche die Natur rund um die Stadt genießen wollen. Besonders bei den momentan noch angenehmen Temperaturen und an sonnigen Tagen bietet sich ein Ausflug an die stillgelegte Eisenbahnlinie an.
Aus alt mach neu
Anstatt ungenutzte Bahnstrecken ihrem Schicksal zu überlassen, hat die Fundación de los Ferrocarriles Españoles seit 1993 bereits über 3.300 Kilometer brach liegende Schienen zu insgesamt 135 Vías
Verdes, sogenannten Grünen Wegen, umfunktioniert. Diese sind für Autos, Motorräder und Busse gesperrt und sollen den Menschen so eine sichere Alternative bieten, um zu Fuß oder mit dem Fahrrad zwischen Ortschaften zu verkehren. In der Comunidad Valenciana befinden sich derzeit 15 dieser Strecken. Die längste von ihnen – die Vía Verde de Ojos Negros – erstreckt sich über 75 Kilometer von Teruel bis an die valencianische Küste. Auch in der Provinz Alicante wird man schnell fündig. Eine der etwas kürzeren der sieben Wegen in der Region ist die Vía Verde de Dénia, welche die Stadt mit der Gemeinde Els Poblets verbindet.
Sie befindet sich auf der Strecke der ehemaligen Eisenbahnlinie Dénia-Carcaixent, die 1864 in Betrieb genommen und 90 Jahre später stillgelegt wurde. Ab den 1970er Jahren war die Strecke, wie so viele Bahnlinien in Spanien, ungenutzt bis sie nun zu einem Grüner Weg umgebaut wurde und zahlreiche Besucher anzieht, die sich am Wochenende an der Vía tummeln. Verschiedene Infotafeln entlang der Straße erzählen auf Spanisch von der Geschichte der alten Bahnlinie.
Die etwa sechs Kilometer lange, flache Strecke ist für jedermann geeignet und steht sowohl für Fußgänger als auch für Fahrradfahrer offen. Der Weg beinhaltet mehrere Holzstege, um die Besucher sicher über die Flüsse l’Alter und Alberca führen. Der Weg verfügt außerdem über mehrere Rastplätze, an denen man einen kurzen Stopp einlegen und für eine kleine Stärkung ein Picknick genießen kann.
Ein Tag in der Natur
Zum Fahrradfahren lädt die Vía Verde aufgrund ihres gut befahrbaren, flachen Untergrundes ganz besonders ein. Als Startpunkt bietet sich der Anfang des Weges in Dénia, gegenüber vom Hospital HCB Dénia, an, wo es auch Parkmöglichkeiten gibt. Von hier fährt man an einer wunderschönen Landschaft aus Palmen, Zypressen, Pinien, Mandel- und Orangenbäumen vorbei. Im Hintergrund erhebt sich der Berg Montgó. Das Ende der Vía Verde in Els Poblets erreicht man mit dem Rad nach circa 30 Minuten.
Ganz in der Nähe des Grünen Weges befindet sich außerdem das
Naturschutzgebiet Parque Natural de la Marjal Pego-Oliva, ein Feuchtgebiet, welches sich durch seine große Vielfalt an Flora und Fauna auszeichnet. Neben Reisfeldern und Schilfrohr sticht hier besonders das klare Wasser der Flüsse Bullent und Racons sowie deren Zuflüsse und Quellen, die sogenannten „ ullals“, hervor.
Auch ohne Fahrrad lohnt sich der Besuch in das Naturschutzgebiet, in dem man auch kürzere Wanderungen unternehmen kann. Die 2,7 Kilometer lange Ruta Roja beispielsweise, die dem Zufluss Salinar des Flusses Bullent entlang des Hügels Muntanyeta Verda folgt, bietet sich für einen kurzen Spaziergang von etwa 90 Minuten an. Anschließend besteht die Möglichkeit, den Aussichtspunkt des Muntanyeta Verda zu besteigen, um einen Blick von oben über den Park zu werfen und die wunderbare Aussicht zu genießen.
Für jeden was dabei
Wer gerne eine längere Radtour unternehmen möchte, kann die Vía Verde mit einem Ausflug in den Parque Natural de la Marjal PegoOliva verbinden. Bis zu der Font Salada, dem Ziel des Ausflugs, sind es vom Anfang der Vía Verde in Dénia aus etwa 22 Kilometer Hinweg, die in circa anderthalb Stunden zu bewältigen sind.
Hierfür durchquert man von dem Ende der Vía Verde in Els Poblets aus das nahegelegene Dorf El Verger. Dort führt die Strecke an dem alten Bahnhof vorbei, bevor ein Fahrradweg an der CV-700 entlang bis zum Naturschutzgebiet Parque Natural de la Marjal PegoOliva leitet. Nach einer Weile passiert man den Kilometer 62 der Straße und kann dahinter auf die Fahrradroute „ Ruta Ciclista Circular“abbiegen, die einmal quer durch das Feuchtgebiet führt.
Eine Weile lang radelt man am Rio Racons entlang, in dessen blauem Wasser sich die Sonne spiegelt. Im Anschluss führt die Strecke an Reisfeldern vorbei, die vor allem während des 19. Jahr
hunderts in dem Naturschutzgebiet angebaut wurden. Nachdem man die CV-678 überquert hat, gelangt man schon bald mit dem Fahrrad an den Muntanyeta Verda.
Fast am Ziel
Von dort aus ist das Ziel nicht mehr weit. Über etwas holprige Wege folgt man den Schildern zu der Font Salada. So gelangt man schon bald an den Rio Bullent und fährt, umgeben von Schilfrohr, ein Stück entlang des Flusses. Dieser wird anschließend mit Hilfe einer schmale Brücke überquert, für die man für einige Meter vom Fahrrad absteigen muss. Am Ende des Weges kommt man über eine schmale Straße nach etwa 400 Metern an der Font Salada an.
Die Thermalquelle sollte bei einem Besuch in das Gebiet auf keinen Fall ausgelassen werden. Die angenehme Temperatur des Wassers, die während des gesamten Jahres etwa 21 bis 23 Grad beträgt,
sorgt dafür, dass man selbst in den kälteren Monaten beim Baden nicht frieren muss – wobei die frische Brise im Februar den ein oder anderen wohl doch vom Schwimmen abhält. Bei sonnigem Frühlingswetter lädt die Font Salada aber sicherlich zu einem kurzen Bad ein. Anschließend kann man mit einem kühlen Getränk in dem Chriniguito neben der Quelle seine Kräfte wieder auftanken, um seine Tour fortzusetzen.
Nun kann entweder der Rückweg zur Vía Verde nach Dénia angetreten werden – dieser kann auch entlang der Küste erfolgen, wo die Straßen größtenteils über Fahrradwege verfügen – oder die Tour wird fortgesetzt, indem man einem weiteren Grünen Weg, der Vía Verde de la Safor, einen Besuch abstattet. Dieser ist ebenfalls eine ehemalige Bahnlinie, die sich über sieben Kilometer erstreckt und Oliva mit Gandía verbindet. Von der Font Salada aus kann man den
Start der Vía Verde nach etwa fünf Kilometern erreichen, indem man die Stadt Oliva durchquert.
Unter den Sternen
Wer nach einem Tag in der Natur noch einen spannenden Abschluss sucht, der wird auf der Vía Verde ebenso fündig.
Die Idee, nachts die Vía Verde in einen Planetenweg zu verwandeln, hatte Burkhard Jost vom Sporthotel Los Caballos bereits seit einigen Jahren. Er hat den Umbau des Weges selbst mitbekommen und freut sich darüber, dass sie heute von zahlreichen Ausflüglern und Anwohnern frequentiert wird. Nun wird der Plan, eine Planetenwanderung für interessierte Besucher anzubieten, in die Tat umgesetzt.
Jeden Dienstag begeben sich Jost und sein Team während der 90-minütigen Tour auf eine Reise durch unser Sonnensystem. Die sechs Kilometer lange Strecke der Vía Verde dient hierfür als maßstabgetreues Modell, das den Weg von Pluto bis zur unserer Sonne darstellt, der von den Spaziergängern in fünffacher Lichtgeschwindigkeit zurückgelegt wird. Veranschaulicht wird diese Reise anhand von Planetenmodellen, die von Burkhard Jost an ihrem jeweiligen Standort ausführlich erklärt werden. Die nächtliche Stille auf der Vía Verde und der Duft der Pinien kreieren eine besondere Atmosphäre und neben den zum Teil winzigen Planeten fühlt man sich als Mensch dann doch sehr klein.
Im Anschluss an den Spaziergang besteht außerdem die Möglichkeit, mit dem Teleskop einen Blick in die Sterne zu werfen. Bei guten Wetterverhältnissen kann man hierbei unter Anleitung weit entfernte Phänomene wie den Orion Nebel oder auch Planeten beobachten. Egal ob bei Tag oder bei Nacht, für Jung oder Alt, die Vía Verde lohnt sich für einen Ausflug, bei dem man ganz nebenbei auch noch ein wenig über die Geschichte der Comunidad lernen kann.