Spanien aktiviert Marburg-Virus-Protokoll
Früherkennung und Behandlung von Verdachtsfällen stehen im Vordergrund
Valencia/Madrid – ds. Spanische Medien meldeten am Freitag, 24. Februar, einen ersten Verdachtsfall des Marburg-Virus in Spanien. In Valencia stand ein 34jähriger Mann unter Verdacht, sich mit dem Marburg-Virus infiziert zu haben. Schlussendlich konnte aber Entwarnung gegeben werden. Das spanische Gesundheitsministerium teilte mit, dass die ersten Ergebnisse der Gentests negativ waren.
Aufgrund des Marburg-Virus, das immer mal wieder für Schlagzeilen sorgt, hat das spanische Gesundheitsministerium einen Aktionsplan ausgearbeitet, der den Umgang mit möglichen MarburgVirus-Fällen beschreibt, beziehungsweise die Früherkennung und Behandlung von Verdachtsfällen. Das „ protocolo de actuación“, wurde am 23. Februar von der Kommission für öffentliche Gesundheit gebilligt und am 24. Februar auf der Webseite des Gesundheitsministeriums veröffentlicht.
Warum ein Aktions-Protokoll?
Der Anlass für die Ausarbeitung des „ Marburg-Virus-Aktionsprotokolls“steht einleitend im selbigen: „ Am 14. Februar 2023 meldete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den ersten Ausbruch einer Marburg-Virus-Erkrankung in Äquatorialguinea, in der Provinz Kie Ntem im nordöstlichen Teil des Landes, welche an Kamerun und Gabun grenzt. Der wahrscheinlichste Einschleppungsweg für das Marburg-Virus nach Spanien sind infizierte Reisende, die mit dem Schiff oder Flugzeug nach Spanien kommen. Spanien unterhält enge Beziehungen zu Äquatorialguinea, sowohl wirtschaftlich als auch im Bereich der Entwicklungsarbeit. Außerdem gibt es Direktflüge nach Äquatorialguinea.“
Krankheitsverlauf und Ansteckungsgefahr
Unter „ Klinische Erscheinungsformen“wird der Krankheitsverlauf wie folgt beschrieben: Die Marburg-Virus-Krankheit ist eine fieberhafte hämorrhagische Erkrankung, die abrupt mit Fieber, Muskelschmerzen, Schwäche, Kopfschmerzen und Schluckbeschwerden beginnt. Bei 50-80 Prozent der Patienten kommt es in kürzester Zeit zur Schwäche, begleitet von gastrointestinalen Symptomen, Abdominalbeschwerden, starke Übelkeit, Erbrechen und Durchfall innerhalb von zwei bis fünf Tagen.
Die Intensität der Krankheit nimmt nach fünf bis sieben Tagen zu: Hautausschlag, Haut-, Schleimhaut- und Magen-Darm-Blutungen usw. Neurologische Symptome (Desorientierung, Krampfanfälle und Koma) können im späteren Verlauf der Krankheit auftreten. Die Sterblichkeitsrate liegt durchschnittlich bei etwa 50 Prozent. Die Inkubationszeit beträgt fünf bis zehn Tage (mit einer Spanne von drei bis 21 Tagen).
Für eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung legt das Gesundheitsministerium sechs Szenarien fest. Diese sind wie folgt:
= Direkter Kontakt ohne geeignete Persönliche Schutzausrüstung (PSA) bei einem bestätigten Fall.
= Geschlechtsverkehr ohne Kondom mit einem infizierten Mann.
= Direkter Kontakt mit Kleidung, Bettzeug oder Gegenstände, die mit Blut, Urin oder Flüssigkeiten eines bestätigten Falles kontaminiert sind, ohne geeignete PSA.
= Perkutane Verletzungen (zum Beispiel mit einer Nadel) oder Kontakt der Schleimhäute mit Körperflüssigkeiten, Geweben oder Laborproben eines bestätigten Falls.
= Kontakt mit einer am MarburgVirus verstorbenen Person oder mit der Kleidung ohne geeignete PSA.
= Bisse, Kratzer, Verletzungen durch direkten Kontakt oder Fäkalienexpositionen, Blut und anderen Flüssigkeiten von Fledermäusen, Nagetieren oder Primaten in einem betroffenen Gebiet.
Schulung des Personals
Die Abteilung der Gesundheitsministerin Carolina Darias weist darauf hin, dass im Falle eines untersuchten oder direkt bestätigten Marbur-Virus-Falles die erste Maßnahme darin bestehe, alle Personen, die an der Behandlung des Patienten oder seiner Proben beteiligt sind, zu informieren. Ebenso ist das gesamte Personal, das mit dem Fall in Berührung kommt, im Voraus darin zu schulen, die für ihre Tätigkeiten geeigneten Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Falls erforderlich, wird der Patient verlegt. Dies geschieht in einem speziell vorbereiteten Krankenwagen, dessen Fahrerkabine räumlich vom Transportbereich des Patienten getrennt ist.
Isolierung der Patienten
Verdachtsfälle oder bestätigte Marburg-Virus-Fälle müssen während des Transports und des Krankenhausaufenthalts eine chirurgische Maske tragen und in einem Einzelzimmer (mit eigenem Bad) mit verschließbarer Tür unterge
bracht werden, zu dem nur das Personal Zugang hat, das für die Behandlung des Patienten erforderlich ist. Bestätigte Fälle sollten am Besten in Krankenhäuser mit Isolierstation behandelt werden.
Das Aktions-Protokoll regelt auch, was geschieht, wenn der Patient eine Verlegung verweigert. In diesem Fall kommt das Gesetz 3/1986 vom 14. April 1986 zur Anwendung, nämlich: „ Zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten kann die Gesundheitsbehörde [...] geeignete Maßnahmen zur Kontrolle der Erkrankten, der Personen, die mit ihnen in Kontakt sind oder waren, und der unmittelbaren Umgebung ergreifen, sowie solche, die im Falle eines Risikos übertragbarer Krankheiten für notwendig erachtet werden“.
Fälle werden gemeldet
Sowohl Verdachtsfälle als auch bestätigte Fälle werden unverzüglich an die öffentlichen Gesundheitsdienste der Regionen und von dort aus an das Centro de Coordinación de Alertas y Emergencias Sanitarias, kurz CCAES, eine spanische Behörde für nationale oder internationale Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit sowie an das Nationale Epidemiologiezentrum, kurz CNE, des Gesundheitsinstituts Carlos III in Madrid gemeldet. Das CNE verwaltet eine landesweite Datenbank, die SiViEs-Plattform, in der alle Fälle gesammelt werden. Diese wiederum schickt die Daten an das Europäische Überwachungssystem TESSy des EU-Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten, kurz: ECDC.
Veterinäre werden gefordert
Anlässlich der letzten Marburg-Virus-Vorfälle, fordern Humanmediziner mehr Veterinäre im Gesundheitssystem zur Bekämpfung von Zoonosen (von Tier zu Mensch und Mensch zu Tier übertragbare Infektionskrankheiten). Die iOStiftung in Madrid, eine wissenschaftliche Organisation, die sich mit der Erforschung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten weltweit, neu auftretenden Zoonosen sowie Tropen- und Reisemedizin befasst, brachte kürzlich verschiedene Experten zusammen, um die aktuelle Situation des in Äquatorialguinea entdeckten Marburg-Virus und den Status neu auftretender zoonotischer Krankheiten zu diskutieren.
Die vier Referenten waren Dr. Manuel Linares von der iO-Stiftung/Krankenhaus Principe de Asturias, Dr. Natalia Rodríguez von ISGlobal/Clínic de Barcelona, Dr. Javier Membrillo vom Krankenhaus Gómez Ulla und Dr. Fernando De la Calle vom Krankenhaus La Paz. Alle waren sich einig, dass mehr Tierärzte und Fachleute aus anderen Bereichen in das derzeitige Gesundheitssystem integriert werden müssen. In diesem Sinne brachte Membrillo zum Ausdruck, dass die von Spaniens Regierung genehmigte Gesundheitsagentur, richtig aufgestellt werden müsse, um die Arbeit unter dem Aspekt von „ One Health“zu gewährleisten. Die neue Agentur sollte in der Lage sein, schnell zu reagieren, und ihr sollten neben Epidemiologen und Präventivmedizinern auch auch Tierärzte, Kliniker und Pharmazeuten angehören.
De la Calle betonte, dass es wichtig sei, nicht in „ Katastrophismus“zu verfallen, aber dass eine „ gemeinsame Antwort“auf Basis des „ One Health“-Ansatz auf Zoonosen notwendig sei, denn Epidemiologie sei etwas, das sich verändere aufgrund des Klimawandels.
Derweil gibt es erste Meldungen über einen Impfstoff gegen das Marburg-Virus, cAd3-Marburg vo dem Impfstoffzentrum des US-National Institute of Allergy and Infectious Diseases, der sich bereits in einer Phase-I-Studie befindet.