Was zeichnet uns aus?
Europäisches Museum 2023: Das Etno in Valencia geht der valencianischen Identität auf den Grund
Valencia – ivi. Die Ethnologie untersucht die Gesellschaft und ihre Kultur. Was lernen wir im Laufe des Erwachsenwerdens? Was zeichnet uns als Menschen aus? Wie sehen der Alltag innerhalb einer bestimmten Gesellschaft aus, wie die Feste und Feiern? Die Ethnologie hilft uns also, uns selbst und andere Kulturen besser zu verstehen.
L’Etno, das Museu Valencià d’Etnologia in Valencia, traut sich, das für die valencianische Kultur zu erforschen. 1982 vom Provinzrat gegründet, sammelt, studiert und verbreitet das Museum heute das, was mit der populären und traditionellen valencianischen Kultur zu tun hat.
Spiegelung, wohin man sieht
Kernpunkt des Museums ist die universelle Reflexion auf der Grundlage lokaler und kultureller Merkmale. Um dies zu erreichen, fördert es die Forschung, Dokumentation und Ausstellung. Vor allem von traditionellen Fähigkeiten, Praktiken und Arbeitsweisen, die für die heutige Gesellschaft wertvoll sein könnten.
Deshalb sammelt L’Etno seit 1981 Objekte, Fotografien, Dokumente und Zeugnisse, um das kulturelle Gedächtnis Valencias zu erhalten. Zum einen konzentrieren sich die Ausstellungen auf die Entwicklung der valencianischen Gesellschaft mit besonderem Schwerpunkt auf dem Vergleich zwischen dem Alltag früher und dem Alltag heute. Zum anderen wird jedoch auch auf andere Kulturen geblickt, denn die Reflexion über andere, so das Museum, sei die Reflexion über uns selbst.
All diese Reflexionen zeigen sich in den derzeitigen drei Dauerausstellungen des Museums. Das erste Stockwerk teilen sich die Ausstellungen „ Die Stadt: lokal und global“und „ Das Ackerland und die Feuchtgebiete: Die Imaginären“. Im oberen Stockwerk finden Besucher die Ausstellung „ Trockenland und Berge: Die Unsichtbarkeit“.
Für diese drei Expositionen gewann das Museu Valencià d’Etnologia dieses Jahr den European Museum of the Year Award 2023 und wurde damit von einer Jury des Europäischen Museumsforums und des Europarats zum Europäischen Museum des Jahres gewählt.
1977 riefen Kenneth Hudson,
Richard Hoggart und John Letts den Award ins Leben, mit dem Ziel, Exzellenz und Innovation im Museumsbereich zu unterstützen, ermutigen, belohnen und zu präsentieren. Durch die Auszeichnung ist L‘Etno ein international und europaweit renommiertes Museum und gehört zur Spitze europäischer Museen.
Der Erfolg der Ausstellungen ist jedoch nicht nur an der Auszeichnung im Foyer zu erkennen. Beim Betreten der Etagen und Räume sind blitzschnell alle Sinne geschärft. Mit der Stadt-Ausstellung startend, wird das Gehirn schnell mit Reizen überflutet. Das Interesse, sich alles genau durchzulesen, wird definitiv geweckt.
Viele Lampen, Neonbeleuchtungen und Spiegel machen die Besichtigung aufregend. Alle Ausstellungsstücke werden damit gekonnt in Szene gesetzt. Dennoch bleibt die Sammlung sehr informativ. Ausgeschildert mit verständlichen Infotafeln und kleinen Figuren, die Funktionen erklären, werden Zusammenhänge zwischen Infrastrukturen und Globalisierung schnell – sowohl für Groß, als auch Klein – ersichtlich.
Vorbei an einem Ruheraum, in den man sich setzen sowie etwas
lesen kann, wechselt die Szenerie von buntem Graffiti zu weißen Wänden und futuristischem Inventar. Anhand von Videos, Bildern und originalen Werkzeugen wird erklärt, wie valencianische Bauern traditionell anbauten und das Land bewirtschafteten. Innerhalb eines Ketten-Vorhangs sind die typischen Geräusche eines mediterranen Haushalts zu hören.
Die Vergangenheit mit dem Heute und der Zukunft verbinden
Über eine Treppe gelangen Besucher nun zur letzten Ausstellung. „ Trockenland und Berge“hören sich erst mal nicht so spannend an. Sobald jedoch die letzte Stufe erklommen ist, findet man sich in Spaniens bergigem Inland wieder. Die Exhibition möchte auf den Teil Spaniens aufmerksam machen, der für die meisten Touristen ein romantisierter Urlaubsort ist, der einen Gegensatz zum trubeligen, ungesunden Großstadtleben bildet.
„ El secà i la muntanya“– wie es auf Valenciano heißt – zeigt die Realität des valencianischen Inlands mit Bevölkerungsrückgang,
Migration und Ressourcenausbeutung. Viele Arbeitsweisen werden an traditionellen Exponaten gezeigt. Nähmaschinen, ein Anhänger voller Fernseher und der letzte Raum mit von der Decke hängenden Möbeln – das 20. Jahrhundert ist hier in die Postmoderne eingebunden.
Das sieht auch die Jury des European Museum of the Year Awards 2023 so. „ Das Museum verbindet die schwierige Vergangenheit der Region mit der Gegenwart und der Zukunft – und den Herausforderungen, vor die die Einwohner vor Ort gestellt sind“, so die Jury. In ihrer Begründung hebt sie außerdem hervor, dass das Etno eine Institution sei, die mit starkem ethnischen Grundsatz und leidenschaftlichem Engagement agiere und sich mutig mit der Vergangenheit auseinandersetze.
Was zeichnet also die Valencianer aus? Eine große Frage, die das Museu Valencià d’Etnologia versucht zu beantworten. Die Ausstellungen zeigen jedenfalls, dass es nicht einfach ist und nie einfach war, Valencianer zu sein. Und dass es in einer sich immer mehr globalisierenden Welt schwierig ist, die Identität einer Kultur zu bewahren.