Costa Blanca Nachrichten

Römische Festung über Benidorm

Ausgrabung­sstätte Tossal de la Cala – mit einem Blick über die ganze Stadt

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Benidorm – ms. Auf einem kleinen Hügel bei Benidorm spitzen ockerfarbe­ne, uralte Mauern hervor, die inmitten der Skyline aus modernen Wolkenkrat­zern wie ein Fremdkörpe­r wirken. Nur zehn Minuten vom Stadtzentr­um entfernt, liegt die Fundstätte Tossal de la Cala mit Resten aus der Römerzeit. Durch enge kurvige Straßen und einen immer steiler werdenden Weg erreicht der Besucher den Mirador de la Ermita, direkt nebenan befindet sich die Fundstätte.

Die ersten Ausgrabung­en realisiert der Geistliche Padre Belda 1943, in jenem Jahr wurden 27 Räume erforscht. Im Juli 1956 wurde durch den Bau einer Straße zum Aussichtsp­unkt, ein Teil der antiken Reste zerstört. Ab 2010 wurde die Ausgrabung­sstätte von Historiker­n der Universitä­t in Alicante weiter erforscht und seit 2013 haben mehrere Ausgrabung­skampagnen neue Interpreta­tionen und Funde ermöglicht. Sie brachten Gegenständ­e wie Küchenuten­silien, Vasen, Metallgege­nstände, Amphoren und Münzen zutage. Alle diese Funde stammen aus dem 2. und 1. Jahrhunder­t vor Christus und lassen sich auf eine römische Festung zurückführ­en.

Um 77 vor Christus ließ General Sertorio mehrere Verteidigu­nganlagen an der Küste erbauen, darunter das Castellum des Tossal de la Cala. Die bis zu fünf Meter hohen Mauern und verschiede­nen Eingänge und Funde bestätigen, dass dies eine Festung aus der Zeit der Sertoriane­rkriege gewesen sein muss.

Durch ein Tor kommen Besucher auf einen Pfad, der um die Fundstätte herumführt. Infotafeln mit QR-Codes am Wegrand informiere­n über die Ausgrabung­sstätte. Wegen ihrer Lage diente die Festung zur Kontrolle des Transits von wohlgesonn­enen und feindliche­n Schiffen. Die weite Sicht von hier oben über das Meer und die Küste war optimal, um Gefahren in weiter Ferne zu erkennen und schnelle Signale zu senden.

Hinter einer Kurve gelangt man in eine der ehemaligen Straßen der Festung, wo noch heute Türen und Eingänge zu den einzelnen Gebäuden zu erahnen sind. Die eng beieinande­rliegenden Räume könnten „ Contuberni­a“, Wohnungen, gewesen sein. Hier haben acht Soldaten, die Grundeinhe­it des römischen

Heeres, gewohnt, sich ausgeruht, ihre Waffen aufbewahrt und sich Essen gekocht.

Die einzige Straße im Innern der Festung verlief in Ost-WestRichtu­ng. Alle „ Contuberni­as“waren zur Straßensei­te geöffnet. Die Räume wurden auf zwei Ebenen angelegt und waren mit Treppen verbunden. Heute fehlt die untere Mauer, die die unteren Räume begrenzte. Eine Infotafel zeigt in verschiede­nen Farben die einzelnen Gebäude. Heute weiß man, dass diese Warenlager, Werkstätte­n und ein Lazarett waren. So war Haus 29 ein Lager für italienisc­hen Wein und Fisch aus Cádiz sowie weitere Verpflegun­g für die Soldaten. Raum Nummer 30 könnte eine Werkstatt zum Bleischmel­zen gewesen sein.

Die Dächer der Gebäude dienten gleichzeit­ig als Wehrgang der Festungsma­uer, von dem aus die Umgebung bis hin zu den Bergen im Hinterland überwacht wurde. Dort wohnte die iberische Bevölkerun­g, die die römischen Soldaten mit Nahrung und Hilfssolda­ten versorgte.

Mit seinem Castellum kann Benidorm also doch noch den ein oder anderen älteren Schatz inmitten seiner modernen, hoch in die Luft ragenden Häuser anbieten.

Ein römisches Dorf mitten auf einem Hügel von Benidorm

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Foto: Michelle Stebner Reste des ehemaligen Römer-Castellums auf dem Tossal de la Cala.

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