Vorsicht, Piratengebiet
Eine gute Mischung: Die Isla Tabarca hat nicht nur für Historiker, sondern auch für Naturverbundene einiges zu bieten
Eine kleine grüne Karte aus Papier ist das Erste, was für die anstehende Reise wichtig ist. Auf dem Kärtchen steht in Großbuchstaben Isla Tabarca, unser heutiges Reiseziel. Früher war die Insel Piratengebiet, heute „ regieren“die Touristen hier: Aber ist der Hype um das kleine Archipel berechtigt?
Am Hafen von Santa Pola stehen mehrere verschiedenfarbige Stände, die alle Überfahrten zur Isla Tabarca anbieten. Das grüne Ticket stammt von dem blauen Stand Isla Tabarca und beinhaltet für einen Preis von zehn Euro ida y vuelta, also Hin-und Rückfahrt.
Der Gast kann je nach Verfügbarkeit zwischen einem großen Boot mit Oberdeck, einem ebenfalls großen mit durchsichtigem Boden zum Fische-Beobachten oder einem kleinen offenenen Speedboot entscheiden. Auch von Alicante aus werden Fahrten angeboten, allerdings sind diese nicht so regelmäßig und dauern länger. Von Santa Pola zur Isla de Tabarca beträgt die Entfernung fünf Kilometer, von Alicante sind es bereits 13 Kilometer. Die Insel ist nur mit dem Boot erreichbar.
Nach ein bisschen Wartezeit geht es an Bord des kleinen blauen Speedboots, von außen ist dies mit lustigen Figuren wie Quallen, bunten Meeresfischen und Schildkröten bedruckt. Nachdem der Kontrolleur alle Tickets einmal gelocht hat und jeder einen Platz auf den unbequemen orangenen Plastikstühlen gefunden hat, geht es los.
Als das Boot das Hafengebiet hinter sich gelassen hat, drückt der Fahrer auf’s Gas. Der Bug erhebt sich über die Wellen, ein paar Frauen glucksen vor Freude, da das Boot über die Wellen hüpft, ein kleiner Hund auf dem Schoß seines Frauchens guckt ein bisschen ängstlich aber auch fasziniert auf das Wasser.
Nach etwa 30 Minuten ist die langgezogene Silhouette der Isla de Tabarca in Sicht. Die Insel erstreckt sich 1.800 Meter in die Länge und misst an seiner breitesten Stelle 600 Meter. Diese knapp 30 Hektar Land bieten nicht nur viel Geschichte, sondern auch etwa 50 Einwohnern ein Zuhause. An der Anlegestelle tummeln sich die Touristen, einige sind gerade angekommen, andere verlassen die Insel schon wieder. Immer dem Rundweg folgend, beginnt unsere Inselbesichtigung in Richtung Osten der Isla de Tabarca. Direkt neben dem Hafenbecken, in dem ein paar kleinere Fischerboote im seichten Wasser vor sich hinschaukeln, liegt bereits der erste kleine Kieselstrand. Darüber wiederum ragt ein grünbewachsener Felsvorsprung ins Meer.
Von dieser Stelle aus hat man einen schönen Blick auf mehrere kleine Felshöhlen, welche die Gezeiten in die Steilküste gewaschen haben. Zurück auf dem Weg, vorbei am Restaurant L’Almadraba, führt eine Steintreppe runter an eine Bucht. Viele Touristen haben ihr Handtuch auf dem Kiesboden ausgebreitet. Wer Sandstrand sucht, wird auf der Isla de Tabarca leider enttäuscht werden, vor Ort gibt es nur Kieselstrände.
Besonders auffällig sind die vielen Schnorchler, die mitsamt Flossen, Taucherbrille und Schnorchel das Wasser nach spannenden Entdeckungen absuchen. Dass sie auch tatsächlich etwas mehr als nur einen kleinen einsamen Fisch sehen, ist allerdings gar nicht unwahrscheinlich: Das Meer rund um die Insel wurdet 1986 zum Meeresreservat erklärt, da vor den Küsten der Insel ein besonderes Ökosystem zu finden ist.
Von den 1.860 Hektar Schutzgebiet sind acht Prozent der Meeresböden mit Neptungras bedeckt, in dem Fische und andere Meerestiere Nahrung und Schutz vor Raubfischen finden. In Kombination mit weiteren Unterwasserelementen wie felsigen Böden, Mikroriffen, Unterwasserhöhlen und in den tieferen Gefilden des Meeres auch Kalkalgen, bildet das Küstenökosystem einen einzigartigen Lebensraum für viele Meeresbewohner.
So sagen sich hier Oktopusse und Sepias, Krustentiere und viele Fische wie die Dorade und der Seeteufel gute Nacht. Den Schnorchel eingepackt, kann es also losgehen: Große silberne Fischschwärme schwimmen gemächlich durch die Seegraswiesen und stieben schnell auseinander, kommt man ihnen zu nahe. Vorbei an den grün bewachsenen Mikroriffen entdeckt ein aufmerksamer Schnorchler vielleicht ab und zu ein paar Fische, die an den Felsen nach Futter suchen.
Nach der kurzen Abkühlung geht der Spaziergang weiter in Richtung des Dorfkerns. Bereits vom Strand aus ist ein großer Festungswall aus Sandstein zu erkennen, auf dem der Weg weiter um die Insel führt. Die Festungsanlage, welche früher die ganze Insel umschloss, deutet auf eine spannende Geschichte aus längst vergangenen Zeiten hin.