Nicht im übertragenen Sinne
Ukrainer in Torrevieja erinnern an Krieg in ihrem Land – Demo mit Spendenmöglichkeit
Torrevieja – sw. Guerra, Krieg. Ein Wort, das allzu leicht zur Hülse wird, etwa an unserer friedlichen Costa Blanca. Doch das Bewusstsein für die wahre, unerträgliche Bedeutung ist in zwei Jahren gewachsen, vor allem in Torrevieja. Tausende Menschen strömten seit Russlands Ukraine-Invasion am 24. Februar 2022 in die Salinenstadt der vielen Nationen. In einem ganz neuen Land fern der Heimat weilen sie nun. Nicht aus Lust und Laune, sondern wegen des Krieges und all dem, was er bedeutet.
„ Guerra“, sagt Sprachlehrerin Natalia Zhezhnyavska, „ das war eigentlich immer ein gutes Wort im Spanischunterricht. Weil es mehrere Regeln des Castellano veranschaulicht.“Nun aber ist die Linguistin und Vorsitzende von Torreviejas Verein der Ukrainer, Ассоціація українців Торревв‘єхи,
daran gewöhnt, gut zu überlegen, welche Beispielworte sie verwendet. Allzu präsent ist der Krieg im Ort, in dem die 7.650 Ukrainer und 5.800 Russen nunmehr die beiden größten Ausländergruppen stellen.
„ Der Krieg bleibt ein Thema, jeden Tag“, sagt Zhezhnyavska, „ allein dadurch, dass die Leute hier alle Angehörige in der Ukraine haben, um deren Leben sie fürchten. Ehemänner, Brüder, Großeltern.“Neulich hätte eine Schülerin ihren Partner verloren, der im Krieg fiel. Genaueres konnte die Lehrerin bisher nicht erfahren. Das Sprechen fiele in solchen Situationen weiter schwer. Furchtbar schwer. „ Zum Glück kommen sie nicht so oft vor.“
Seit der Krieg eskalierte, hätten sogar an die 10.000 Ukrainer Torrevieja passiert. „ Viele zogen weiter, einige kehrten in die Ukraine zurück.“Die, die blieben, integrierten sich tapfer, lernten etwa schnell die spanische Sprache. Dabei hilft der ukrainische Verein, der seit 2022 verstärkt im Stile einer NGO Geflüchtete mit Informationen, Lebensmitteln oder Medikamenten versorgt. „ Unsere anderen Bereiche wie Kultur, Tourismus oder Bürgerbeteiligung führen wir aber fort“, versichert Zhezhnyavska.
Krieg: Schon seit der Krim-Annexion im März 2014 ist er für die
Ukrainer eine Realität. Gewöhnt haben sie sich an ihn nicht, aber „ ich nehme wahr, dass etwa meine Schüler ruhiger damit umgehen als kurz nach der Invasion.“Immer noch sei die ukrainische Hoffnung intakt, „ dass es vorbei geht und wir die zerstörten Städte wieder aufbauen können“. Ihr Volk sei eines, das „ sich immer neu aufrichten kann“, glaubt Zhezhnyavska.
Wissen, was er bedeutet
Dem Kriegshorror die Stirn bieten wollen die Ukrainer auch am Samstag, 24. Februar, wenn sie ab 17 Uhr am Rathaus demonstrieren. Geld- und Sachspenden können vor Ort eingereicht werden – oder dienstags und donnerstags von 17 bis 19.30 Uhr in der Calle Pedro Lorca 138. Durch die vielen Ukrainer sei Torrevieja eine andere Stadt geworden, meint die Spanisch-, Ukrainisch- und Russischlehrerin. Und zwar, trotz des tragischen Anlasses, auch im positiven Sinne. „ Jedes der 122 Länder bereichert Torrevieja.“Und darunter so einige, die wissen, was Krieg bedeutet.