Verlorene Ehre wiederhergestellt
Linkspolitikerin Mónica Oltra wurde fertiggemacht – Jetzt haben sich die Vorwürfe als falsch erwiesen
Valencia – sk. Beim Schicksal der Mónica Oltra fühlt man sich ein wenig an Heinrich Bölls „ Die verlorene Ehre der Katharina Blum“erinnert. Die gar nicht zimperliche in Neuss in Deutschland aufgewachsene Linkspolitikerin des Bündnis Compromís und frühere Vizeministerpräsidentin der Region Valencia mag in ihrer resoluten Art recht wenig mit Bölls zierlicher Protagonistin gemein haben, aber die Demontage ihrer Person weist sehr wohl Parallelen auf.
Mónica Oltra wurde politisch kaltgestellt, indem man sie mit schweren Vorwürfen überhäufte, sie habe sexuellen Missbrauch einer Minderjährigen durch ihren Ex-Mann vertuscht. Daran haben die Ermittlungsrichter nun absolut gar nichts Haltbares gefunden. Weder gegen die 55-Jährige noch die 14 unter Verdacht stehenden Mitglieder ihres früheren Kabinetts wird ein Verfahren eröffnet.
Der Fall kommt erstmal vorläufig zu den Akten, nun, da Mónica Oltra politisch tot, ihre Partei Compromís schwer angeschlagen ist. „ Es fällt mir schwer einzugestehen, aber die Bösen gewinnen“, mit diesem Satz trat sie mit Tränen in den Augen im Juni 2022 von allen Ämtern zurück, als die Ermittlungen gegen sie aufgenommen wurden. Sie wollte damit auch die Kontinuität des Linksbündnisses Botànic sichern, das 2015 mit der PP-Amigo-Wirtschaft der Kabinette von Eduardo Zaplana und Francisco Camps Schluss machte. War das Linksbündnis den Rechten ein Dorn im Auge?
Mit ihren T-Shirts, auf denen die Portraits korrupter Politiker im Stil der Wild-West-Fahndungsfotos prangten, hatte Oltra nicht nur im Landtag Kultstatus erreicht. „ Wer in diesem Land keine Politik zugunsten der Mächtigen macht, den machen die fertig mit falschen Anzeigen, einem schmutzigen Krieg in den Gerichten und mit Lügen“, sagte sie bei ihrem Rücktritt.
Die Presse brachte den Fall ganz groß raus, die Opposition überhäufte sie mit Rücktrittsforderungen, ein Anwalt der rechtsradikalen España 2000, José Luis Roberto Navarro, sowie die VoxGründerin in Valencia, Cristina Seguí, strickten an der Anklage. Es artete in persönliche Verfolgung aus. Mit T-Shirts kam sie gegen diesen Apparat nicht an.
Ein ums andere Mal musste sie sich den Vorwürfen stellen, sie würde ihren Ex-Mann decken und den sexuellen Missbrauch einer Minderjährigen vertuschen, die obendrein in einem Jugendheim lebte und damit unter der Obhut des Ministeriums stand, das Oltra damals führte. Allerdings lebte Oltra zu dem Zeitpunkt der Vorfälle nicht mehr in einer Beziehung mit ihrem zu fünfeinhalb Jahren verurteilten Ex, sie teilten sich aber Wohnort und die Kindererziehung.
Zwei Jahre nach ihrem Rücktritt stellte der Ermittlungsrichter klar, man habe „ überhaupt kein Indiz“finden können, das „ auf irgendein Vergehen“hindeuten könnte. In der Anklage würden strafrechtliche Vorwürfe erhoben, die sich nach der Befragung aller Zeugen – darunter das Missbrauchsopfer – und Prüfung aller Dokumente als „ unhaltbar“herausgestellt hätten.
Valencias Ministerpräsident Carlos Mazón (PP) zollte dieser juristischen Entscheidung Respekt und hielt im gleichen Atemzug Oltra vor, sich noch nicht bei dem Missbrauchsopfer entschuldigt zu haben. Mazón nannte das Mädchen, Maite, beim Namen. Der Compromís-Politiker Joan Baldoví kommentierte den Beschluss mit mehr Empathie für seine Parteikollegin. „ Heute gewinnen die Guten. Wer aber zahlt für dieses Leid?“
„Es fällt mir schwer einzugestehen, aber die Bösen gewinnen.“