Als Altea noch bunt war
Von wegen „weißes Dorf“: Früher leuchteten die Häuser in verschiedenen Farben
Altea – fin. Kuppel des Mittelmeers, Perle der Costa Blanca: Altea hat viele Spitznamen, neuester Trend in Reisemagazinen ist es, die Altstadt als das „ spanische Santorini“zu bezeichnen. Was in jedem Bericht über Altea früher oder später immer vorkommt, ist die Bezeichnung „ weißes Dorf“, auch in Anlehnung an die berühmten Pendants im andalusischen Hinterland. Oft ist vom traditionellen Anstrich die Rede – dabei waren die Häuser in Altea zwischenzeitlich einmal alles andere als weiß, sondern leuchteten in verschiedenen Farben.
„ Die Fassaden bunt anzustreichen ging von den Fischern aus und war in vielen Küstenorten Usus – nicht bloß in Villajoyosa mit seinen berühmten farbigen Häusern, sondern auch beispielsweise in Altea“, erklärt der Historiker Juan Vicente Martín. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich dieser Trend zur Farbe durch – einfach, weil die Fischer entsprechendes Material von ihren Booten übrig hatten. Jemand hatte hier einen Rest Grün, ein anderer Blau, Rot oder Gelb, und das wurde dann für die Häuser verwendet“, so der Alteano.
Besonders Rot- und Gelbtöne waren beliebt, weil es in der Sierra Helada, und somit um die Ecke, mehrere Ockersteinbrüche gab, in denen das Pigment abgebaut wurde. Zu Pulver zerrieben, mit Kalk und Fett gemischt, hatte man eine Farbe, die außerdem lange hielt. „ Kalk war seit jeher das einfachste und beste Material, um Häuser zu streichen. Kalköfen gab es im bergigen Hinterland zuhauf, ich selbst kann mich noch an den calero erinnern, der in Altea Kalk verkaufte“, sagt der 48-jährige Historiker. Kalk erfüllte schon lange vor den bunten Fischerhäusern nicht nur den Zweck, die Fassaden strahlen zu lassen, sondern „ ist auch ein sehr gutes Desinfektionsmittel. Es ging nicht nur um ästhetische Gründe, sondern auch um hygienische“, so Martín weiter.
Beigemischtes Fett sorgte dafür, dass die Farbe länger hielt und nicht so schnell abblätterte. Nur mit Kalk gestrichen, der mit Wasser aufgekocht wurde, musste die Farbe mindestens einmal im Jahr neu aufgetragen werden – natürlich zum Patronatsfest, damit das ganze Dorf schön aussah.
Dass die Häuser den farbenfrohen Fischern zum Trotz wieder einheitlich weiß wurden, geschah in den 1980er Jahren – auf Anweisung des Rathauses. „ Die Stadt störte sich nicht an den farbigen Anstrichen, sondern vielmehr an der Mode, den Sockelbereich bis zu unterschiedlicher Höhe zu dekorieren, etwa mit Keramikelementen. An manchen Häusern sah das sehr schön aus, an anderen war diese Dekoration von eher zweifelhaftem Geschmack“, sagt Martín. Und so zwang die Stadtverwaltung per Verordnung im Ortskern ein einheitliches Weiß auf.
1981 suchte Altea schließlich per Ideenwettbewerb einen eigenen touristischen Slogan. „ Über 100 Vorschläge wurden eingereicht, gewonnen hat folgender: Altea, un beso de cal“, sagt Martín. Altea, ein Kuss aus Kalk.
Zweifelhafte Deko sorgte für eine strenge Weiß-Verordnung