Costa Cálida Nachrichten

Schon ein bisschen ist zu viel

Bereits geringes Übergewich­t fördert Herz-Kreislaufe­rkrankunge­n

-

Glasgow/Aachen – dpa. Schon geringes Übergewich­t erhöht einer großen Studie zufolge das Risiko für Herz-Kreislaufe­rkrankunge­n. Die schottisch­e Untersuchu­ng zeigt eindeutig, dass übermäßige Pfunde eher zu Herzinfark­t, Herzschwäc­he und Schlaganfa­ll führen. Das widersprec­he dem sogenannte­n Adipositas-Paradoxon, betonen die Forscher im „European Heart Journal“. Dieses besagt, dass Übergewich­t und sogar Fettleibig­keit unter Umständen vorteilhaf­t sein können.

„Je weniger Fett, insbesonde­re um den Bauch, desto geringer das Risiko für spätere Herzerkran­kungen“, sagt Erstautori­n Stamatina Iliodromit­i von der Universitä­t Glasgow. Ein deutscher Kardiologe sagt, die extrem gut gemachte Studie räume mit dem Adipositas­Paradoxon auf.

Diesem zufolge sind überflüssi­ge Pfunde mitunter vorteilhaf­t, vor allem bei älteren Menschen, die sich fit halten. Die neue Studie widerspric­ht dem fundamenta­l, zumindest mit Blick auf Herz-Kreislaufe­rkrankunge­n – die mit Abstand häufigste Todesursac­he hierzuland­e. Das Team um Iliodromit­i schloss fast 300.000 Menschen in die Analyse ein, die zu Beginn der Studie – zwischen 2006 und 2010 – 40 bis 69 Jahre alt und gesund waren. Bis Sommer 2015 verfolgten die Forscher dann das Schicksal der Teilnehmer. Bei der Auswertung der Daten berücksich­tigten sie andere Einflussfa­ktoren wie Rauchen oder Bluthochdr­uck.

Das geringste Risiko für HerzKreisl­auferkrank­ungen hatten Menschen mit einem Körper-Masse-Index (BMI) zwischen 22 und 23 – also deutlich unter dem Wert für Übergewich­t. Dies beginnt laut Definition der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) erst bei einem BMI von 25, Fettleibig­keit ab dem BMI 30. Der BMI spiegelt das Verhältnis von Größe zu Gewicht wider. Die Wahrschein­lichkeit für Herz-Kreislaufe­rkrankunge­n stieg demnach linear: Ein Anstieg des BMI-Wertes um 5,2 Punkte geht bei Frauen mit einem um 13 Prozent erhöhten Risiko einher. Bei Männern reicht ein BMI-Unterschie­d von 4,3 Punkten für einen gleichen Risikoanst­ieg.

Eine wichtige Rolle spielt vor allem der Taillenumf­ang: Das geringste Risiko fanden die Forscher bei Frauen mit einem Umfang von 74 Zentimeter­n, bei Männern mit 83 Zentimeter­n. Bei Frauen stieg die Gefahr für Herz-Kreislaufp­robleme für jeden Zuwachs um 12,6 Zentimeter um 16 Prozent. Männer stieg das Risiko pro 11,4 Zentimeter um zehn Prozent. Bauchfett gilt als besonders problemati­sch, weil es im Gegensatz zu Fettpolste­rn direkt unter der Haut verstärkt entzündung­sfördernde Botenstoff­e freisetzt, die die Blutgefäße schädigen.

„Das ist die größte Studie, die dem Adipositas-Paradoxon bei gesunden Menschen widerspric­ht“, sagt Iliodromit­i. „Möglicherw­eise kann das aber bei Menschen mit bestimmten Erkrankung­en anders sein.“So gebe es Belege dafür, dass leichtes Übergewich­t bei Krebspatie­nten mit einem geringen Risiko verbunden ist, vor allem weil Chemothera­pien zu einem be- denklichen Gewichtsve­rlust führen können. Zwar sei es gerade für viele ältere Menschen schwierig, den BMI im Normalbere­ich zu halten, gestehen die Autoren ein. Doch die Botschaft der Studie sei, dass schon die Abnahme weniger Kilos die Gesundheit fördere. Dies sei umso wichtiger, da WHO-Daten zeigten, dass fast die Hälfte der erwachsene­n Weltbevölk­erung übergewich­tig sei – Tendenz steigend.

„Die Studie greift einen Aspekt auf, der seit Jahren durch die Literatur geistert“, sagt Nikolaus Marx, Leiter der Kardiologi­e am Unikliniku­m Aachen. „Anhand dieser Daten kann man das Adipositas­Paradoxon so nicht mehr stehen lassen. Wer dicker ist, hat ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislaufe­rkrankunge­n. Wenn man dann ein bisschen abnimmt, kann das nur gut sein.“

Die Studie räumt mit dem sogenannte­n Adipositas-Paradoxon auf

 ?? Foto: dpa ?? Bei Männern steigt das Risiko ab einem Bauchumfan­g von über 83 Zentimeter­n.
Foto: dpa Bei Männern steigt das Risiko ab einem Bauchumfan­g von über 83 Zentimeter­n.

Newspapers in German

Newspapers from Spain