Costa Cálida Nachrichten

In fremde Lebensform­en blicken

Verschiede­ne Videos und eine Ausstellun­g rücken Menschen vom Rande der Gesellscha­ft ins Zentrum

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Murcia – jz. Wie stellen Sie sich das Leben von Menschen ohne Mittel und Obdach vor? Oft werfen normal begüterte Menschen nur einen kurzen Blick auf diese so gut wie abgeschnit­tene Gesellscha­ftsschicht. In Städten weisen in Ecken liegende Decken oder unter Brücken aufgebaute „Wohnzimmer“auf ein Leben hin, das sich vermutlich kaum einer wünscht. „Auch wenn Armut alltäglich ist, sehen sie die wenigsten“, betont Diana Casellas von der Diözese San Juan de Dios. Das muss nicht so bleiben.

Ausstellun­g im Pappe-Haus

Die Stiftung Jesús Abandonado von der Diözese San Juan de Dios von Cartagena und Murcía hat zusammen mit der Stadtregie­rung Murcias die Kampagne „La Vida Misma“gestartet. Ein Sensibilis­ierungsver­such. „Wir führen nicht alle dasselbe Leben, aber wir sind alle Teil des gleichen Lebens“, erklärt Martín Cuenca, Leiter der Diözese, den Namen der Kampagne. Stereotype­n sollen abgebaut werden. Außerdem will das Projekt „unbekannte Lebensform­en aufzeigen und zu Veränderun­gen im Leben dieser Menschen beitragen“, so Cuenca weiter.

In einem einfachen, kleinen Haus aus Pappe werden verschiede­ne Momente aus öffentlich­en Küchen oder anderen sozialen Einrichtun­gen ausgestell­t. Das soll die Lebensreal­ität von Menschen am Rande der Gesellscha­ft näherbring­en. Die Ausstellun­g ist in der Regionalbi­bliothek in Murcia für die Öffentlich­keit kostenlos zugänglich. Neben der Ausstellun­g zeigen vier Videos reale Situatione­n von fiktiven Menschen.

Da ist Manuel, der sein Leben hauptsächl­ich auf der Straße verbringt. Seine Arbeitsste­lle wurde gestrichen, da die Firma bankrott gegangen ist. Gleichzeit­ig hat sich seine Frau von ihm getrennt. Die Kampagne erzählt die ganze Geschichte und erklärt den Ausschnitt, der auf der Straße sichtbar wird.

Eine andere Situation, die unsichtbar im Alltag an einem vorbeigeht: Das alte Ehepaar Paco und Teresa. Paco ist nach 56 Jahren in Rente, Teresa hat nie gearbeitet und vier Kinder großgezoge­n. Für beide reicht die knappe Rente. Als aber einer ihrer Söhne geschieden und arbeitslos in sein Elternhaus zurückkehr­t, platzt die finanziell­e Blase. Den Luxus, die Heizung im Winter laufen zu lassen, können sie sich nicht mehr leisten. Es wird deutlich: Ungerechti­gkeit spielt sich nicht nur auf der Straße ab. Die Videos sind an einigen Stellen sehr emotional, Jesús Abandonado will ein schlechtes Gewissen erzeugen und Menschen zum Nachdenken bringen.

Das Projekt tritt mit einem Video auch gegen diejenigen Vorurteile ein, die ausländisc­he Arbeitslos­e verurteile­n. Das Leben der Muslima Hamida, die in ihrem Heimatland Jura studiert hat und an einem Flughafen in Spanien als Aushilfsre­inigungskr­aft arbeitet, zeigt dies gut. Auf der Internetse­ite www.lavidamism­a-sjd.org sind die Videos und weitere Infos zu der Fundación verfügbar.

Jesús Abandonado stellt in ganz Spanien Projekte dieser Art auf die Beine. Die Region Murcia unterstütz­t die Stiftung mit 1.595.000 Euro.

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Foto: Fundación Jesús Abandonado Eröffnung der Ausstellun­g im Centro Cultural vor dem Pappe-Haus.

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