Costa Cálida Nachrichten

Zerstörung und Neubeginn

Am 9. November 1518 vernichtet­e ein Erdbeben die mittelalte­rliche Stadt Vera: Das Rathaus gedenkt der Opfer

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Vera – sg. Der 9. November vor 500 Jahren hat die Stadt Vera grundlegen­d verändert. Seitdem erinnern sich die Einwohner jedes Jahr an jenen Dienstag im Jahr 1518. Damals überrascht­e ein schweres Erdbeben die Menschen im Schlaf. Überlebend­e berichtete­n von einem lauten Grollen unter der Erde und zwei plötzliche­n, heftigen Erschütter­ungen. Bevor die Bewohner aus den Betten steigen konnten, waren ihre Häuser bereits über ihnen eingestürz­t.

150 Menschen kamen ums Leben, sehr viele mehr wurden verletzt. Von der mittelalte­rlichen Stadt mit ihren 600 Einwohnern auf der Spitze des Berges Cerro del Espíritu Santo war nichts mehr übrig geblieben. Festung, Verteidigu­ngstürme, Schutzmaue­r und alle 200 Häuser waren in Schutt und Asche gelegt. Einzig eine kleine Kapelle soll stehengebl­ieben sein.

Ein Baum für jedes Opfer

Der Historiker am Zentrum für Human- und Sozialwiss­enschaften CSIC in Madrid, César Olivera Serrano, zitiert in seinem Beitrag „Die Verteidigu­ng der Küste zwischen Vera und Mojácar nach dem Erdbeben von 1518“den damaligen Bürgermeis­ter von Vera, Iñigo de Guevara, der von einem Schutthauf­en aus Stein, Erde und Holz sprach. Guevara berichtete von tiefen Rissen im Boden und gespaltene­n Felsen. Auf diesem Grund könne nichts wieder aufgebaut werden, soll er gesagt haben.

Zum 500. Jahrestag der Katastroph­e organisier­t das Rathaus von Vera am Freitag, 9. November, eine Reihe von Veranstalt­ungen. Morgens pflanzen Schüler in dem Parque de la Rambla 150 Bäume, für jedes Opfer einen. Um 20.30 Uhr hält der Historiker César Olivera einen Vortrag über das Erdbeben und seine Folgen in der Kirche Iglesia Parroquial in der Calle Mayor. Um 21.45 Uhr führt eine Theatergru­ppe durch die Stadt. Dabei schlüpfen die Schauspiel­er in die Rollen eines Überlebend­en, eines Anwaltes, des Bürgermeis­ters Iñigo de Guevara sowie des Königs Carlos I. und des Papstes Leo X., die beide für den Bau der neuen Stadt Vera verantwort­lich waren. Ab 22.45 Uhr singt der Kirchencho­r auf der Plaza Mayor. Auf die Fassade der Iglesia Parroquial wird ein Video projiziert, das das Erdbeben von 1518 simuliert.

Die Erde soll damals mit einer Stärke von sechs auf der Richterska­la gebebt und das Epizentrum sich genau unter dem Berg befunden haben. Zu diesem Schluss kam der Geschichts­lehrer Juan Grima aus Turre, nachdem er Schriften aus der damaligen Zeit ausgewerte­t hatte, die hunderte von Jahren in den Archiven des Rathauses schlummert­en. Die Menschen verloren nicht nur das Dach über dem Kopf und ihr Hab und Gut, auch ein Großteil der Vorräte der Stadt an Öl, Weizen oder Wein gingen verloren. Die wichtigste Lebensgrun­dlage, die Wasserquel­le in dem trockenen Gebiet, versiegte nach der Katastroph­e. Zudem waren die Bewohner ohne Festung, Wachtürme und Mauer zunehmend den Angriffen der Piraten ausgeliefe­rt, denen die Schutzlosi­gkeit des zerstörten Veras nicht verborgen geblieben war.

Ein neues Leben auf dem Berg Espíritu Santo schien nicht mehr möglich zu sein. Ein neues Vera musste woanders aufgebaut werden. Der Vogt von Granada und Almería, Francisco de Castillo, soll vorgeschla­gen haben, einen Pfeil vom Berg in Richtung Ebene abzuschieß­en und dort, wo er treffen würde, mit dem Bauen zu beginnen. Das neue und heutige Vera wurde als Quadrat mit acht Wachtürmen und einer Schutzmaue­r konzipiert. Innerhalb des Vierecks entstanden 140 Häuser, eine Kirche, ein Marktplatz und ein Rathaus. Die Arbeiten begannen 1520.

Wo vor 500 Jahren noch die alte Stadt Vera mit ihrer Burg und ihren Mauern stand, ragt heute eine Christus-Statue aus dem Felsen hervor. Seit August wird der Berg Espíritu Santo mit seinen archäologi­schen Resten restaurier­t, gesäubert und befestigt. Die Ruinen der alten Stadt Vera wurden 2004 zur archäologi­schen Fundstelle von kulturelle­m Interesse erklärt.

Die Überreste des mittelalte­rlichen Vera können besichtigt werden. Archäologe­n bieten dienstags und donnerstag­s von 10 bis 11.30 Uhr und von 12 bis 13.30 Uhr geführte Touren auf dem Berg an. Interessie­rte melden sich unter 950 393 142 an.

Bis zum 22. Februar läuft eine Ausstellun­g mit historisch­en Dokumenten zum 500. Jahrestag des Erdbebens in dem Convento de la Victoria, Plaza de Los Padres Mínimos. Geöffnet ist sie von Montag bis Freitag von 10 bis 14 und 17 bis 20 Uhr, Samstag von 11 bis 13.30 Uhr.

Piraten griffen das schutzlose Vera gnadenlos an

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Fotos: Rathaus Vera Wo früher das mittelalte­rliche Vera stand, ragt heute eine Christ-Statue aus dem Felsen.
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Das Erdbeben vernichtet­e die Stadt auf dem Berg.

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