Costa Cálida Nachrichten

Haare für den guten Zweck

Organisati­on Mechones Solidarios erstellt Perücken für Krebskrank­e – Täglich spenden zahlreiche Menschen

- Michael Trampert

Es ist Dienstag, 16.30 Uhr. Der zwölfjähri­ge Ángel Coca fährt zusammen mit seiner Mutter Silvia nach Málaga. Beide möchten sich heute zusammen die Haare schneiden lassen. „Ich war zuletzt 2015 bei einem Friseur“, sagt Ángel, dessen Haare mittlerwei­le bis zur Brust reichen. Bei seinen Klassenkam­eraden und sogar bei seiner Lehrerin stieß der Junge wegen seiner Frisur auf Unverständ­nis. „Ich wurde wegen meinen Haaren oft gehänselt. Mitschüler haben sich lustig über mich gemacht und sogar die Lehrerin hat kräftig gestichelt. Aber alles das hat mich nicht gestört. Mir gefallen lange Haare zwar. Aber vor allem habe ich sie aus einem Grund wachsen lassen: für den guten Zweck.“

Der Zwölfjähri­ge hat mit seiner Mutter nämlich einen Deal geschlosse­n. Sind die Haare bei ihm deutlich länger als 30 Zentimeter, spenden beide ihre Haare an die Organisati­on Mechones Solidarios (Solidarisc­he Strähnen). Die Initiative ging dabei von seiner Mutter Silvia aus.

40 Stunden Arbeit pro Perücke

„Ich habe meine Haare schon immer gespendet. Ich finde es deshalb einfach unglaublic­h toll, dass mein Sohn von sich aus ebenfalls beschlosse­n hat, seine Haare für den guten Zweck abzuschnei­den“, so die stolze Mama. Aus diesem Grund geht es vor dem Friseur-Besuch in die Hauptzentr­ale von Mechones Solidarios in der Avenida Europa 51 in Málaga, damit der Junge sieht, was aus seinen Haaren einmal entstehen wird: eine Perücke für krebskrank­e Menschen.

Im Eingangsbe­reich werden Ángel und seine Mutter bereits von Romina Quattrocch­io Guerisoli empfangen. Sie ist die Tochter der Vorsitzend­en von Mechones Solidarios und hilft ehrenamtli­ch in der Organisati­on mit. Zunächst führt sie die beiden durch die Räumlichke­iten des Gebäudes. Im großen Raum links hinter dem Eingangsbe­reich sind zahlreiche Kisten gestapelt, in denen sich Haarbündel befinden.

„Jede einzelne Kiste dürfte an die 25 Kilo wiegen“, sagt Romina. „Pro Woche kommen jede Menge neue Kisten hinzu. Denn wir arbeiten spanienwei­t mit verschiede­nen Friseursal­ons zusammen, die uns einmal pro Woche neue Haarbündel zuschicken.“

Dabei ist es wichtig, dass die gespendete­n Haare eine Länge von 30 Zentimeter­n aufweisen. „Noch im vergangene­n Jahr hat die Mindestlän­ge an gespendete­n Haaren 20 Zentimeter betragen, womit dann Kurzhaar-Perücken erstellt wurden. Das ist die Länge, die wir unbedingt benötigen, um überhaupt mit dem Haar arbeiten zu können. Haarbündel, die kürzer sind als 20 Zentimeter, können wir einfach nicht bearbeiten“, so die ehrenamtli­che Helferin. Aufgrund der hohen Nachfrage habe sich die Leitung der Organisati­on in diesem Jahr allerdings dafür entschiede­n, nur noch Haarbündel mit einer Mindestlän­ge von 30 Zentimeter anzunehmen.

Im hinteren Teil des Zimmers sitzt die Helferin Emy Britos und knüpft gerade eine Perücke. Unter einer hellen Tischlampe fädelt sie Haarbündel für Haarbündel, die zuvor von anderen Helfern aussortier­t und kategorisi­ert wurden, in die Kopfmatte ein. Zwischen sechs und 15 dieser Bündel verarbeite­t sie dabei in einem Haarersatz. Über 40 Stunden benötigt Britos, um eine Perücke anzufertig­en.

 ?? Fotos: Michael Trampert ?? Sorgfältig schneidet die Friseurin die langen Haare des zwölfjähri­gen Ángel Coca ab.
Fotos: Michael Trampert Sorgfältig schneidet die Friseurin die langen Haare des zwölfjähri­gen Ángel Coca ab.
 ??  ?? Die Herstellun­g einer Perücke dauert rund 40 Stunden.
Die Herstellun­g einer Perücke dauert rund 40 Stunden.

Newspapers in German

Newspapers from Spain