Haare für den guten Zweck
Organisation Mechones Solidarios erstellt Perücken für Krebskranke – Täglich spenden zahlreiche Menschen
Es ist Dienstag, 16.30 Uhr. Der zwölfjährige Ángel Coca fährt zusammen mit seiner Mutter Silvia nach Málaga. Beide möchten sich heute zusammen die Haare schneiden lassen. „Ich war zuletzt 2015 bei einem Friseur“, sagt Ángel, dessen Haare mittlerweile bis zur Brust reichen. Bei seinen Klassenkameraden und sogar bei seiner Lehrerin stieß der Junge wegen seiner Frisur auf Unverständnis. „Ich wurde wegen meinen Haaren oft gehänselt. Mitschüler haben sich lustig über mich gemacht und sogar die Lehrerin hat kräftig gestichelt. Aber alles das hat mich nicht gestört. Mir gefallen lange Haare zwar. Aber vor allem habe ich sie aus einem Grund wachsen lassen: für den guten Zweck.“
Der Zwölfjährige hat mit seiner Mutter nämlich einen Deal geschlossen. Sind die Haare bei ihm deutlich länger als 30 Zentimeter, spenden beide ihre Haare an die Organisation Mechones Solidarios (Solidarische Strähnen). Die Initiative ging dabei von seiner Mutter Silvia aus.
40 Stunden Arbeit pro Perücke
„Ich habe meine Haare schon immer gespendet. Ich finde es deshalb einfach unglaublich toll, dass mein Sohn von sich aus ebenfalls beschlossen hat, seine Haare für den guten Zweck abzuschneiden“, so die stolze Mama. Aus diesem Grund geht es vor dem Friseur-Besuch in die Hauptzentrale von Mechones Solidarios in der Avenida Europa 51 in Málaga, damit der Junge sieht, was aus seinen Haaren einmal entstehen wird: eine Perücke für krebskranke Menschen.
Im Eingangsbereich werden Ángel und seine Mutter bereits von Romina Quattrocchio Guerisoli empfangen. Sie ist die Tochter der Vorsitzenden von Mechones Solidarios und hilft ehrenamtlich in der Organisation mit. Zunächst führt sie die beiden durch die Räumlichkeiten des Gebäudes. Im großen Raum links hinter dem Eingangsbereich sind zahlreiche Kisten gestapelt, in denen sich Haarbündel befinden.
„Jede einzelne Kiste dürfte an die 25 Kilo wiegen“, sagt Romina. „Pro Woche kommen jede Menge neue Kisten hinzu. Denn wir arbeiten spanienweit mit verschiedenen Friseursalons zusammen, die uns einmal pro Woche neue Haarbündel zuschicken.“
Dabei ist es wichtig, dass die gespendeten Haare eine Länge von 30 Zentimetern aufweisen. „Noch im vergangenen Jahr hat die Mindestlänge an gespendeten Haaren 20 Zentimeter betragen, womit dann Kurzhaar-Perücken erstellt wurden. Das ist die Länge, die wir unbedingt benötigen, um überhaupt mit dem Haar arbeiten zu können. Haarbündel, die kürzer sind als 20 Zentimeter, können wir einfach nicht bearbeiten“, so die ehrenamtliche Helferin. Aufgrund der hohen Nachfrage habe sich die Leitung der Organisation in diesem Jahr allerdings dafür entschieden, nur noch Haarbündel mit einer Mindestlänge von 30 Zentimeter anzunehmen.
Im hinteren Teil des Zimmers sitzt die Helferin Emy Britos und knüpft gerade eine Perücke. Unter einer hellen Tischlampe fädelt sie Haarbündel für Haarbündel, die zuvor von anderen Helfern aussortiert und kategorisiert wurden, in die Kopfmatte ein. Zwischen sechs und 15 dieser Bündel verarbeitet sie dabei in einem Haarersatz. Über 40 Stunden benötigt Britos, um eine Perücke anzufertigen.