Vom Wald zur Wüste
In Murcia wuchsen einst Eichen und Tannen – Wissenschaftler untersuchen ihr Verschwinden
Der Südosten von Spanien wird meist mit Wüste, Trockenheit, karge Landschaft und Meer in Verbindung gebracht. Kaum zu glauben, dass hier einmal zuhauf Eichen, Tannen, Birken, Trauerweiden, Kastanien- oder Ahornbäume wuchsen. Die Wälder sind längst von der Bildfläche verschwunden. Heute bedecken hauptsächlich Aleppo-Kiefern eine insgesamt 300.000 Hektar große bergige Fläche in der Region Murcia.
„Vor 4.500 Jahren sah Murcia völlig anders aus“, sagt José Carrión García, Professor für Biologie an der Universität von Murcia und Leiter der Studie über die Entwicklung der Vegetation und des Klimas im Südosten Spaniens in einem Zeitraum von 7.000 Jahren. „Damals gab es sehr viel mehr Wälder und sehr viel mehr verschiedene Pflanzenarten auch an der Küste. Die Region hat sich radikal gewandelt.“
Murcia und auch die Provinz Almería gehörten heute zu den Regionen Europas mit dem geringsten Baumbestand und mit dem höchsten Risiko zu verwüsten. Auf der Europäischen Landkarte für Geografie wird die Küste von Murcia und Almería als „treeless“(baumlos) eingestuft.
Der Schuldige ist der Mensch
Der Verlust der Wälder kann nicht nur mit dem Klimawandel erklärt werden. „Das Wetter damals war ähnlich“, erklärt José Carrión, „sehr warm im Sommer, aber mit mehr Niederschlägen. Das Klima war eher subtropisch.“Schuld an der drastischen Veränderungen der Vegetation hat vor allem einer: der Mensch.
Die Wissenschaftler konnten beweisen, dass viele Wälder bereits zur Bronzezeit (2200 bis 800 vor Christus) gerodet wurden, als die metallverarbeitende Industrie in der Blüte stand. Die Öfen, in denen die Metallerze geschmolzen wurden, benötigten Mengen an Holz. Gleichzeitig mussten Bäume weichen, um Weideflächen für die Viehzucht Platz zu machen. „Die verlorengegangene Vegetation und Artenvielfalt kann in einem Gebiet, in dem es viel regnet, einfacher wieder zurückgewonnen werden, als in einer trockenen Gegend.“Als Beispiel nennt der Biologe Galicien im Nordwesten von Spanien. Murcia und Galicien waren den gleichen Bedingungen ausgesetzt. Doch im regenreichen Norden fiel der Verlust weitaus weniger dramatisch aus Murcia.
Wann und unter welchen Bedingungen es zum Verschwinden der Wälder in den vergangenen 7.000 Jahren kam, haben die Wissenschaftler anhand von versteinertem Blütenstaub ermittelt. Dazu entnahmen sie mit Hilfe von Bohrungen Bodenproben und untersuchten als in die fossilen Pollen in den Sedimenten. Mit der sogenannten C14-Methode kann das Alter der versteinerten Fundstücke bestimmt werden
C14 ist ein radioaktives Atom, das als Kohlendioxid in der Luft vorkommt und von allen Lebewesen aufgenommen wird. Stirbt ein Organismus, wird kein C14 mehr