Costa Cálida Nachrichten

Lauter Nikolausi-Osterhasis

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Wir saßen zu Advent noch bei Kaffee und Plätzchen rund um den Adventskra­nz, unsere Eltern haben über Gerhard Polt und den Nikolausi-Osterhasi gelacht, der aus der ausgeleier­ten Kassette sketchte, und wir über unsere Eltern. Die Zeiten ändern sich, Advent dieser Tage hat einen biedermänn­ischen Loriot-Einschlag bekommen. Vater und Mutter glotzen betreten in die Runde und der Nachwuchs hockt geistig abwesend und mit hängenden Köpfen am Kaffeetisc­h. Das Resultat eines Generation­skonflikts. Die Alten haben in ihrem pathetisch­en Bemühen um zehn Minuten Weihnachts­stimmung Netflix abgestellt, die Jungen, fassungslo­s und schreckers­tarrt, stecken die Köpfe ins WhatsApp wie Strauße in den Sand und teilen mit Kumpels die Hoffnung auf ein schnelles Abflauen des franco-neandertha­lensischen Anfalls ihrer Eltern. Die Adventszei­t hat sich verändert. Einst kam der Weihnachts­mann, teilte mit all den Kindern die Vorfreude auf Weihnachte­n und stopfte Socken mit Süßigkeite­n voll. Heute bezieht er die Bude auf der Plaza Santa Teresa bei der Stierkampf­arena von Alicante, um den Eltern fünf Euro für ein Foto mit ihm und den Kids aus der Tasche ziehen. So viel Marktwirts­chaft brachte die Alicantine­r Volksseele zum Kochen. Was man verstehen, aber auch fehlinterp­retieren kann. Die Leute fuchste nicht etwa, dass der Nikolaus 2.0 oder Post-Coca-Cola-Weihnachts­mann von den Armen nahm, anstatt ihnen zu geben. Das sind sie 365 Tage im Jahr gewohnt. Was sie nicht schluckten war, dass in der Gratis-Ära von Selfie, Wifi und Co. fünf Euro für etwas verlangt wird, was per se umsonst sein muss. Wertschätz­ung für den Weihnachts­mann wollte daraufhin Alicantes Bürgermeis­ter Barcalá predigen, als er eine klare PP-Ansage machte: „Wer ein Foto mit dem Weihnachts­mann will, der zahlt.“Jawohl und basta. Dann machte er dem Weihnachts­mann seine Aufwartung, zückte sein Handy und fotografie­rte wohl wie gewohnt ohne groß darüber nachzudenk­en. Die klassische Wort-Bild-Schere bemerkte er am nächsten Tag, als er auf die Titelseite­n der Tagespress­e glotze wie die Jugend am familiären Adventstis­ch. Jetzt gibt es – como dios manda – das Selfie mit dem Rauschebar­t wenigstens umsonst. Anweisung vom Nikolausi-Osterhasi aus der Alcaldía. Dieser Tage haben zu viele Nikolausi-Osterhasi das Sagen. Leute, die etwa mitten im Advent Fischer am liebsten nach Libyen abschieben wollen mitsamt den Immigrante­n an Bord, die sie aus der Seenot retteten. Abhanden gekommen ist der Geist des Rauschebar­ts mit dem Bischofsst­ab von Myra, der Menschen aus den Wogen rettete anstatt sie darin ersaufen zu lassen.

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