Das Jubiläum der Raumstation
Der Sternenhimmel im Dezember – Astronomie, Raumfahrt, Kosmos
Vor 20 Jahren begannen immer mehr Menschen den Nachthimmel nach der ISS, der Internationales Raumstation, abzusuchen. Mit Staunen wurden die in anderthalb Stunden um die Erde rasenden zusammengesetzten Raumschiffe verfolgt. Sogar Flugpläne haben wir damals in den Costa Blanca Nachrichten abgedruckt, um die Beobachtung zu erleichtern.
Jahr um Jahr fügten immer mehr Länder, die an der internationalen Zusammenarbeit teilnahmen, Bauteile hinzu. Mit den weit ausgebreiteten Sonnensegeln, die für die Energiezufuhr sorgen, bietet die Station vor allem für Fernglasbeobachter einen fantastischen Anblick.
Nun ist sie also 20 Jahre alt. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst, der schon einmal 2004 mehrere Monate an Bord verbrachte, hat das Glück, jetzt als Kommandant einer dreiköpfigen Besatzung den Jubiläumsflug zu leiten.
Komplexeste Maschine
Gerst nennt die Station die „komplexeste, wertvollste und unwahrscheinlichste Maschine, die die Menschheit jemals gebaut hat.“Er hat vielen Menschen, vor allem auch Schulkindern, die komplizierten wissenschaftlichen Arbeiten gezeigt, die er und seine Kollegen ständig ausführen; sie sind mit Forschungsaufgaben beschäftigt, welche nur unter Bedingungen der Schwerelosigkeit durchzuführen sind.
„Zarja“(Morgenröte auf russisch) hieß das erste Modul, mit dem die Konstruktion der ISS im Jahre 1998 begann. Seitdem rast die inzwischen 450 Tonnen schwere, fußballfeldgroße Anlage mit mehr als 27.000 Kilometern pro Stunde um die Erde. Die Schilderungen der Astronauten sind entsprechend bilderreich; vor allem Alexander Gerst hat den Menschen schon plastische Szenen vom Blick auf die Erde erzählt.
Vor einigen Wochen geriet die Station allerdings in einen kleinen Schauer außerirdischer Teilchen, die Sorgen um die Außenhaut auslösten. Die Besatzung bekam die Krise aber schnell in den Griff. Den Absturz eines Versorgungsmoduls nach dem Start in der asiatischen Steppe überlebte die Besatzung glücklicherweise ebenfalls.
Für Gerst und seine Besatzung bedeuten die Unfälle allerdings, dass sie anders als geplant erst nach dem Jahreswechsel wieder zur Erde zurückkehren können. Der Deutsche hat in seinen Telebotschaften während der letzten Wochen jedoch seine gelassene und souveräne, sogar fröhliche Art den Erdenmenschen gezeigt.
Auf der Station gibt es allerdings kaum Privatsphäre. Mit einer gemütlichen Herberge ist diese von manchen auch als „Wohngemeinschaft im All“beschriebene Forscherfamilie nicht gerade treffend beschrieben. Die speziell vorbereiteten Mahlzeiten kommen aus der Tüte.
Ständiger „Neuwagengeruch“
Waschmöglichkeiten zwischen zahllosen Kabeln und Computern wirken spektakulär, werden aber von der Besatzung offenbar stoisch ertragen. Viel Arbeitszeit muss von den eigentlich wissenschaftlich hochgebildeten Astronauten zum Putzen und zur präzisen Wartung von Geräten aufgewendet werden.
Vor allem wegen der Lüftungsventilatoren ist es fortwährend sehr laut, wie der US-Astronaut Scott Kelly in einem kürzlich erschienenen Buch schreibt. Die ISS rieche vor allem nach den Ausdünstungen der Geräte, die laut Scott auf der Erde als „Neuwagengeruch“bezeichnet werden. Hinzu komme der Körpergeruch und der des Abfalls, der zwar möglichst hermetisch isoliert, aber nur alle Monate entsorgt werde.
Über den Zustand der ISS gibt es zur Zeit viele Spekulation. Die Station soll trotz vieler Nachrüstungen viel gelitten haben. Äußerliche Einschläge verursachen immer wieder kleine Krater in der Außenhaut. Einige Male musste die Station Weltraumschrott ausweichen und durch Düsenmanöver den Kurs anheben oder senken.
Bei einem seiner Außeneinsätze, so Astronaut Scott Kelly, sei ihm plötzlich aufgefallen, wie ramponiert die ISS schon ist. Kosmische Teile hätten Kratzer verursacht, in die Handläufe seien Löcher mit scharfkantigen Rändern geschlagen worden. Die Crew, wird von der NASA versichert, kam durch solche Schäden noch nie in ernsthafte Schwierigkeiten.
Sabotage oder Unglück
Seit im Sommer ein kleines Leck im russisch Modul einen Druckabfall in der Station auslöste, gab es Spekulationen. War es Pfusch, Sabotage oder einfach ein Unglück? Kritiker bezeichnen die ISS gern als das teuerste Gebäude der Welt. Die Gesamtkosten liegen seit 1998 nach Schätzungen bei weit über 80 Milliarden Euro. Die Europäische Weltraumorganisation ESA erklärt, bisher zehn Milliarden Euro in die Station investiert zu haben. Die größten Geberländern aus der ESA sind Deutschland, Italien und Frankreich. Die Deutschen steuern rund 2,50 Euro pro Einwohner und Jahr zum Betrieb der Station bei. Bislang ist der Betrieb bis 2024 gesichert.
Die ESA hofft, dass die Mitgliedsstaaten das Projekt bis 2028 aufrechterhalten. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump will aber offenbar auch hier in der internationalen Zusammenarbeit ausscheren, die IS-Mittel kürzen und nach privaten Geldgebern suchen.
Die Russen halten mit ihren Sojus-Raketen die Verbindung mit der Erde aufrecht, seitdem die Amerikaner vor einigen Jahren ihre Shuttle-Flüge einstellten. So sind die Astronauten wie Gerst aus Deutschland und die Astronauten aus anderen Ländern auf die Hilfe und die Technik aus Russland angewiesen. Der Sternenhimmel in den Abendstunden am Jahreswechsel. Der Planet Mars im Wassermann. Beim Blick nach Norden: Karte umdrehen.
Gemeinsamer Fortschritt
Noch hoffen Forscher und Raumfahrer darauf, über die ISS hinaus ins All vorstoßen zu können. Die Erkundung der Wege zum Mars ist eines der Ziele, für das Alexander Gerst Begeisterung zu wecken versucht. Die Zusammenarbeit hunderte Kilometer über der Erde ist für ihn abseits der großen Politik ein Beispiel für den gemeinsamen Fortschritt der Menschheit. „Wenn wir über Kontinente hinweg so zusammen arbeiten können, dann können wir noch viel mehr gemeinsam erreichen. Wir müssen es nur versuchen“, meint der deutsche Astronaut.
Am Himmel lösen jetzt am Jahresende die Sternbilder des Herbstes, von denen als größtes der großflächige viereckige Pegasus auffällt, die von Osten aufsteigenden Wintersternbilder ab. Der Stier, die Zwillinge Castor und Pollux, der Fuhrmann und schließlich auch der Orion zieren schon den Himmel.
Die Planeten haben sich fast alle vom Abendhimmel zurückgezogen. Nur der Mars, der mit rötlichen Schein viele Nächte dominierte, behauptet noch seine Stellung über dem Westhorizont, nachdem er vom Steinbock in den Wassermann übergewechselt ist.
Glanzvolle Venus
Die Venus präsentiert sich in glanzvoller Periode im Osten als Morgenstern und beeindruckt vor allem die Frühaufsteher. Während der Feiertage des Jahreswechsels ist abgesehen davon nichts astronomisch besonders Spektakuläres zu erwarten.