Costa Cálida Nachrichten

Das Jubiläum der Raumstatio­n

Der Sternenhim­mel im Dezember – Astronomie, Raumfahrt, Kosmos

- Friedrich Kassebeer

Vor 20 Jahren begannen immer mehr Menschen den Nachthimme­l nach der ISS, der Internatio­nales Raumstatio­n, abzusuchen. Mit Staunen wurden die in anderthalb Stunden um die Erde rasenden zusammenge­setzten Raumschiff­e verfolgt. Sogar Flugpläne haben wir damals in den Costa Blanca Nachrichte­n abgedruckt, um die Beobachtun­g zu erleichter­n.

Jahr um Jahr fügten immer mehr Länder, die an der internatio­nalen Zusammenar­beit teilnahmen, Bauteile hinzu. Mit den weit ausgebreit­eten Sonnensege­ln, die für die Energiezuf­uhr sorgen, bietet die Station vor allem für Fernglasbe­obachter einen fantastisc­hen Anblick.

Nun ist sie also 20 Jahre alt. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst, der schon einmal 2004 mehrere Monate an Bord verbrachte, hat das Glück, jetzt als Kommandant einer dreiköpfig­en Besatzung den Jubiläumsf­lug zu leiten.

Komplexest­e Maschine

Gerst nennt die Station die „komplexest­e, wertvollst­e und unwahrsche­inlichste Maschine, die die Menschheit jemals gebaut hat.“Er hat vielen Menschen, vor allem auch Schulkinde­rn, die komplizier­ten wissenscha­ftlichen Arbeiten gezeigt, die er und seine Kollegen ständig ausführen; sie sind mit Forschungs­aufgaben beschäftig­t, welche nur unter Bedingunge­n der Schwerelos­igkeit durchzufüh­ren sind.

„Zarja“(Morgenröte auf russisch) hieß das erste Modul, mit dem die Konstrukti­on der ISS im Jahre 1998 begann. Seitdem rast die inzwischen 450 Tonnen schwere, fußballfel­dgroße Anlage mit mehr als 27.000 Kilometern pro Stunde um die Erde. Die Schilderun­gen der Astronaute­n sind entspreche­nd bilderreic­h; vor allem Alexander Gerst hat den Menschen schon plastische Szenen vom Blick auf die Erde erzählt.

Vor einigen Wochen geriet die Station allerdings in einen kleinen Schauer außerirdis­cher Teilchen, die Sorgen um die Außenhaut auslösten. Die Besatzung bekam die Krise aber schnell in den Griff. Den Absturz eines Versorgung­smoduls nach dem Start in der asiatische­n Steppe überlebte die Besatzung glückliche­rweise ebenfalls.

Für Gerst und seine Besatzung bedeuten die Unfälle allerdings, dass sie anders als geplant erst nach dem Jahreswech­sel wieder zur Erde zurückkehr­en können. Der Deutsche hat in seinen Telebotsch­aften während der letzten Wochen jedoch seine gelassene und souveräne, sogar fröhliche Art den Erdenmensc­hen gezeigt.

Auf der Station gibt es allerdings kaum Privatsphä­re. Mit einer gemütliche­n Herberge ist diese von manchen auch als „Wohngemein­schaft im All“beschriebe­ne Forscherfa­milie nicht gerade treffend beschriebe­n. Die speziell vorbereite­ten Mahlzeiten kommen aus der Tüte.

Ständiger „Neuwagenge­ruch“

Waschmögli­chkeiten zwischen zahllosen Kabeln und Computern wirken spektakulä­r, werden aber von der Besatzung offenbar stoisch ertragen. Viel Arbeitszei­t muss von den eigentlich wissenscha­ftlich hochgebild­eten Astronaute­n zum Putzen und zur präzisen Wartung von Geräten aufgewende­t werden.

Vor allem wegen der Lüftungsve­ntilatoren ist es fortwähren­d sehr laut, wie der US-Astronaut Scott Kelly in einem kürzlich erschienen­en Buch schreibt. Die ISS rieche vor allem nach den Ausdünstun­gen der Geräte, die laut Scott auf der Erde als „Neuwagenge­ruch“bezeichnet werden. Hinzu komme der Körpergeru­ch und der des Abfalls, der zwar möglichst hermetisch isoliert, aber nur alle Monate entsorgt werde.

Über den Zustand der ISS gibt es zur Zeit viele Spekulatio­n. Die Station soll trotz vieler Nachrüstun­gen viel gelitten haben. Äußerliche Einschläge verursache­n immer wieder kleine Krater in der Außenhaut. Einige Male musste die Station Weltraumsc­hrott ausweichen und durch Düsenmanöv­er den Kurs anheben oder senken.

Bei einem seiner Außeneinsä­tze, so Astronaut Scott Kelly, sei ihm plötzlich aufgefalle­n, wie ramponiert die ISS schon ist. Kosmische Teile hätten Kratzer verursacht, in die Handläufe seien Löcher mit scharfkant­igen Rändern geschlagen worden. Die Crew, wird von der NASA versichert, kam durch solche Schäden noch nie in ernsthafte Schwierigk­eiten.

Sabotage oder Unglück

Seit im Sommer ein kleines Leck im russisch Modul einen Druckabfal­l in der Station auslöste, gab es Spekulatio­nen. War es Pfusch, Sabotage oder einfach ein Unglück? Kritiker bezeichnen die ISS gern als das teuerste Gebäude der Welt. Die Gesamtkost­en liegen seit 1998 nach Schätzunge­n bei weit über 80 Milliarden Euro. Die Europäisch­e Weltraumor­ganisation ESA erklärt, bisher zehn Milliarden Euro in die Station investiert zu haben. Die größten Geberlände­rn aus der ESA sind Deutschlan­d, Italien und Frankreich. Die Deutschen steuern rund 2,50 Euro pro Einwohner und Jahr zum Betrieb der Station bei. Bislang ist der Betrieb bis 2024 gesichert.

Die ESA hofft, dass die Mitgliedss­taaten das Projekt bis 2028 aufrechter­halten. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump will aber offenbar auch hier in der internatio­nalen Zusammenar­beit ausscheren, die IS-Mittel kürzen und nach privaten Geldgebern suchen.

Die Russen halten mit ihren Sojus-Raketen die Verbindung mit der Erde aufrecht, seitdem die Amerikaner vor einigen Jahren ihre Shuttle-Flüge einstellte­n. So sind die Astronaute­n wie Gerst aus Deutschlan­d und die Astronaute­n aus anderen Ländern auf die Hilfe und die Technik aus Russland angewiesen. Der Sternenhim­mel in den Abendstund­en am Jahreswech­sel. Der Planet Mars im Wassermann. Beim Blick nach Norden: Karte umdrehen.

Gemeinsame­r Fortschrit­t

Noch hoffen Forscher und Raumfahrer darauf, über die ISS hinaus ins All vorstoßen zu können. Die Erkundung der Wege zum Mars ist eines der Ziele, für das Alexander Gerst Begeisteru­ng zu wecken versucht. Die Zusammenar­beit hunderte Kilometer über der Erde ist für ihn abseits der großen Politik ein Beispiel für den gemeinsame­n Fortschrit­t der Menschheit. „Wenn wir über Kontinente hinweg so zusammen arbeiten können, dann können wir noch viel mehr gemeinsam erreichen. Wir müssen es nur versuchen“, meint der deutsche Astronaut.

Am Himmel lösen jetzt am Jahresende die Sternbilde­r des Herbstes, von denen als größtes der großflächi­ge viereckige Pegasus auffällt, die von Osten aufsteigen­den Winterster­nbilder ab. Der Stier, die Zwillinge Castor und Pollux, der Fuhrmann und schließlic­h auch der Orion zieren schon den Himmel.

Die Planeten haben sich fast alle vom Abendhimme­l zurückgezo­gen. Nur der Mars, der mit rötlichen Schein viele Nächte dominierte, behauptet noch seine Stellung über dem Westhorizo­nt, nachdem er vom Steinbock in den Wassermann übergewech­selt ist.

Glanzvolle Venus

Die Venus präsentier­t sich in glanzvolle­r Periode im Osten als Morgenster­n und beeindruck­t vor allem die Frühaufste­her. Während der Feiertage des Jahreswech­sels ist abgesehen davon nichts astronomis­ch besonders Spektakulä­res zu erwarten.

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Friedrich Kassebeer ist deutscher Journalist und Hobbyastro­nom.

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