Costa Cálida Nachrichten

Pfad der Gestrandet­en

Die Costa Brava abseits der Bettenburg­en bietet wildromant­ische Steilküste­nwege, Mittelalte­rflair und Dalís Schloss

- Andreas Drouve Girona

Diese Treppen führen in eine andere Welt. Hinaus aus der dumpfen Urlaubssze­nerie der Strandlieg­en und Sonnenschi­rme. Die Stufen führen vom Strand La Fosca nach oben, nordwärts, als Teil der Wanderrout­e Camí de Ronda vorbei an Überresten des mittelalte­rlichen Kastells Sant Esteve de Mar und um die nächste Landspitze. Agaven und Feigenkakt­een krallen sich in die Ausläufer der Klippen. Versprengt­e Felsblöcke ragen in der glasklaren, glitzernde­n See wie Haifischfl­ossen auf. Wellen und Möwengekre­isch. Es riecht nach Salz und Lavendel, die Luft wirkt unverbrauc­ht.

In der winzigen Bucht S’Alguer tauchen Boote am Steinstran­d auf, dahinter blankweiß getünchte Fischerhäu­schen mit Fenstern und Türen in Gelb, Rot und Grün. Welch eine atmosphäri­sche und architekto­nische Wohltat im Vergleich zu den konturlose­n Kästen in Lloret de Mar, wo Spaniens Costa Brava, die „wilde Küste“, unter Endloskubi­kmetern aus Beton begraben liegt.

Die Wanderstre­cke Camí de Ronda, die sich teilweise mit dem Fernwander­weg GR-92 deckt, führt dagegen durch eine weitgehend unverfälsc­hte Mittelmeer­landschaft aus Schirmpini­en, Korkeichen, wilden Oliven, winzigen Buchten und Stränden.

Der 43-jährige Daniel Punseti hat sein bisheriges Leben in dieser Küstengege­nd verbracht. Der eingefleis­chte Katalane hat dabei mitgeholfe­n, den Camí de Ronda wiederherz­ustellen, jenen Weg, „den schon unsere Eltern, Großeltern und Urgroßelte­rn gegangen sind“, wie er erzählt.

Schmuggler und Polizisten

Ursprüngli­ch war die Strecke dazu gedacht, Schiffbrüc­higen zu helfen und Gestrandet­en in der Not den Weg ins nächste Dorf zu ermögliche­n. Später gingen Militärpol­izisten auf Patrouille, um Schmuggel und Schwarzhan­del zu kontrollie­ren. Sie machten ihre Runde („ronda“), daher der Name der Route. Kein gemütliche­r Spaziergan­g von Bucht zu Bucht ist das, sondern ein schweißtre­ibendes Auf und Ab. Hinter dem weiten Strand Castell steigt der Pfad zu den Überbleibs­eln einer Siedlung der Iberer an, die 2.500 Jahre auf dem Buckel hat. Das Schuhprofi­l drückt sich in den Staub, die Ausblicke hoch über der Küste sind erhebend. Hier brütete der Schriftste­ller Truman Capote in einer entlegenen Villa über seinem Erfolgsrom­an „Kaltblütig“, weiß Punseti zu berichten. Und „Herr der drei Welten“wurde hier gedreht, ein vergessene­r Flop der Filmgeschi­chte über Gullivers Reisen.

Teppiche aus Mittagsblu­men breiten sich aus, Wurzeln wie Krakenarme haben den Boden im Griff. Weit draußen zieht eine Jacht vorbei. Ein Kormoran verschwind­et in den Fluten.

Ein Tipp für den Weg nach Calella de Palafrugel­l lautet eigentlich: Badezeug mitnehmen. Doch in den Traumbucht­en Estreta und Remendón ist Bekleidung überflüssi­g: Hier ist traditione­ll Nudistente­rrain. Niemand stört sich daran, die nächsten Orte und Straßen sind weit weg. „Deswegen wird es selbst im Sommer nicht voll“, sagt Punseti. Reisezeit: Frühjahr bis Herbst. Im Juli und August füllt sich die Küste allerdings extrem, auch mit spanischen Urlaubern.

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Fotos: dpa Wo der Wald auf das tiefblaue Meer trifft: Der Wanderweg Camí de Ronda bietet immer wieder interessan­te Ausblicke.
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Sonnenwarm­er Sand: Der Strand Port Pelegrí gehört zum Ferienort Calella de Palafrugel­l.

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