Der Spanier liebste Happen
Geht es um Tapas, ist der Spanier eingefleischter Traditionalist – Und trinkt dazu Bier statt Wein
mar. Da hat sich ein Ferrán Adriá jahrelang in seinen Kochlabors mit der Molekularküche abgemüht, um die Spanier auf ein neues kulinarisches Niveau zu heben, und trendige Crazy-Chefs versuchen ihr Publikum mit hippen, dekonstruierten Pinchos zu ködern. Doch geht der Spanier auf Tapas-Tour, bleibt er meist bei den liebgewonnenen Häppchen „de toda la vida“.
Das Vergleichsportal Acierto hat anlässlich des kürzlichen WeltTapas-Tages die Gewohnheiten der Spanier statistisch erfasst. Ein durchaus datenreiches Unterfangen bei 260.000 Bars in spanischen Landen, eine je 175 Einwohner – die höchste Dichte weltweit. In Deutschland müssen sich 366 Menschen einen Gastrobetrieb teilen. 1.900 Euro lässt jeder Spanier im Schnitt pro Jahr in den hiesigen Bars liegen. Und der Tapeo, also das gemeinsame Ausschwärmen im Freundes- oder Familienkreis zum Bar-Hopping, ist nach wie vor die gastronomische Lieblingsbeschäftigung von 70 Prozent der Spanier, sogar neun von zehn machen es am Wochenende und im Urlaub, bevorzugt am Abend.
Geht es um die Bestellungen, ist meistens ein Pincho de tortilla dabei, also eine Ecke des Kartoffelomeletts, dessen Bedeutung über jener der bourbonischen Kroninsignien stehen dürfte. Diese Tapa ist die am häufigsten als „Muss“genannte – also schlicht des Spaniers liebster Happen. Acierto hat in seiner Umfrage gleich noch eine seit Jahrhunderten geführte Glaubensfehde beantwortet: Die Mehrheit der Spanier, drei von fünf, will die Tortilla mit Zwiebel zubereitet. Gastropäpste verurteilen diese Vorliebe als bäuerlichen Fehltritt, da die Zwiebel die Reinheit der Assamblage zwischen Ei und Kartoffel zur Beliebigkeit degradiere. Wie auch immer.
Auf Rang zwei der Lieblingstapas folgen die Patatas bravas, wofür die Wirte wegen der kaum nachweisbaren Einwagekosten besonders dankbar sind. Danach kommt der Jamón serrano, also der luftgetrocknete Schinken, dem weder die Varianten aus Parma noch aus dem Schwarzwald das Wasser reichen können, schon gar nicht, wenn er als eichelgefütterter „ibérico“auf schwarzen Klauen, wenn dann auch bedeutend teurer daherkommt. In der Top-Ten-Liste tauchen zudem die Kroketten in ihren mannigfaltigsten Varianten und die Ensaladilla rusa (der in Russland übrigens nach dem französischen Erfinderkoch Olivier heißt, aber ohne Thunfisch gemacht wird) auf. Erst dann kommt die Meeresfrüchteabteilung zum Zug, angeführt vom Pulpo (am liebsten galicisch auf Kartoffel mit einem Hauch Paprika) und den Calamares al la romana (frittierte Tintenfischringe).
Im Weinland Spanien trinkt man dazu natürlich ein frisches Bier, sieben von zehn Befragten ziehen die caña einem Wein vor. Die Brauervereinigung Cerveceros de España weiß auch genau, welches am häufigsten. Deren 2018er Statistik führt die Mahou-Gruppe an. Deren gleichnamiges Flaggschiff ist ein Allerweltsbier, aus dem Hause stammt auch das dünne Touristen-Gebräu San Miguel sowie das exzellente Alhambra, weshalb es auch Schuld der „guiris“sein kann, dass Mahou so weit vorne liegt.
12,3 Millionen Hektoliter produzierte das Unternehmen im Vorjahr, zwei Millionen weniger Heineken España, dem auch Cruzcampo gehört. In Andalusien unverzichtbare Hausmarke, wird es weiter nördlich eher als dem Ziegen-Urin ähnlich verspottet. An dritter Stelle folgt die katalanische Grupo Damm, mit dem süffig-bekömmlichen Estrella Damm, sodann die Hijos de Rivera mit Estrella Galicia, einem wirklichen Qualitätsbier unter den Massenprodukten. Auf Rang fünf folgen Tropical und Dorada von den Kanaren, auf dem sechsten Platz La Zaragozana mit ihrem Werk „Ambar“– für den Autor die Alternative, wenn er das Alhambra weggetrunken hat.
Im Weinland Spanien trinkt man dazu natürlich ein frisches Bier