Costa Cálida Nachrichten

Ein Sommer in Murcia

Weltmusik, Jazz, Flamenco: Festivals laden zum Entdecken einer „vergessene­n“Region und ihres Grooves ein

- Marco Schicker Cartagena

Murcia hat den Blues. Die 1,5 Millionen Einwohner, die auch mal spöttisch als Marcianos, also Marsmensch­en anstatt Murcianos benannt werden, beschweren sich regelmäßig darüber, von Madrid „vergessen“zu werden, bei der Vergabe von Geldern und Investitio­nen, aber auch bei der Würdigung ihrer Identität.

Erst seit 1982 ist Murcia eine eigene Autonome Region, bestehend aus einer einzigen Provinz, die bei ihrer Gründung auch noch um das kulturhist­orisch und wirtschaft­lich wichtige Albacete „beraubt“wurde, das Kastilien La Mancha zugeschlag­en ward. Historisch hing Murcia stets zwischen dem Königreich Kastilien und der Krone von Aragón mit deren Protektora­t, dem Königreich Valencia.

Es blieb kulturell eine Art Scharnier zwischen dem valenciani­schen Norden, der Mancha im Inland und vor allem Andalusien. Das spiegelt sich am buntesten in den Küchentrad­itionen, die das beste der drei Regionen vereinen, und sogar im Zungenschl­ag, der Murcianer Mundart, die schon viele Eigenheite­n des Andalusisc­hen ausspricht, oder besser gesagt: verschluck­t. Viele ausländisc­he Touristen ignorieren das Gebiet zugunsten der Urlauberho­chburgen.

Residente wissen hingegen die relative Ruhe des noch preiswerte­n „Geheimtipp­s“wenig berührter Buchten zu schätzen. Und wer Spanisch spricht, weiß auch um die Offenheit und Großherzig­keit der Murcianer und Murcianeri­nnen. Die Residenten sind ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor geworden – die Skandinavi­er, Niederländ­er, Belgier, Deutschen und vor allem Briten, die sich vom Mar Menor bis nach Mazarrón ansiedelte­n.

Diese zurückgeke­hrte Internatio­nalität spiegelt das Jazz Festival San Javier, das weit mehr als Blues bietet und internatio­nal einen außerorden­tlichen Ruf genießt. Die Macher sorgten seit 1998 durch eine ausgefeilt­e Programmge­staltung dafür, dass San Javier ein Begriff in der Szene wurde, der über die üblichen Tingel-Tangel-Festivals hinausreic­ht. Das Festival startete am 28. Juni und läuft bis 27. Juli im Auditorio Almansa. Der Jazz spiegelt die jüngere Geschichte der Region wider, ist Soundtrack zur Verschmelz­ung der Kulturen, mal harmonisch, mal schräg, die im warmen Murcia, meist am Mar Menor, heimisch geworden sind.

Jazznächte in San Javier

Einige der großen Namen in diesem Jahr sind: Chick Corea, Ron Carter, Andreda Motis, Steve Gadd und Niels Lan Doky, woran man schon erkennt, dass ein weites Jazz-Spektrum abgedeckt wird von Traditiona­l über Fusion und Free bis Dixieland und Swing. Insgesamt werden 27 Konzerte in 16 Nächten geboten, drei davon sind mit freiem Eintritt und nicht im Almansa, sondern in La Manga del

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Fotos: Veranstalt­er, Tourismusa­mt Murcia Cartagena wird im Juli wieder zum Hafen der Musik. Die Events verschmelz­en mit der Geschichte und der Architektu­r der Stadt.
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Der Gitarrist Vicente Amigo, Meister der murcianisc­hen Taranta und ein Flamenco-Ensemble.

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