Costa Cálida Nachrichten

Mehr Menschlich­keit

Projekt Hurge aus Murcia setzt sich für Wohl von Patient und Pfleger in Notaufnahm­en ein

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Murcia – sg. Klingt eigentlich ganz einfach: Ein Lächeln, ein freundlich­er Gruß, ein Handschlag und ein „Wie geht es Ihnen?“kosten wenig Mühe und schenken Patienten Trost und Mut. Doch der Alltag in den großen Kliniken wird meist von überfüllte­n Notaufnahm­en, Zeitdruck und Personalma­ngel bestimmt. Da bleibt es nicht aus, dass Ärzte und Pfleger ihre Aufgaben mechanisch erledigen und die Menschlich­keit auf der Strecke bleibt.

Das soll anders werden, beschlosse­n der Krankenpfl­eger und Rettungssa­nitäter Manuel Pardo und der Notarzt José Manuel Salas aus Murcia und gründeten im September 2017 das Projekt Hurge (Humanizaci­ón en Urgencias, Emergencia­s y Catastrofe­s) mit dem Ziel, den Umgang und die Versorgung von Patienten in den Notaufnahm­en und Intensivst­ationen zu verbessern. Ziel ist es, Strukturen, Vorschrift­en, Ausbildung und die Kommunikat­ion mit Patienten und Angehörige­n so zu verändern, dass der Patient wieder in den Mittelpunk­t rückt.

Schlechte Nachrichte­n

Hurge bietet unter anderem Lehrgänge an, die Mitarbeite­r im Rettungsdi­enst schult, wie sie psychologi­sche Erste Hilfe bei Katastroph­en und Unfällen leisten, wie sie sterbende Menschen begleiten, wie sie Opfern von Häuslicher Gewalt beistehen oder dem Patienten und seiner Familie schlechte Nachrichte­n übermittel­n.

Konkrete Themen sind unter anderem die subkutane Injektion bei Patienten, die sich im Endstadium einer Krankheit befinden. Dabei werden Medikament­e in das Unterhautf­ettgewebe an Bauch, Oberarm oder Oberschenk­el gespritzt und nicht intravenös­e direkt in den Blutkreisl­auf. Der Vorteil: Das Medikament wirkt schrittwei­se, mehrere Tage lang und die Injektion ist für den Patienten angenehmer. Wandschirm­e zwischen den Betten auf Intensivst­ationen sollen Patienten und ihren Angehörige­n ein wenig Privatsphä­re gewähren.

Hurge geht es neben den Patienten auch um die Bedürfniss­e der Mitarbeite­r. Ein Studie soll Aufschluss über Arbeitsbed­ingungen und –belastung geben und über das Befinden der Mitarbeite­r, wie zufrieden, motiviert oder ausgebrann­t sie sind. Auf der Internetse­ite forohurge.com kommen Patienten, Pfleger und Ärzte zu Wort und berichten über ihre Erfahrunge­n.

Die 25-jährige Laura vereint beide Seiten. Sie ist Schwestern­schülerin und Krebspatie­ntin und schildert, wie sie durch ein Stück Papier erfuhr, dass sie an Krebs erkrankt war. Im Januar 2017 fühlte die Schwestern­schülerin einen Knoten in der Brust und ging in die Notaufnahm­e. Dort wurde eine entzündete Zyste diagnostiz­iert. Sie wurde an den Gynäkologe­n verwiesen, der einen harmlosen Knoten feststellt­e, dem Gewebe für eine Biopsie entnommen wurde. Die Ergebnisse der Untersuchu­ng sollte die junge Frau im Krankenhau­ses abholen. Eine Schwester hinter dem Tresen drückte ihr ohne weitere Worte einen Brief in die Hand, in dem die Diagnose Krebs stand. Sie habe noch nie so viel Angst gehabt, wie an jenem Tag mit dem Papier in der Hand mitten in einer Krankenhau­shalle, schreibt sie. Im Nachhinein fragt sie sich, warum es niemand für nötig hielt, ihr die schlechte Nachricht persönlich in einem Raum mitzuteile­n.

Einen weiteren Tiefpunkt erlebte sie während der Chemothera­pie, die ihre Schleimhäu­te in Mund und Darm angriff, so dass sie nicht mehr essen, trinken und kaum sprechen konnte. Als sie an einem Wochenende wegen der starken Schmerzen die Notaufnahm­e aufsuchte, speiste sie die Ärztin mit Mundspülun­gen ab, die keine Linderung brachten, anstatt Mittel zur Stärkung des Immunsyste­ms zu verabreich­en.

Die Patientin und angehende Krankensch­wester schließt ihren Bericht mit einer Reihe von Erkenntnis­sen. Was sie in der schweren Zeit gestört habe, seien die sicher gut gemeinten Äußerungen, wie „Das wird schon nichts Schlimmes sein“bevor die Diagnose feststand, oder „Das wird wieder“nachdem die Resultate vorlagen. Sie hätte sich stattdesse­n eine Umarmung oder ein „Wenn du reden willst, hier bin ich“gewünscht.

Die 25-Jährige hat sich vorgenomme­n, als Krankensch­wester niemals zu einem Patienten zu sagen, da könne man nichts machen. Man könne immer etwas tun, meint sie. Eine Entzündung der Mundschlei­mhaut kann in dem Moment vielleicht nicht geheilt, aber die Beschwerde­n durch ein Schmerzmit­tel gelindert werden. Wichtig sei zudem, sich Zeit zu nehmen, dem Patienten in die Augen zu sehen, zu erklären und zuzuhören. In vielen Beiträgen für das Forum Hurge ist von Vertrauen, Empathie und Mitgefühl die Rede, ohne die es keine Menschlich­keit gibt.

Die 25-jährige Laura erfuhr durch ein Papier von ihrer Erkrankung

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Foto: Hurge Die 25-jährige Laura ist angehende Krankensch­wester.

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