Das Lieben der Anderen
50 Jahre „LGTBI-Pride“: Wie steht es um den Regenbogen der sexuellen Vielfalt an der Costa?
Gabriel weinte, ale er das fertige Buch in den Händen hielt. „Danke, dass du meine Geschichte erzählt hast“. Die Worte galten Mar Sáez, Fotografin aus Murcia, die dokumentierte, wie aus Isabel ein Er wurde. Das Fotobuch über den Geschlechtswechsel sorgte überregional für Aufsehen – auch, weil es Rathäuser wie Orihuela förderten, dieses wohlgemerkt unter einer konservativen Regierung. Es hat sich viel getan in Spanien für LGTBI, das lesbisch-schwul-transbi-und-intersexuelle Kollektiv.
Wieviel, wird um den 28. Juni deutlich. Dann ist es 50 Jahre her, dass in der New Yorker Christopher Street sich Besucher des Stonewall Inn die Gewalt-Razzien der Polizei nicht mehr gefallen ließen. Wegen der Kämpfe 1969 zelebrieren die, die anders als heterosexuell lieben, ihren „Pride“– spanisch „Orgullo“, deutsch „Stolz“.
An unserer Küste stehen Events von Cartagena bis Valencia an, wie auch in ganz Spanien, das 2005 Vorreiter in LGTBI-Rechten war. Unter Präsident José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) führte es als drittes Land der Welt die Homo-Ehe ein. Ausgerechnet das katholische Spanien.
Ein anderer Blick
Doch die Konservative scheint den Wandel akzeptiert zu haben. Als Präsident Mariano Rajoy 2015 der Hochzeit zweier Männer beiwohnte, war in der PP die Homo-Ehe angekommen. So verwundert nicht, dass Alicantes PP-Bürgermeister Luis Barcala gerade ein LGTBIStadtratsamt eingeführt hat – freilich auf Betreiben der liberalen Ciudadanos (C’s).
Als Stadt des LGTBI-Stolzes erkennt man Alicante auch an der Regenbogenfahne auf der U-BahnTreppe der Plaza de Luceros. Auf den Hogueras 2019 durfte LGTBI ebenfalls nicht fehlen, bieten sich die bunten Figuren mit den androgynen Wesen geradezu an, diverse Liebe anzudeuten, ohne selbst erzkonservativen Augen wehzutun.
Und ja – so frei, wie es scheint, drückt sich LGTBI nämlich auch in Spanien nicht aus. Das beklagte die große Fest-Figur am Rathaus, in der es darum ging, eine „otra mirada“, also einen „anderen Blick“zu entwickeln. Augen mit Liebe und Toleranz statt mit Hass und Verachtung forderte ein Schild unter zwei nackten, sich küssenden Feen.
LGTBI-Phobie sei real, beklagt in Valencia das Institut Diversitat. Fälle wie der Angriff auf ein Homo-Paar am Pool im April in Santa Pola, wobei ein Opfer bewusstlos ins Krankenhaus kam, seien das eine, sagt José Luis Más, Direktor des Festivals „Diversa“in Elche. Schwerer wögen jedoch verdeckte Formen wie Mobbing an Schulen.
„Das ist weiter Alltag“. Das just zum zehnten Mal ausgetragene Kulturevent behandelt immer auch unterschwellige Diskriminierung. 2019 sprach der Verein 26 de Diciembre, der für den Tag steht, an dem Homosexualität 1978 aufhörte, in Spanien kriminell zu sein, über Mobbing gegen LGTBI-Senioren.
Es ging um ein geplantes Altersheim in Madrid – nicht nur für Homos und Co., auch für Heterosexuelle – mit Seniorenbetreuung, die zärtlicher sei als in heutigen „Gefängnissen“, wie Vorsitzender Federico Armenteros sagte. LGTBI wird ja nachgesagt, besonders feinfühlig zu sein. Aber ist diese Mutmaßung nicht schon homophob?
Intimer als Sex
Gegen Schubladendenken sträuben sich immer mehr Mitglieder des Kollektivs. Etwa Autor José Luis Serrano, den die CBN bei „Diversa“2018 traf. In seinen Romanen verschwimmen Grenzen zwischen LGTBI und Hetero. „Hetero-Identität ist sehr brüchig“, so Serrano. „Etiketten helfen, etwa im Kampf für Menschenrechte. Aber sie verkürzen auch, grenzen ein. Man muss sie ablegen können“. Ähnlich argumentiert Mar Sáez, die