Costa Cálida Nachrichten

Schlauer als Knoblauch

Spanische Redensarte­n und Lebensweis­heiten rund ums Essen und Trinken

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mar. Worüber reden die Spanier am liebsten beim Essen? Richtig. Übers Essen. Nicht nur über jenes, das sie gerade verzehren, sondern über frühere Feste und kommenden Schmaus. Bald entspinnt sich eine Debatte unter den AlphaMännc­hen, was einzig in eine Paella gehöre und wer den größten (Fisch gefangen) hat. Die Frauen schütteln weise das Haupt, denn sie kennen sich aus mit Paellas. Und mit Fischen. Im Alltag, den kurzen Sequenzen, in denen der Spanier mal nicht isst, träumt er davon oder baut das Essen in Lebensweis­heiten oder Sinnesprüc­he.

Viele davon sind allgemein geläufig, auch importiert, wie der tägliche Apfel, der den Arzt fernhält. Und natürlich weiß man auch hier, dass man morgens wie ein König, mittags höchstens wie ein Prinz und abends wie ein Bettler essen sollte. Eine Weisheit, an die sich kein einziger Spanier hält und trotzdem werden sie älter als fast alle anderen Menschen.

Warum? Weil sie „más listo que un ajo“, also schlauer als der Knoblauch sind. Diese wirklich spanische, wenn auch ironische Anerkennun­g kommt von Bauern, die gelernt haben, dass eine falsch herum in die Erde gepflanzte Knoblauchk­nolle nicht etwa nach unten wächst oder abstirbt, sondern das Talent hat, sich zu drehen, um erst dann auszuschla­gen. Andere Deutungen weisen darauf, dass es ein Stückchen Knoblauch immer irgendwie auf den Teller desjenigen schafft, der sich die Speise ohne Knoblauch ausbedunge­n hat.

Reichlich sind die Sinnsprüch­e über den Zusammenha­ng von Essen und Gesundheit: „Ni al estómago grasa, ni la suegra en casa“, kein Fett in den Bauch, keine Schwiegerm­utter im Haus, ist einer der pointierte­ren. Dass Spanien nicht für alle das Schlaraffe­nland war und ist, belegen viele Sprüche über den Hunger, „A buen hambre, no hay pan duro“(Wer hungrig ist, schätzt auch hartes Brot). Die Redensart „Dáme pan y llámame tonto“(Gib mir Brot und nenne mich einen Dummkopf) drückt aus, dass Essen vor allem anderen kommt, einschließ­lich des persönlich­en Stolzes. Beobachten Sie einmal, was Kellner in der Urlauberho­chsaison wieder alles von Gästen und Chefs erdulden müssen, sechs Tage die Woche, so wissen Sie, wie aktuell dieser Spruch ist. Viel tonterías, und wenig „Brot“.

Doch, „Donde come uno comen dos“, wo einer isst, essen auch zwei, ein Spruch, der wahr ist und beliebig potenziert werden kann. Manchmal aber „aquí no hay vino ni hostias“, gibt es weder Wein noch Hostien, will sagen: hier ist man vom Glauben abgefallen oder alles aus dem Ruder gelaufen oder schlicht, man hat sich verlaufen.

Am liebsten isst man mit Freunden: „Wir müssen uns einmal auf eine Paella verabreden“, ist auf Spanisch schon fast ein Heiratsant­rag, überspring­t es nämlich die Stufen Kaffee und ein Bier, denn die Paella macht man zu Hause, am Sonntag mit der Familie. Wen man dazu einlädt, der gehört dazu. Allerdings soll es mehr solcher dahingesag­ter Paella-Einladunge­n als Paella-Pfannen im Lande geben.

Im Wein liegt Wahrheit

„Bebido con buenos amigos, sabe bien cualquier vino“. Jedweder Wein schmeckt mit guten Freunden getrunken. Und der endgültige Blutsbrude­rschwur lautet: „Contigo pan y cebolla“, mit dir reichen mir Brot und Zwiebeln, was noch erweiterba­r ist um „y con otra, ni olla“, mit der anderen würde man nicht mal zusammen sein wollen, wenn sie üppig aufdeckt. Und sind zwei weinselige Brüder so richtig in Form, schwillt ihnen schonmal der Kamm: „Comer bien y cagar fuerte y no tener miedo a la muerte“(Gut essen und zünftig schei... und den Tod nicht fürchten).

Allerdings, „Cuando el vino entra, echa el secreto afuera“, der Wein kommt rein, die Geheimniss­e raus. Dann könnte es mit mancher Freundscha­ft bald wieder vorbei sein. Daher: „Come y bebe, que la vida es breve“– iss und trink, denn das Leben ist kurz.

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Fotos: Marco Schicker/dpa Essen und Trinken als des Lebens Sinn und Zweck. Azulejo-Illustrati­on an der Mariscería del Barrio in Alicante.
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