Bedrohter Strand
Greenpeace-Studie: Playa de la Cola in Águilas gehört zu den zehn am meisten gefährdeten Küstenabschnitten Spaniens
Murcia – sg. Die Küste der Region Murcia ist längst wieder in den Fokus der Baubranche gerückt. Mit der Wirtschaft geht es bergauf, und der Tourismus ist eine der wichtigsten Einnahmesäulen. Die Region brauche mehr Hotels und Ferienapartments, verkündete die Generalsekretärin im Landesverkehrsministerium, Yolanda Muñoz (PP), der Zeitung „La Verdad“. Das Angebot müsse der Nachfrage angepasst werden, nicht nur was die Anzahl der Betten betreffe, sonder auch die Lage. Hotels am Meer seien eben attraktiver als weiter im Landesinneren.
Der Bau soll durch eine Änderung der Küsten-Richtlinien gefördert werden. Demnach sind Landbesitzer weiterhin verpflichtet, 25 Prozent ihres Grundstückes für die touristische Nutzung zur Verfügung zu stellen. Diese Teilgebiete sollen aber nicht mehr wie bisher nördlich der kostenpflichtigen Autobahn AP-7 ausgewiesen werden, sondern an der Küste. Ein zusätzlicher Anreiz für Hotelbauer soll durch die Erhöhung der Bebaubarkeit um 20 Prozent geschaffen werden. Von den Neuregelungen sind die Küstenabschnitte in Águilas, Lorca, Mazarrón, Cartagena, Los Alcázares, San Javier und San Pedro del Pinatar betroffen.
Todesurteil für Naturbuchten
Auch die Konstruktion in der Nähe von Überschwemmungsgebieten soll neu geregelt werden. Demnach ist ein Gutachten des für Trockenflüsse zuständigen Wasserwirtschaftsamtes Segura (CHS) notwendig. Bis jetzt galt, dass auf je 100 Metern von beiden Seiten eines Trockenflusses vorsichtshalber nicht gebaut werden darf.
Die grüne Partei Equo kritisierte das Vorhaben der Landesregierung von Murcia und sprach von einem Todesurteil für die wenigen fast unberührten Küstenabschnitte der Region. Equo befürchtet, dass Riesenprojekte wie der Bau einer Ferienstadt mit tausenden Wohnungen sowie Golfplätzen in Marina de Cope an der Küste von Águilas neu aufgelegt werden könnten.
Als Beispiel für die Bedrohung durch massive Bebauung nannte Equo die Playa de la Cola in Calabardina in Águilas. Dort sollen 2.313 neue Ferienwohnungen entstehen, die sich laut einem Modell über 30 fünfstöckige Wohnblöcke und mehrere kleine Komplexe verteilen. Hinzu kommen 3.484 Parkplätze.
Die Umweltorganisation Greenpeace führt die Playa de la Cola in ihrem kürzlich vorgelegten Jahresbericht „A toda Costa 2019“als einen der zehn am meisten bedrohten Strände des Landes auf. In der Studie geht es um den Zustand der Naturgebiete an Spaniens Küsten nach dem Bauboom der vergangenen Jahrzehnte.
Sollten die Pläne an der Playa La Cola endgültig genehmigt und die ersten Baumaschinen wie vorgesehen 2020 anrücken, könnte ökologisch wertvolles Gebiet zerstört werden
Das Land, das wie eine karge Steppe aussieht, zeichnet sich nach Angaben der Umweltgruppe Ecologistas en Acción durch eine reichhaltige Artenvielfalt aus. Strandflieder, Baumschlingen, mediterrane Galeriewälder, bedrohte Vogelarten wie der Heckensänger, der Wüstentrompeter oder die Brillengrasmücke und auch die maurische Landschildkröte würden ihren Lebensraum verlieren.
Ecologistas en Acción kündigte bereits gerichtliche Schritte gegen das Bauvorhaben an. Nach Ansicht der Umweltschützer fehlt ein Umweltgutachten, das für Projekte dieser Größenordnung gesetzlich vorgeschrieben sei. Zudem sei die Wasserversorgung nicht geklärt, da die Zustimmung des zuständigen Wasserwirtschaftsamtes des Río Segura (CHS) fehle. Nach Angaben von Greenpeace sind 12,6 Prozent der Küste der Region Murcia bereits bebaut. 14,6 Prozent der Naturgebiete sind gefährdet, da sie nicht geschützt sind. Das entspricht einer Fläche von 157 Quadratkilometern.
In dem Bericht „A toda Costa“weist Greenpeace darauf hin, dass die Küste nicht nur durch das Bauprojekt an der Playa de la Cola bedroht wird. Das 1995 initiierte Projekt Princesa-Atamariá in Cartagena sieht den Bau von 44 Häusern und einem Hotel mit über 1.000 Betten in einem ökologisch wertvollen Waldgebiet aus Sandarakbäumen an der Grenze zum Regionalpark Calblanque vor. Bisher fielen in den vergangenen 15 Jahren sämtliche Umweltgutachten negativ aus.
Eine weitere Bedrohung stellt das Projekt Novo Carthago mit 6.000 Wohnungen und einem Golfplatz am Mar Menor in Cartagena dar. Das Vorhaben wurde 2003 ins Leben gerufen und ist heute wegen Korruption ein Fall für das Gericht. Hier wurde Schutzgebiet illegal in Bauland umgewandelt.
Es sei dringend nötig, die Ökosysteme anzuerkennen und unter Schutz zu stellen, bevor sie beschädigt oder zerstört werden, sagte die Leiterin der Küsten-Kampagne bei Greenpeace, Paloma Nuche. Neben La Cola steht auch die Cala Mosca in Orihuela in der Nachbarprovinz Alicante auf der Roten Liste von Greenpeace, genauso wie Strände auf Mallorca, den Kanaren, in Cádiz, Barcelona und im Norden Spaniens.
14,6 Prozent der Naturstrände von Murcia sind nicht geschützt