Aus Fehlern lernen
Andere Länder, andere Sitten: Lisa Graf-Riemannon erzählt von Pünktlichkeit, siezen und Auto zerkratzen
Finestrat – ste. Wie wird man eigentlich zur Fettnäpfchen-Autorin und wie lassen sie unangenehme Situationen vermeiden? Das wollte die CCN von Lisa GrafRiemann wissen. Im Interview verriet sie, in welche Fallen auch sie schon getreten ist.
CCN: Was hat Sie dazu gebracht, Fettnäpfchen-Autorin zu werden?
Graf-Riemann: Ich habe schon sehr lange als Autorin für Sprachführer gearbeitet und habe auch Kurse an der Volkshochschule gegeben. Dabei fiel mir auf, dass kulturelle Themen und auch Missverständnisse sehr beliebt unter Spanien-Interessenten sind. Immer wenn ich in meinen Kursen darüber gesprochen habe, war die Aufmerksamkeit besonders groß, schließlich möchte ja niemand etwas falsch machen. Gleichzeitig haben mir aber auch viele Schüler von verschiedenen Situationen aus Spanien berichtet, wobei sie meine Meinung oder auch Hilfestellungen hören wollten. Deswegen wollte ich gerne die besonders beliebten Ereignisse festhalten.
Welche Geschichten kamen unter Ihren Schülern besonders häufig vor?
Viele waren natürlich sprachlicher Natur. Mir fällt jetzt spontan eine Schülerin ein, die in einem Luxushotel in Madrid einen frisch gepressten Orangensaft haben wollte. Sie hat daraufhin immer wieder nach einem „Zumo fresco“gefragt, woraufhin sie dann einen eisgekühlten Saft bekam. Das richtige Wort wäre „natural“gewesen. Sprachkenntnisse sind hier schon das A und O. Ansonsten höre ich immer wieder, dass die Begrüßung ein Problem ist: Einfach „Hallo“sagen, Hand geben, Drücken oder gar küssen? Viele Deutsche sind dabei im ersten Moment überfordert, weil wir einfach ein viel größeres Bedürfnis nach Distanz haben. Die Spanier verstehen diese Distanz aber als Zurückweisung und fühlen sich dann unwohl in der Situation.
Wann läuft die Kommunikation am häufigsten schief?
Ein ganz klassisches Beispiel für eine gescheiterte Kommunikation zwischen Deutschen und Spaniern ist sicherlich das Zeitempfinden. In Deutschland kommen wir lieber ein paar Minuten zu früh als zu spät. Hier wäre es eher unhöflich, genau zur angegebenen Zeit zu kommen, weil einfach jeder damit rechnet, dass bei einer Einladung für 19 Uhr die ersten Gäste frühestens um 19.15 auf der Matte stehen. Wenn ein Deutscher dann schon um 18.59 Uhr kommt, ist es nicht unwahrscheinlich, die Gastgeberin noch mit nassen Haaren anzutreffen.
Und was ist noch zu beachten?
Ein weiterer Punkt ist der Unterschied zwischen Tú und Usted. Es wird sogar vermutet, dass das Usted hier in Spanien in ein paar Jahren sogar aussterben könnte, sodass es dann nur noch ein Tú gibt, das wie das englische You verwendet wird. Wer einen Spanier siezt, wird bestimmt häufig irritierte Reaktionen erhalten, weil man das einfach nur in wirklichen Ausnahme-Fällen macht. Natürlich verschwinden solche Missverständnisse nach und nach weniger, wenn jemand eine Weile im Land lebt.