Entsetzt über Diktator-Verehrung
Historiker kritisieren Pilgerstätte an Francos Grab – Nuntius mischt sich in Debatte ein
Madrid – ck. „Das ist unglaublich. In meinem Land wäre es undenkbar, jemandem neben einem Grab Hitlers beten zu sehen“, zitiert die Zeitung „El País“die deutsche Historikerin Astrid Schmetterling. Sie ist eine der 1.500 Experten, die in Madrid am Weltkongress für Historische Erinnerung teilgenommen haben. Etwa 30 von ihnen besuchten das Valle de los Caídos und trafen am blumengeschmückten Grab des Diktators Francisco Franco auf eine Hochzeit. Das Paar gab sich das Ja-Wort, andere beteten andächtig – das Franco-Grab als öffentlicher Pilgerort.
Vergeblich die Versuche der Regierung Pedro Sánchez, die Gebeine umzubetten und das Tal der Gefallenen zu einem Mahnmal für alle Opfer zu machen. Nun hat sich zum Widerstand der Familie Franco, der Rechtspopulisten von Vox und den Benediktiner-Mönchen, die die Kapelle und Gruft verwalten, noch der Nuntius des Vatikan gesellt. Der 75-jährige Renzo Fratini zog sich nach zehn Jahren als Papstbotschafter in Madrid zurück und warf den Sozialisten vor, sie hätten Franco wieder zum Leben erweckt, statt ihn zu lassen, wo er war. Als gäbe es nicht schon genug Probleme. Die amtierende Regierung beschwerte sich am Montag offiziell beim Vatikan für diese „unzulässige Einmischung“.
Völliges Unverständnis
Auch eine argentinische Historikerin war angesichts der Hommage an Franco im Valle de los Caídos entsetzt: „Es ist erstaunlich, dass die Leute in Spanien so offen ihren Faschismus zeigen.“Beim Kongress ging es um den Völkermord in Ruanda, es ging um Kambodscha, um Argentinien. „Versöhnung heißt, dass wir heute alle in einer Gesellschaft mit den gleichen Gesetzen leben und uns respektieren“, sagte Paul Rukesha aus Ruanda. Die Ehrungen des Diktators Franco stießen auf völliges Unverständnis.