Bürgermeister sorgt für dicke Luft
Ärger um Madrid Central – Autofahren in verkehrsberuhigter Innenstadt ab jetzt straffrei
Madrid – ck. Demonstrationen bei 40 Grad Celsius, Proteste von Greenpeace, Kritik der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – nichts hat den Bürgermeister Madrids, José Luis Martínez-Almeida (PP), bewegen können, die verkehrsberuhigte Zone in der Innenstadt, Madrid Central, so zu erhalten, wie sie seine Vorgängerin, Manuela Carmena, in Betrieb genommen hat. Seit Montag können wieder Autos herumfahren, die Stadt hat die Strafen ausgesetzt.
Nun hängt alles vom Umweltbewusstsein der Madrider ab. Almeida hat den Forderungen von Vox nachgegeben. Die Rechtspopulisten hatten die Abschaffung von Madrid Central auf ihre Fahnen geschrieben, obwohl die Stadt immer wieder gegen die Richtlinien der EU und der WHO verstieß. Besonders eindrückliches Beispiel war die konservative Bürgermeisterin Ana Botella, Gattin von ExRegierungschef José María Aznar, die die Luftmessungen aussetzte, wenn die Werte zu schlecht waren.
„Zehntausende vorzeitige Todesfälle gehen auf Luftverschmutzung zurück. Jeder Bürgermeister muss daran denken, diese Rate zu senken. Aber auch jeder Einzelne muss politischen Druck ausüben und sich verantwortlich verhalten“, sagte María Neira, Verantwortliche für Gesundheit und Umwelt bei der WHO, dem TV-Sender La Sexta.
93.000 Todesfälle wegen Luft
Cristina Linares, Wissenschaftlerin an der Staatlichen Schule für Gesundheit, hat im ganzen Land 93.000 vorzeitige Todesfälle in zehn Jahren auf die mangelnde Luftqualität zurückgeführt. Sie bedauert, dass Almeida langfristige Messungen in der Innenstadt zunichte gemacht habe, um zu wissen, ob die Verkehrsberuhigung funktioniere. Madrid Central umfasst fünf Quadratkilometer. Lächerlich im Vergleich zu London mit 90 Quadratkilometern.
Dass der Bürgermeister die Strafen per Moratorium nur ausgesetzt hat, könnte bedeuten, dass es ein Zurück gibt. Die Luftqualität hatte sich im ersten Quartal verbessert. Am Montag stieg der Wert für Stickstoffdioxid bis zum Limit. „Spanien verstößt gegen die Vorgaben der EU für saubere Luft. Wenn Madrid Central rückgängig gemacht wird, wird die EU voraussichtlich Sanktionen gegen Spanien verhängen“, sagte Linares.