Im Auf und Ab der Wellen
Flauten, hohe Wellen und Sturm: El Campellos Fischereigenossenschaft feiert ihr 100-jähriges Bestehen
Später Nachmittag am östlichen Ende der Playa Carrerlamar in El Campello. Während ein paar Rentner auf den Petanca-Bahnen am Strand eine treffsichere Kugel schieben, tuckert ein Fischkutter nach dem anderen an die Mole, um seinen Fang für die tägliche Fischversteigerung auszuladen.
Jetzt kommt Leben in die bis dahin vor sich hin dösende Lonja. In ihrem Innern finden sich immer mehr Leute ein – neugierige Touristen, Restaurantbesitzer oder Privatleute auf der Suche nach frischem Fisch für’s Abendessen. Hinten reichen die Fischer kistenweise boquerones, salmonetes, pulpos, lenguadinas und andere Fische aufs Festland.
Nach dem siebten Fischerboot ist Schluss. Mehr sind es heute, genau 100 Jahre nach der Gründung der Fischereigenossenschaft, der Cofradía de Pescadores, von El Campello, nicht mehr. Längst vorbei sind die Zeiten, in denen hier rund 200 Schiffe mit 1.000 Seemännern ankerten, wie der „Geografía General del Reino de Valencia“von 1910 zu entnehmen ist. 1920 soll El Campello laut dem Jahresbericht des Fischfangs sogar die „größte Holzflotte des spanischen Mittelmeers“besessen haben. Die Segelboote fuhren vor allem in das Gebiet zwischen Westsahara und Kanaren, das sich durch einen reichen Fischbestand auszeichnet.
Im Schatten Alicantes
Die größte Flotte des Küstenorts liegt heute im Sporthafen jenseits der Lonja: Jachten, Schollen, Freizeitsegler. „El Campello hat immer schon ein Problem gehabt, wir hatten noch nie einen richtigen Hafen“, erläutert José Antonio Soler, Sekretär der Cofradía und unterhaltsamer Moderator der öffentlichen Fischversteigerung. Aus historischen Dokumenten hat Soler erfahren, dass El Campello 1914 die Einrichtung eines Not- oder Schutzhafens beantragte. „Er wurde nicht genehmigt, weil kein Geld da war – und weil es mit Alicante einen Hafen ganz in der Nähe gab“, erklärt der Sekretär. „Die Fischer in Villajoyosa hatten mehr Glück, weil sie weiter weg waren. Der Einfluss Alicantes hat uns schon immer vieles vermasselt.“
Trotzdem herrschte so reges Fischertreiben in El Campello, dass am 10. April 1919 in einem Ambiente „großer Euphorie in der Fischerfamilie“die Sociedad Pósito Pescador de Campello gegründet wurde, unter dem Vorsitz von José Carratalá Baeza und dem Schreiner Luis Such Gregori als Sekretär. Laut der Historikerin Julia Pere García i Soler, die die 100-jährige Geschichte der Cofradía aufgeschrieben hat, traten gleich 210 Mitglieder in die Genossenschaft ein.
Schon ein Jahr später, mit über 90 registrierten Booten, richtete die Sociedad einen eigenen medizinischen Dienst und eine Apotheke für ihre Mitglieder und deren Familien ein, im Januar 1921 öffnete auch die Escola del Pòsit, in der Fischerkinder in Schichten unterrichtet wurden: „vor- und nachmittags die Kleinen, nachts die Älteren, die arbeiteten“, so die Historikerin. 1921 folgt ein Sozialzentrum im Carrer Sant Vicent, während der Vorsitzende beklagt, dass