Mit Corona in den Sommer
Urlaubssaison startet an Mittelmeerküste – Rückfälle und Covid-19.Erkrankungen in Valencia und Málaga in den Schlagzeilen
Finestrat – sk. Die neue Normalität breitet sich seit Sonntag in Spanien aus. Die Urlaubsorte an der Costa del Sol, der Costa Cálida und der Costa Blanca und ihre Strände und Buchten füllen sich täglich mehr. Der erste Schwung Touristen vergangenes Wochenende stammte meistens noch aus der Region. So dehnten vor allem Valencianer an den Stränden Dénia oder Culleras für das Gebot des Mindestabstands bis an die Toleranzgrenze und sorgten abends für Staus. Wochenendurlauber und Familien sah man auch an den Stränden von La Manga oder am Cabo de Palos, die Stadtregierung in Águilas berichtet von Residenten aus Almería und Granada, die ihre Zweitwohnungen im murcianianischen Badeort aufsuchten. Die in Kraft getretene Reisefreiheit und die Bewegungsfreiheit in ganz Spanien dürfte sich erst ab kommenden Wochenende an der Küste so richtig bemerkbar machen.
Die längste Nacht des Sommers brachte viele Spanier vom Dienstag auf Mittwoch erstmal auf den Boden der Tatsachen zurück.
Der traditionelle Wellen-Hopser in der Brandung scheiterte in der San-Juan-Nacht, weil die Gemeinden die Strände wegen der Coronavirus-Gefahr gesperrt hatten. Nur wenige Rathäuser machten Ausnahmen wie Jávea, wo kleine Grüppchen zumindest zu Abendessen durften.
Am nächsten Morgen berichteten Radio und Zeitungen über Feuerwehreinsätze wegen zahlreicher Lagerfeuer, die nicht an den Stränden, sondern anderswo gezündet wurden. Ein Intelligenzbolzen in Katalonien laut Berichten der Feuerwehr angeblich im eigenen Haus. Ferner berichteten Meteorologen, dass die längste Nacht des Jahres faktisch bereits am 21. Juni stattfand und damit also mit dem Eintritt in die neue Normalität zusammenfiel. Ein harter Schlag für eine so magische Nacht wie San Juan, vor allem in Alicante.
Und das Coronavirus? Es ist natürlich nicht verschwunden. Die aktuell 36 und bisher zwölf kontrollierten Ausbrüche fanden meist im Umfeld der Feld- und Zeitarbeiter, der Lebensmittelindustrie sowie der Gesundheitszentren und Seniorenresidenzen statt. Sorgen machen sich Experten um eine weitere Gruppe, nämlich die der Jugendlichen von 15 bis 25 Jahren. Von denen stecken noch rund 40.000 im Prüfungsstress für die
Aufnahme in die Hochschule. Mit dem Ende der Prüfungen um den 10. Juli kommt meist Feierlaune auf. Auf Präventionsmaßnahmen gegen das Coronavirus wie der Mindestabstand oder das Tragen von Atemschutzmasken achten viele in ihrem jugendlichen Leichtsinn dann nicht mehr so genau. Von jungen Menschen könnte mit die größte Gefahr für einen zweiten Ausbruch der Corona-Epidemie Ende Juli ausgehen, befürchten Experten.
Derweil pochen touristische Gebiete wie etwa die Costa del Sol darauf, sich kurz- und mittelfristig als sichere Urlaubsziele zu präsentieren und auf Digitalisierung zu setzen. Málaga etwa setzt neben dem Strand- und Sonnentourismus auf Messen und auf eine Ankurbelung des Bausektors. Landesregierung, Provinz und Stadt schmieden an Plänen, um der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen.
San-Juan-Feste verlagern sich vom Strand in Peripherie
Sichere Urlaubsziele
Bürgermeister Francisco de la Torre hat wegen des Tourismus das Ziel Ansteckungsrate Null herausgegeben. „Málaga steht sehr gut da. Wir werden die Null erreichen“, sagte er. Das soll gewissermaßen das Logo „Málaga, safe for you“suggerieren, das an Protokoll Hygiene- und Covid-19-Präventionsplänen geknüpft ist.
Die Entwicklung im Auffanglager für Immigranten beim Roten Kreuz in Málaga dürften den Optimismus des Stadtoberhaupts etwas gebremst haben. Von dort meldet die andalusischen Landesregierung am Donnerstag 80 Infizierte. Die
Situation sei aber inzwischen unter Kontrolle.
Die vollen Strände, bunten Sonnenschirme und das unbeschwerte Treiben können nicht darüber hinwegtäuschen, dass offiziellen Erhebungen zufolge fast 290 Malagueños an Covid-19 starben und über 2.850 daran erkrankten. Derzeit liegt Arbeitslosigkeit bei 190.000 und damit um 50.000 höher als vor einem Jahr. Über 7.000 Firmen weniger als im Mai 2019 operieren in der Provinz, in der 27.000 Menschen während des Notstands die Hilfe des katholischen Hilfswerks Karitas in Anspruch nehmen mussten, fast die Hälfte davon zum ersten Mal. Die Hilfsorganisation Oxfam warnte am Dienstag, dass die Pandemie 700.000 Spanier zusätzlich in die Armut treiben könnte, von der dann fast elf Millionen oder 23,1 Prozent der Bevölkerung betroffen sein könnten. Keine andere Region soll bald so von Armut und sozialen Ungleichheit betroffen sein wie Andalusien, so Oxfam.
Soziale Not und Infektionen
Die soziale Not erhöht auch die Anfälligkeit für das Virus. Die Ausbrüche in Aragón siedeln die Gesundheitsbehörden im Umfeld der Abbruchsiedlungen der Agrarindustrie an, wo bis zu zehn Wanderarbeiter in Behausungen gepfercht werden, in denen keine drei leben sollten. Der jüngste Fall in Murcia mit 16 Angesteckten in der Hauptstadt der Region und Cartagena hängt mit drei bolivianischen Einwanderern zusammen, wegen denen inzwischen 60 Menschen, die mit ihnen Kontakt hatten, sich in Quarantäne begeben mussten.
Am Mittwoch meldete die Gewerkschaft CCOO einen Ausbruch in einer Fleischwarenfabrik in Rafelbunyol in Valencia mit sechs Infizierten. Dort verarbeiten 530 Angestellte Hühner- und Kaninchenfleisch. Das kommt der Region Valencia keineswegs gelegen, da sie sich auch mit niedrigen Zahlen als Urlaubsziel profilieren möchte und in der vergangenen Woche nur 39 neue Covid-19-Fälle in ihren 542 Orten zu vermelden hatte. .An der Costa Blanca hat man seit 21. Juni nur in Alicante, Novelda, Alcoy, El Campello, Benidorm, Elda und Elche neue Fälle erfasst, in Torrevieja verstarb vergangene Woche ein Patient an Covid-19.
Madrid sieht derweil weder „kurz- noch mittelfristig“einen Grund, die Zügel in die Hand zu nehmen und abermals ein Notstandsdekret zu verhängen. Selbst die harschen Rückschläge in der Region Aragonien, wo wegen eines Ausbruchs unter derzeit bereits 110 Feldarbeitern vier Landkreise wieder aus der neuen Normalität zurück in die Phase 2 des Deeskalationplans gekehrt sind, ändern an der Haltung nichts. Man verfüge über die Mittel, die Ausbrüche lokal zu begrenzen und zu kontrollieren. „Die Evolution des Virus verläuft wie vorgesehen“, sagte die Regierungssprecherin María Jesús Montero im Anschluss an die Kabinettssitzung
vom Dienstag.
Unweit von Huesca, dem Zentrum des größten Ausbruchs, hat die Pandemie 18 Bewohner einer Seniorenresidenz in der katalanischen Lérida erfasst. Dort machten die Gesundheitsexperten bisher die Beobachtung, dass das Coronavirus
nicht mehr ganz so grausam wütet wie im März.
„Wir wissen nicht, ob die Trockenheit oder die Temperatur uns zugute kommt und das Virus sich weniger verbreitet oder nicht mehr so aggressiv verhält. Wir wissen auch nicht, ob es einen Einfluss auf die Wucht des Virus hat, dass wir die Schutzanzüge besser nutzen, die Gesellschaft den Mindestabstand einhält und eine Maske trägt. Falls es aber wieder losgehen sollte, wird die Situation eine ganz andere sein, auch weil wir viel früher wissen, dass das Virus zirkuliert und beim geringsten Symptom testen können“, sagte Antoni Trilla, Virologe von Universität Barcelona. Mathematiker haben errechnet, dass Händewaschen, Sicherheitsabstand und Atemschutzmasken das Ansteckungsrisiko um 50 Prozent reduzieren können.
Relativ hoch dürfte dieses Risiko vergangenes Wochenende an einigen den Stränden der Costa Blanca gewesen sein. Sonnenschirm reihte sich an Sonnenschirm. Zeitungen berichteten von einer „systematischen Verletzung des Mindestabstands“. Unter der Woche bot sich dann bereits ein anderes Bild. So viele Touristen sind am ersten Wochenende dann doch noch nicht gekommen, vielmehr handelte es sich um eine erste Welle von Kurzurlaubern, die über die Strände hereinbrach.
Trotzdem beschränkt Dénia den Zugang zur Cova Tallada. Nur nach Anmeldung und mit Maske darf die Höhle besucht werden. Jávea will gegen das Parkchaos in den Buchten einschreiten und die Granadella, Portitxol und Ambolo für Privatfahrzeuge sperren. Calp kündigte den Einsatz von Sicherheitspersonal an belebten Stränden wie etwa dem Fossa an. Überall bemühen sich die Städte, den Urlaubern ein Gefühl von Sicherheit und Ordnung zu vermitteln.
Der deutsche Außenminister Heiko Maas hat bei seinem Besuch in Valencia am Dienstag Spanien auch als ein sicheres Reiseziel ausgemacht. Als eines der Kriterien für ein sicheres Ziel führte er die Bereitschaft Spaniens auf, bei einer Rate von Neuansteckungen von 50 neuen Fällen bei 100.000 Infektionen zu intervenieren.
Maas hält Spanien für sicher
Derzeit verzeichnet das spanische Gesundheitsministerium 3,73 Fälle in dieser Erhebungskategorie, was sich insgesamt 1.787 mittels PCRTest erfassten Neuansteckungen in den vergangenen sieben Tagen im ganzen Land niederschlägt. Den jüngsten Zahlen zufolge zählte das Gesundheitsministerium 247.086 Sars-Cov-2-Infizierte. Demnach verstarben bis 24. Juni 28.327 an Covid-19 und 150.376 konnten inzwischen gesundgeschrieben werden. Verzeichnete verzeichnete derweil 1,22 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner und 61 insgesamt binnen sieben Tagen. Derzeit erfasst 11.501 erfasste Covid-19Fälle, Fälle und 1.432 Todesopfer.
Zeitungen berichteten von „systematischer Verletzung des Mindestabstands“