Ein „kläglicher“Beitrag
Tourismus-Förderplan der Regierung stößt auf Kritik der Branche
Madrid – tl. Eigens sechs seiner Minister zitierte Regierungschef Pedro Sánchez in den Moncloa-Palast, um vollmundig einen Förderplan für den infolge der Coronakrise geschädigten Tourismus vorzustellen: 28 Einzelmaßnahmen mit einem Volumen von 4,26 Milliarden Euro, um „den Wandel zu einem nachhaltigeren Tourismus-Modell zu beschleunigen“, wie Sánchez betonte. Die Tourismusbranche reagierte mit Eiseskälte. Regierung und Wirtschaft scheint eine tiefe Kluft zu trennen.
Von vier Milliarden Euro, die Sánchez für den Tourismus bereitstellen wird, sollen 2,5 Milliarden Euro über das Staatliche Kreditinstitut ICO als Liquiditätshilfen dienen. Das Urteil der Branche fiel vernichtend aus, wie eine Umfrage der Wirtschaftszeitung „CincoDías“ergab. „Die ICO-Bürgschaften um 2,5 Milliarden zu erhöhen, erscheint uns angesichts zu erwartender Verluste in Höhe von 83 Milliarden mehr als kläglich“, äußerte der Vize-Präsident der Tourismus-Lobby Exceltur, José Luis Zoreda. Exceltur kritisiert, dass sich die Regierung noch nicht zu einer Gutschein-Lösung für ausgefallene Reisen durchgerungen habe. Wenn den Kunden die Gelder erstattet werden müssen, so Zoreda, „wird das für die TourismusUnternehmen die Pleite bedeuten“.
Gleichwohl will Zoreda nicht grundsätzlich den Stab über den Regierungsplan brechen: „Wir hoffen, dass es nur ein erstes Kapitel in einer Serie von Hilfen darstellt.“Auch setze man Hoffnung ins 750 Milliarden Euro schwere Wiederaufbauprogramm der EU. Schließlich
seien 25 Prozent für Tourismus und Transport vorgesehen.
Ferner klagt die Branche, dass einige ihrer zentralen Forderungen in dem Plan nicht enthalten sind.
Darunter die Reduzierung der Mehrwertsteuer (IVA), mehr direkte Finanzhilfe anstelle von Krediten und die Verlängerung der Kurzarbeit (ERTE). Zwar wird zwischen Regierung und Sozialpartner über die Verlängerung verhandelt, doch eine Einigung steht noch aus. Auch der Vorsitzende der Vereinigung der Reiseagenturen (CEAV), Carlos Garrido, betonte, „dass viele Agenturen schließen müssten, wenn die Kurzarbeit nicht bis zum Frühjahr 2021 verlängert wird“. Garrido plädierte ebenfalls für die Gutschein-Lösung für in der Coronakrise ausgefallene Reisen. Der Vorsitzende der Vereinigung der Hotels und TourismusUnterkünfte, Jorge Marichal, vermisst Maßnahmen zur Förderung des nationalen Tourismus, um den Ausfall an ausländischen Urlaubern zu kompensieren. „Bislang haben lediglich 27 Prozent der
Spanier vor, in den Ferien zu verreisen“, berief sich Marichal auf Umfragen. Davon würden viele auch nicht ins Hotel gehen, weil sie eine Ferienwohnung besäßen.
28 Prozent in der Kurzarbeit
Sektor plädiert für eine Gutschein-Lösung für ausgefallene Reisen
Von den 3,3 Millionen die sich in Kurzarbeit befinden, stammen 930.000 aus dem Tourismus – also 28 Prozent. Hinzu kommen 230.000 Selbstständige aus dem Sektor, die Leistungen für die Einstellung der wirtschaftlichen Aktivität beziehen. Das sind 24 Prozent aller Selbstständigen, die wegen der Coronakrise ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben können.