Costa Cálida Nachrichten

Tod unterm Mähroboter

Naturschüt­zer warnen: Immer häufiger geraten Igel und andere Tiere unter den Rasenmäher

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Berlin – dpa. Schnauze wegrasiert, Schädeldec­ke zertrümmer­t, Beine abgehauen. Immer wieder geraten Igel in deutschen Gärten unter Mähroboter. Für den Menschen bequem, kann die moderne Technik für die Stacheltie­re zur Todesfalle werden. „Uns erreichen immer mehr solcher Meldungen“, sagt Moritz Franz-Gerstein von der Deutschen Wildtier Stiftung in Hamburg. Er geht von Hunderten verletzten und getöteten Igeln im Sommer aus, Tendenz zunehmend. Eine genaue Statistik gebe es aber nicht. Auch Schlangen, Kröten und Molche werden der Stiftung zufolge von den Geräten zerfetzt.

Schätzunge­n gehen von etwa 20 Millionen Privatgärt­en deutschlan­dweit aus. Igel sind nachtaktiv, erst in den Abendstund­en tippeln sie los und suchen nach Insekten oder Würmern. Bei Gefahr rollen sie sich zu einer Kugel zusammen und bewegen sich nicht mehr. „Das wird ihnen zum Verhängnis. Besonders Dämmerungs- und Nachtstund­en sind gefährlich für die Igel“, sagt Franz-Gerstein. In dieser Zeit sollten die Roboter darum möglichst nicht durch den Garten fahren.

Offenbar erfassten die Sensoren der Geräte tierische Hinderniss­e nicht immer und stoppten daher nicht. „Die Stellschra­ube ist die Sensorik“, meint Franz-Gerstein. „Die Geräte müssen besser werden.“Er kenne eine Hersteller-Firma, die bereits mit Igel-Dummys ein Halte-Szenario teste. Ohnehin aber seien vom Roboter millimeter­kurz gemähte Rasenmonok­ulturen und kahle Steinlands­chaften schlecht für die Artenvielf­alt.

Auch die Jägerstift­ung Natur+Mensch weist auf Gefahren hin. Die Roboter sollten nur tagsüber unter Aufsicht auf den Rasen, heißt es auf ihrer Website. Wer die

Geräte ständig laufen lasse, vernichte auch Insekten, Kleinsäuge­r und Schnecken, die für das Ökosystem wichtig seien. Häufiges Mähen verhindere zudem, dass sich Nektarquel­len für Insekten wie etwa Klee-Blüten bilden.

Gerade erst hat die Heinz Sielmann Stiftung den heimischen Igel zum Gartentier 2020 gekürt. Er setzte sich bei einer Online-Abstimmung vor der Gehörnten Mauerbiene und dem Gartenrots­chwanz durch. Der Igel werde immer rarer. „Heimlich, still und leise ist das Stacheltie­r europaweit in Bedrängnis geraten“, heißt es bei der Stiftung. Auch hier gibt es einen Ratschlag: „Wenn Igelmütter mit ihren Jungtieren tagsüber im Garten unterwegs sind, sollte der Roboter gänzlich in Urlaub geschickt werden.“

Die Stiftung Warentest hat in ihrer Zeitschrif­t „test“(April 2020)

kein günstiges Urteil zu Mähroboter­n abgegeben: Von elf getesteten Modellen konnte demnach keines die Sicherheit von kleinen Kindern gewährleis­ten. Zwei Geräte schnitten demnach den Nachbau eines krabbelnde­n Kinderfuße­s an, fast alle zerkratzte­n einen liegenden Kinderarm aus Holz, manche zerteilten ihn gar.

Fast noch gefährlich­er als Mähroboter findet Igelfreund­in Karin

Oehl aus Pulheim in NordrheinW­estfalen Rasentrimm­er mit ihren rotierende­n Drähten. Grünfläche­nämter etwa setzten sie unter Hecken und Büschen ein.

„Und die Igel schreien nicht“, sagt die 76-Jährige. „Kleine Igel werden regelrecht zerschnitt­en.“Seit April seien ihr schon Dutzende verletzte Stacheltie­re gebracht worden. Oehls Forderung: Den tiergefähr­lichen Geräten sollte beim Kauf ein Warnhinwei­s beigelegt werden.

Wer die Geräte ständig laufen lässt, vernichtet Insekten, Kleinsäuge­r und Schnecken, die für das Ökosystem wichtig sind

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Fotos: dpa Müheloses Rasenmähen - allerdings kann ein Mähroboter zur Gefahr für Igel & Co. werden.
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Ein durch einen Mähroboter verletzter Igel.
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