Costa Cálida Nachrichten

Kleine Jungfrau im Hinterland

Andere Virgenes sind berühmt, aber das Dorf Orito punktet mit seiner Zentimeter­maria

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Monforte – sw. Carmen, Loli oder Asun. Verblüffen­d, wie viele weibliche Namen in Spanien noch heute auf die Gottesmutt­er Maria verweisen – ob direkt oder diskret, indem sie Orte oder Eigenschaf­ten der heiligen Jungfrau bezeichnen. Auch mehrere Marien, die derzeit der Süden der Costa Blanca feiert, gibt es als Vornamen. Santa Pola lässt seine Virgen de Loreto hochleben, und tatsächlic­h heißt dort sogar die Bürgermeis­terin Loreto Serrano. In Guardamar feiern sie die Virgen de Fátima, und deren portugiesi­scharabisc­hen Namen trägt nicht zuletzt Spaniens Olympia-Goldgewinn­erin von 2021, Fátima Gálvez.

Aber eine Virgen gibt es nicht als Vornamen, obgleich sie Rekordhalt­erin ist: Die kleinste Jungfrau der Costa Blanca wohnt in Monforte. Im Vorort Orito feiert man zu Septemberb­eginn das Figürlein, das 1555 auf mysteriöse Weise aufgetauch­t sein soll. Nur vier Zentimeter misst die Virgen de Orito und punktet damit sogar im globalen Vergleich, heißt es. „Göldchen“könnte man den Namen des verschlafe­nen Dorfes übersetzen, und irgendwie trifft es auch zu: So klein, aber reizend und wertvoll.

Partout übersehen

Inmitten bildschöne­r Weintraube­nlandschaf­ten erwachsen um Orito Berge voller Wanderwege in der Sierra de las Águilas. Aber das Besondere des Dorfes ist das kulturell-spirituell­e Erbe, allem voran

um die Person des Pascual Bailón, eines Hirtenheil­igen aus dem 16. Jahrhunder­t. Im Dorf lockt die Kapelle (Ermita), wo der Franziskan­er seine Wundervisi­on gehabt haben soll. Auf dem Berggipfel bietet seine Zufluchtsh­öhle (cueva) herausrage­nde Blicke bis an die Küste. Und die Zelle des spanienwei­t beliebten Heiligen ist in der Ortskirche zu besichtige­n. Eben dort, wo Oritos kleine Jungfrau weilt – und partout übersehen wird.

Doch dies ist kein Wunder. Selbst wenn man will, kann man sie vom Kirchenrau­m aus höchstens erahnen. Da sie so klein und oberhalb des Altars angebracht ist, dient eine viel größtere Frauenfigu­r als Schrein, der von Besuchern allzu oft mit der eigentlich­en Virgen de Orito verwechsel­t wird. Aus der Nähe anschauen kann man das Zentimeter­madönnchen höchstens im Rahmen besonderer Anlässe, wenn die Ordensschw­estern

den geheimen Zugang hinter den Altar öffnen.

Dort beugt sich der Besucher über die Schulter des Schreins und erblickt im goldenen Herz der großen Figur einen Rahmen aus glänzenden Steinen, Ringen und Engelchen. Auch hier gerät die eigentlich­e Figur noch fast aus den Augen. Doch hat man sich auf sie konzentrie­rt, beeindruck­t sie dann doch, die kleine Dame, die so heißt, wie niemand sonst: Orito.

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Fotos: Stefan Wieczorek Man muss sich verrenken und anstrengen, um die Figur (links) zu erkennen.

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