Aufatmen trotz Algenplage
Das Mar Menor ist einen Besuch wert: Wasser ist an vielen Stellen klar und die Strände leer
Ein Meer, das direkt neben dem nächsten Meer liegt, so was gibt es doch nur in Gibraltar, oder? Nein, im Norden der Costa Cálida liegt das größte Binnenmeer in Europa, das Mar Menor, direkt am Mittelmeer. Das „kleine Meer“wird nur durch eine schmale Landzunge vom größeren Bruder, dem „Mar Mayor“getrennt.
Die Salzlagune hat ein empfindliches Ökosystem. 2019 kippte das Meer um. Das bedeutet, dass das Algenwachstum stark anstieg und der Sauerstoffgehalt des Wassers stark abnahm. Dadurch starben Massen an Fischen. Spätestens seitdem ist das Problem in den Gemeinden um das Mar Menor bekannt. Es gründeten sich Initiativen und Vereine, um das Binnenmeer zu retten. Sogar so erfolgreich, dass 600.000 Spanier ein Volksbegehren unterschrieben. Auch im Jahr 2021 waren wieder viele Algen im Wasser. Und wie sieht es dieses Jahr in dem Binnenmeer aus?
„Das Wasser ist sehr klar, viel besser als die Jahre zuvor“, sagt Maribel Cano. Sie arbeitet in einem Laden für Surfbedarf auf La Manga, in dem Besucher auch Kurse buchen können. Von der letzten Einheit Stand-up-Paddeln zeigt sie ein Video. Das Wasser sieht sehr gut aus. Pédro Hernández, ein Barbetreiber aus der Nachbarschaft, bestätigt das. Er sagt: „Die Wasserqualität ist besser geworden. Ich glaube, das liegt auch daran, dass die Touristen eher im Mittelmeer baden.“Dennoch zeigt er sich sehr besorgt um die Lage im Binnenmeer. In seinem Lokal hängen mehrere Bilder der Umweltplattform „SOS Mar Menor“, die sich für die Rettung des Mar Menor einsetzt. Hernández hofft, dass sich der Wasserzustand weiter verbessert – zweifelt allerdings daran, dass sein Wunsch in Erfüllung geht. Ihm zufolge benutzen die vielen Bauern, die Äcker in der Nähe des Mar Menor bewirtschaften, zu viel Dünger. Die wiederum sind der Hauptgrund für die Explosion des Algenwachstums. Stichwort Globalisierung: In Spanien stirbt die Salzlagune, damit es im Winter in Nordeuropa Melonen gibt. Im Vergleich zu 2019 hat sich allerdings mittlerweile bei den Verwaltungen etwas getan.
Die Behörden tun etwas
„Die Stadt hat Erfolg damit, dass sie den Strand in Schuss hält“, sagt Alvaro Ballesta. Er betreibt einen Chiringuito in Los Urrutias auf der anderen Seite des Binnenmeeres und findet, der Wasserzustand sei besser geworden. Dazu führt er aus: „Mehrmals in der Woche kommen Leute, um hier sauber zu machen. Es ist besser als in den Jahren davor.“Die Zukunft der Lagune bewertet er positiv. Immerhin bemühen sich die Behörden, dem Problem Herr zu werden.
Das freut auch Maribel Cano. „Dieses Jahr waren die Angestellten der Stadt sehr hinterher, die Al
gen wegzuräumen und die Strände sauber zu halten. Das war nicht immer so“, kommentiert sie mit Blick auf den Strand. Ihr Laden steht direkt an der Playa de Cavanna, wo Alejandro Lema gerade kräftig anpackt. Der Spanier ist Angestellter der Stadt und damit beauftragt, den Strand zu pflegen.
Er harkt Algenreste zusammen, und sofort riecht es nach Fäulnis. Der Schlamm zwischen den Algen ist dunkelgrau und nicht gelb wie der Sand. Die sterbenden Algen scheinen zu verrotten, Lema schiebt die Algen-Schlammmasse zu Haufen zusammen, damit ein Kollege sie mit seinem kleinen Transporter einsammeln kann. „Dieses Jahr ist die Wasserqualität besser als davor. Dafür arbeiten wir aber auch viel, zum Beispiel auch an Sonntagen“, meint der Spanier. Die Arbeit sei zwar anstrengend, aber er freue sich, seinen Beitrag für die Umwelt zu leisten, ergänzt er mit einem stolzen Lächeln.
Neue Quallenart entdeckt
Gerade erst hat das Rathaus Cartagena eine Studie zu geneu dem stinkenden Schlamm angekündigt, den Lema einsammelt. Dabei geht es darum, Proben zu nehmen und zu bestimmen, wie dicht der Schlick ist. Das soll dabei helfen, die Arbeit von Lema zu vereinfachen.
Erste Ergebnisse werden im Dezember erwartet.
Das Mar Menor hat übrigens eine neues Meeresbewohnerin: Die Gepunktete Wurzelmundqualle
wird immer häufiger gesehen. Normalerweise ist die Qualle im Pazifischen Ozean heimisch. Vermutlich reist sie im Ballastwasser von Schiffen mit ins Mittelmeer. Immerhin ist sie eher von Nutzen für das Mar Menor, das sie ein Ökosystem für sich bildet, indem sie mit ihren Tentakeln Algen aufnimmt, die Photosynthese betreiben und dadurch den im Mar Menor so dringend benötigten Sauerstoff produzieren. Der ist für die anderen Bewohner wie Barsche oder Tintenfische sehr wichtig. Für Menschen ist die exotische Qualle nicht gefährlich, dem Badespaß steht sie also nicht im Weg.
Sport auf dem Mar Menor
Einladend sind die vielen Strände am Mar Menor, besonders nach dem Ende der Hochsaison, wenn sie relativ leer sind. Gerade in den Orten Los Nietos und Estrella de Mar ist bei unserem Besuch kaum eine Menschenseele am Strand. Nur zwei polnische Touristen verirren sich an die Küste. Auch auf der anderen Seite des Binnenmeeres um die Urbanisation Cabo Romano sind kaum Urlauber an den Stränden.
Wenn man sich etwas Zeit lässt und sich ein wenig umschaut, sind sehr hübsche Plätze zu finden – nicht nur bezogen auf die Strände. Auch der ein oder andere Chiringuito oder Park lassen sich so entdecken. Andernfalls ist das Binnenmeer für sein Sportangebot bekannt. Jährlich findet dort die spanische Kajakmeisterschaft statt.
Auf der Salzlagune können Besucher
so gut wie jede Art von Wassersport treiben. Das Angebot geht von Wind- über Kitesurfen bis hin zu Segeln. Maribel Cano sagt dazu mit Hinblick auf die Wasserqualität: „Das Geschäft ist nur bedingt besser geworden durch die guten Umweltbedingungen. Andere Faktoren wie die Inflation bremsen die Kunden.“Ihre Kurse, um Windsurfen zu lernen, waren im Juni und Juli mäßig, im August dafür sehr gut besucht. Die Anmeldungen
für September hielten sich auch in Grenzen. Insgesamt sei das Jahr komisch gewesen, schlechter als 2021. Das führt Cano darauf zurück, dass Spanier eher ins Ausland oder andere Teile Spaniens gefahren sind. Obwohl das Mar Menor viel zu bieten hat und sich für einen Besuch lohnt. Mit seiner Fläche von 170 Quadratkilometern ist die Lagune sehr vielfältig. Abgesehen davon, dass das Mittelmeer eben auch nicht weit ist.