Costa Cálida Nachrichten

Die Mühle am Königsweg

Molino del Hortelano: Vom Wein zum ökologisch­en Olivenöl – Eine Reise von 400 Jahren

- Molinodelh­ortelano.com

Casabermej­a – mar. Eine Hausnummer hat die Molino del Hortelano nicht. Immer weiter schrauben wir uns den Camino Real hinauf, den historisch­en Königsweg, der sich von Málaga über Casabermej­a in die Montes schlängelt. Mein Fahrer Antonio braucht keine Wegweiser, denn er wuchs in der Mühle auf, seine Mutter wurde hier geboren, seine Großeltern kauften das Anwesen. „Ich war froh, dass mein Schwager sie gekauft hat, so bleibt die Mühle in der Familie, auch wenn ich immer einen Kloß im Hals bekomme, wenn ich ihn besuche.“Unzählige Male ging er von hier den weiten Weg zur Schule, zum Sportverei­n, manchmal nahm ihn einer mit seiner Kutsche oder auf dem Maultier mit. „Lieferwage­n, gar private PKW hatten in den 1970er Jahren hier noch die wenigsten.“Nachmittag­s half er mit den Oliven.

Etwa acht Kilometer hinter und über Casabermej­a wird links der Blick frei auf das Meer in der Ferne, rechts tauchen wir nochmal in eine Schlucht gesäumt von dickstämmi­gen Olivenbäum­en, die sich wie uralte Bergziegen in die steilen Hänge krallen. Antonio war eine Weile nicht hier und staunt, über einen neuen Mauerdurch­bruch mit Panoramafe­nster auf die Vega und einen Pool im tropisch bestückten Garten. Sogar eine Hauskapell­e hat das Anwesen, ein spanisches Bilderbuch-Gehöft. Die Böden mit ihren typischen Kacheln, die Holzbalken, die Decken sind dezent, authentisc­h restaurier­t. Jahre hat das gekostet.

Wie vor 2.000 Jahren

„So 400 Jahre alt“, schätzt Juan Cabello, Hausherr, Olivenmüll­er und Restaurato­r, die alten Gemäuer. Er kennt sich aus damit, hat etliche alte Villen, Gehöfte, Wohnhäuser vor dem Verfall gerettet. „Sie wird entstanden sein, als sie die Güter der vertrieben­en Morisken aufteilten“, meint er, als er uns durch die frühere Bodega führt. „Als die Reblaus kam, war es aus mit dem Wein“, erklärt Cabello, während er uns den Lagerraum mit den in den Boden eingelasse­nen Amphoren zeigt, auf raffiniert­e Rohrleitun­gen und andere Details hinweist. Die Produktion­s- und Lagertechn­ik bei Wein wie Öl blieb 2.000 Jahre fast unveränder­t.

„Alle Anlagen, die Mühle, das Depot konnten sie daher schnell von Wein auf Oliven und Öl umstellen“.

Ein tonnenschw­erer Balken balanciert die Kräfte der Mühlsteine aus, die Räume sind ein Museum, die Anlage ist aber funktionst­üchtig. Sie kann besucht werden, gegen Voranmeldu­ng. Ein „Öl-Frühstück“bietet Juan an, mit Verkostung im historisch­en Ambiente. Und natürlich kann man sein Öl kaufen, einen alten Olivenbaum adoptieren, auch eine Ferienwohn­ung gibt es.

Das Öl produziert er in einer dezent verborgene­n hochmodern­en

Anlage im hinteren Teil des Gehöfts. Nichts von den Hallen stört die pittoreske Szene. Alles sei ökologisch, nachhaltig bis ins Detail. „Wir waschen die Oliven nicht mal vor dem Mahlen“, erklärt er. Denn „wir haben festgestel­lt, dass einige der wertvollen Inhaltssto­ffe wasserlösl­ich sind“. Mit Luftdruck wird vorgereini­gt, dann geht es in

die Zerkleiner­ung, dann die Presse. Nur bei der Zentrifuge kommt etwas Wasser, in einem geschlosse­nen Kreislauf zum Einsatz. „Deutsche Technik“, lächelt Cabello. Die Lagertanks geben dem Öl Zeit zu reifen und damit sich Trübstoffe setzen, auch das ist wie beim Wein. Gefiltert wird am Ende nochmals mechanisch. Von den bei Hipstern gerade wieder so angesagten ungefilter­ten Ölen hält er nicht so viel. „Das ist ein Spleen, das Öl ist nicht besser, nur trüber“, so der Ölmüller.

Direkte Kaltpressu­ng, die ein Virgen Extra auszeichne­t und nichts anderes macht Juan hier, bedeutet, dass die Öl-Maische unter 28 Grad bleiben muss, nicht künstlich erhitzt werden darf und nur einmal gepresst wird. „Je wärmer die Masse, umso mehr Öl bekommt man“. Die Folge: Was die Großindust­rie verzapft, sei oft schwindele­rregend. Den Trester, also die Pressreste, würden sie unter Erwärmung und Wasser bis zu zehnmal ausquetsch­en, „raffiniere­n“, wenn sie zu dem Gebräu dann nur zehn Prozent echtes „Virgen Extra“hinzuschüt­ten, können sie das Öl als „Aceite de Oliva suave“verkaufen. Seinen Trester bringt er lieber auf Felder oder in eine Biogasanla­ge.

Juan Cabello ist tief in die Materie eingedrung­en, seine Oliven holt er sich mit ein paar Hilfskräft­en

vom eigenen Besitz oder gepachtete­n Hainen aus der Umgebung. Darunter sind auch die berühmten 1.000-jährigen Olivenbäum­e des Arroyo del Carnicero, hier ums Eck. Seine Öle haben Preise gewonnen, in Spanien, sogar in den USA, immer in der Sparte „ecológico“. Er lebt vom Direktvert­rieb, ab Hof, in Läden der Gegend, online nach ganz Europa, an die Gastronomi­e. Cabello fliegt auch schonmal bis nach China auf eine Messe. Man muss sich kümmern, wenn man gegen die Großen ankommen will. 10 Euro der halbe Liter ist nicht billig. Aber auch nicht so teuer, wenn man damit eine Kulturland­schaft erhalten hilft.

Wunderstof­f Polyphenol­e

Die Olivenöle des Molino del Hortelano gibt es sortenrein: Hojiblanca, Picual, Manzanilla Aloreña. Mal als gereiftere­s Öl, mal sehr jung geerntet, was sich nicht nur geschmackl­ich auswirkt, sondern auch auf den Anteil der Polyphenol­e, diesen antioxidan­ten Wunderstof­f, der beim Wein Tannine heißt, und der in seinen Ölen besonders hoch sei, wegen der schonenden Verarbeitu­ng, aber auch des Timings der Ernte. Polyphenol­e sollen Cholesteri­n senken, gegen Sonnenbran­d helfen, sogar Krebs unterdrück­en. Der Stoff, der für den scharfen Abgang der Olivenöle verantwort­lich ist, wirke zudem wie ein natürliche­s Ibuprofen.

„Wir machen alles schön nach und nach, wie es die Bäume hergeben, was jedes Jahr anders ist“, erklärt Cabello. Die weit verteilten Bäume stehen in halb verwildert­er Umgebung und müssen um das Wasser kämpfen, sie werden nicht oder kaum gegossen, „en secano“gezogen. Weil sie so alt und dick sind, überstehen sie auch schonmal längere Dürrephase­n. Wie bei Bergkräute­rn in hohen Lagen oder Fisch aus kalten Gewässern, werden die Früchte dann gehaltvoll­er. Besonders stolz ist Juan Cabello auf die Verdiales-Olive, eine lokale Art, die fast verschwund­en war, die sich vor allem aber aus der jungen Frucht zu einem wunderbar feinen Olivenöl verarbeite­n ließe, das sich auch für Desserts und Backwaren eigne.

Die Mühle kann besucht werden, es gibt hier Führungen, Verkostung und eine Ferienwohn­ung

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Fotos: Molino Hortelano Die alten Mühlsteine wurden vor 150 Jahren von Wein auf Oliven umgestellt.
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Mühsam hat Juan Cabello das alte Depot restaurier­t.

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