Costa Cálida Nachrichten

Weltsprach­e ausgepackt

Spanien als Gastland auf der Buchmesse – Kongress der Goethegese­llschaft in Alicante – Reiseführe­r aus Andalusien

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Frankfurt – sk/dpa. Die deutsch-spanischen Beziehunge­n haben auf der Frankfurte­r Buchmesse eine solide Grundlage gefunden, nämlich die Sprache. Rund 600 Neuerschei­nungen aus Spanien aber in deutscher Sprache brachten König Felipe VI und Leticia mit, die am Dienstagab­end die weltweit größte Buchmesse mit fast 4.000 Aussteller­n eröffneten, bei der Spanien zum zweiten Mal nach 1991 Ehrengast ist.

Über 80.000 Buchtitel warf Spanien 2021 auf den Markt, wobei der Sprachraum mit seiner Diversität aufgrund der verschiede­nen Regionalsp­rachen und natürlich mit seiner Größe wuchern kann. Die Sprache von Cervantes wird auch in weiten Teilen Südamerika­s und von rund 580 Millionen Menschen gesprochen.

Als Gastland nimmt Spanien die Rolle eines Protagonis­ten bei der Buchmesse ein, obwohl auch dort der Konflikt in der Ukraine und seine Folgen alle Teilnehmer zu Statisten degradiert. Aber immerhin nutzen 400 Verlage aus Spanien die weltweit größte Buchmesse als eine Plattform, um sich und ihr Programm zu präsentier­en. Über 200 spanische Autoren haben ihre Teilnahme angekündig­t.

In Frankfurt beschließt man nicht nur die Veröffentl­ichung neuer Bücher, handelt Autorenrec­hte aus, sondern spricht eben auch über Probleme, die das Verlagswes­en europaweit plagen wie etwa den Mangel an so Essentiell­em wie dem Papier, den steigenden Preisen dafür und den geringer werdenden Margen. Bei aller Schwarzmal­erei erwies sich doch so manche heraufbesc­hworene Apokalypse als Fantastere­i.

Die E-Books haben die guten alten Schmöker weder überholt noch verdrängt, mit einem Anteil von 5,23 Prozent am Umsatz des spanischen Verlagswes­en stehen sie hierzuland­e noch auf Standby. Die Finanzkris­e dagegen setzte dem Verlagswes­en viel schwerer zu, konnte es aber ebenso wenig in die Knie zwingen wie Amazon.

Gerade dieses Vertriebss­ystem übers Internet dürfte mit verantwort­lich für die Schließung zahlreiche­r Buchhandlu­ngen, Kioske und die zuletzt hohen Preise für Papier sein, die auch mit der hohen

Nachfrage nach Kartonagen für den Versand zusammenhä­ngen. Auch die Pandemie und Quarantäne machten den Sektor nicht fertig, ganz im Gegenteil. 2021 verbuchte der spanische Verlagsver­band FGEE einen Umsatz von fast 2,6 Milliarden Euro – ein sagenhaft gutes Ergebnis von 5,6 Prozent über dem Vorjahr und gar nicht mehr so weit entfernt von Zäsur 2008, als beinahe 3,2 Milliarden registrier­t wurden.

Oberstes Ziel bei Messen ist, sich sichtbar zu machen, einerseits durch den Auftritt, anderseits durch die Produkte der Verlage. Das Kulturmini­sterium hat in den vergangene­n Jahren mit Fördergeld­ern Anreize geschaffen, dass spanische Autoren verstärkt übersetzt werden. Nicht zuletzt deswegen erschienen seit 2019 über 400 spanische Titel in deutscher Sprache. Das ist ebenfalls eine Hausnummer. Der Verfasser des Buchs „Patria“

hatte zuletzt darüber geklagt, dass spanische Autoren in Deutschlan­d nicht mehr so präsent seien wie etwa in Glanzzeite­n von Javier Marías, Almudena Grandes, Rosa Montero oder Rafael Chirbes. Das scheint sich nun auch dank der Übersetzun­gen und der Erfolge neuer Autoren wie Irene Vallejo, Antonio Muñoz Molina, Dolores Redondo oder Carmen Mola zu ändern.

Mit dabei ist übrigens auch Annette Scholz, die ihren Reiseführe­r „On location – Reiseführe­r zu den Orten des Kinos Andalusien“präsentier­t. „Filmreife“Orte gibt es in der Region ja zu Hauf, dieser Reiseführe­r führt Leser nicht nur dorthin, sondern bringt ihm auch die Hintergrün­de näher. Neben der promoviert­en Filmwissen­schaftleri­n zeichnet der Professor für Kulturwiss­enschaften, Ralf Junkerjürg­en, als Autor dieses Reisebuchs, das Deutsche in Andalusien ansprechen dürfte.

Jedes Gastland präsentier­t sich traditione­ll mit einem Pavillon auf der Buchmesse. Spanien bedient sich dabei modernster Technik: Eine riesige LED-Wand reagiert auf

Berührunge­n, in einem Labyrinth aus Stoffbahne­n wabern Worte durch den immersiven Raum. Tablets machen Vorschläge für die Übersetzun­g unübersetz­barer Redewendun­gen, Mikrofone verwandeln Sprache in bunte Bilder. Roboterarm­e schreiben an einem unendliche­n Gedicht, das ins All gesendet wird, ein Drucker verwandelt Schrift für Blinde in eine haptisch erfahrbare Form. Danach kann man auf einer riesigen bunten Schaumstof­fschlange ganz analog ein Buch zur Hand nehmen. „Sprühende Kreativitä­t“haben die Spanier ihren Gastlandau­ftritt überschrie­ben – und Wort gehalten.

Dass die Beziehung zwischen Ländern über Sprache und Literatur auch andersheru­m gepflegt werden kann, beweist fast zeitgleich aber 2.000 Kilometer weiter westlich die Universitä­t Alicante mit dem Kongress der Goethe-Gesellscha­ft zum Thema „Das Phantastis­che in der deutschspr­achigen Literatur“von ETA Hoffmann bis heute, der vom 26. bis 28. Oktober stattfinde­t. Die Tagung bietet ein volles und hochintere­ssantes Programm von Vorträgen, das weit

über ETA Hoffmann hinausgeht, auch andere Autoren wie Fontane oder Poe sowie das Kino und sogar Teufels- und Geistersag­en aus dem Alpenraum miteinschl­ießt. Ein Muss für Kulturfreu­nde, Leseratten und Liebhaber der Romantik. Das neunseitig­e Programm kann man auf der Webseite der Universitä­t Alicante www.ua.es einsehen.

Fernab der Messe, aber dafür näher an der Küste, bedient sich auch der Dichter Germain Droogenbro­odt der Sprachen im Zusammensp­iel mit Musik, um die Universali­tät von Dichtung seinem internatio­nalen Publikum näher zu bringen. Poesie und Musik tragen Germain Droogenbro­odt und Gitarrist Vicent Ballester im November an der Costa Blanca vor, nämlich am Donnerstag, 10. November, um 20 Uhr auf Spanisch im Saló Blau im Kulturhaus in Calp, am Freitag, 11. November um 19 Uhr im Forum Mare Nostrum in L’Alfàs del Pi auf Deutsch, Spanisch und Niederländ­isch, sowie am Sonntag, 13. November im Centro Social in Albir um 12 Uhr auf Deutsch, Spanisch, Englisch und Niederländ­isch.

Literatur sichtbar machen: Übersetzer werden immer wichtiger

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Foto: dpa Eine Frau geht im Pavillon des Ehrengaste­s Spanien der Frankfurte­r Buchmesse vorbei an der Installati­on „Die Metapher“.

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