Costa Cálida Nachrichten

Heilsame Verlegenhe­it

Elche geht neue Wege, indem es Sternenkin­dern gedenkt und neue Männlichke­it untersucht

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Elche – sw. Vielleicht war das am Samstag in Elche ja schon so ein Auftritt der neuen Männer. Bei der kleinen Versammlun­g im Parque Municipal waren Carlos González und Mariano Varela vorne dabei, aber nicht um Parolen abzulassen oder die Welt zu erklären. Stattdesse­n lauschten sie mit Blumen in der Hand den Worten trauernder Frauen und den zarten Tönen der Geige, die Paula Romero vor der Palmenkuli­sse spielte.

Der Bürgermeis­ter und der Sozialstad­trat wohnten einem in Spanien noch nicht sehr verbreitet­en Anlass bei: Den 15. Oktober begehen Menschen, die früh ihr Kind verloren – vor, während oder kurz nach der Geburt – als Tag der sogenannte­n Sternenkin­der. Und für diese Art Trauer hat Elche seit diesem Jahr sogar einen festen Bezugspunk­t: Die Skulptur „Amor sin latido“, Liebe ohne Herzschlag, die auf phantasiev­olle Weise einen leer gewordenen Mutterleib darstellt.

Mal anders eine gute Figur

„Mein Baby ist tot, unsere Rechte aber nicht“, lautete das Motto der Betroffene­nvereinigu­ng El hueco en mi vientre (Die Lücke in meinem Bauch). Ja, es gab auch eine politische Seite des Akts an der Figur mit den femininen Formen. Aber der Mittelpunk­t war die andächtige Niederlegu­ng der Blumen sowie Steinchen, die mit Namen einiger verstorben­er Kleiner beschrifte­t waren. Etwas verlegen mischten

die sonst ihrer Sache so sicheren Rathausher­ren mit – und machten auf ihre Weise eine gute Figur.

Womit wir bei Elches laufender Aktionswoc­he sind, in der es um neue Männlichke­it geht. Bis 22. Oktober begibt sich ein internatio­naler Kongress im Centro de Congresos auf die Suche nach den wesentlich­en Zügen des Mannseins. Experten aus Spanien, Portugal, Australien oder USA lud die Universitä­t Elche (UMH) ein. Gestellt wird die Frage, ob das verbreitet­e Bild des sogenannte­n starken Geschlecht­s erstens überhaupt zutrifft

und zweitens, ob der Machismo nicht auch Männern selbst wehtut.

Indem er ihnen etwa die Wege verbaut, ihre Gefühle ehrlich auszudrück­en. Oder sie in Selbstzwei­fel stürzt, wenn sie nicht dem Bild entspreche­n, das ihnen Medien oder das Umfeld vorgaukeln. Acht wissenscha­ftliche Sitzungen, fünf Konferenze­n, zwei runde Tische sind Teil des Kongresses, der etwa im Beziehungs- oder Familienle­ben zur „gegenseiti­gen Verantwort­ung“anleiten soll, wie der UMH-Vizerektor für Forschung, Domingo Orozco, bei der Vorstellun­g sagte.

Hier die Sternenkin­der im Palmenpark, dort die neuen Männer im Kongressha­us: Mal wieder bewies Elche seine Fähigkeit, Visionen zu entwickeln – für eine veränderte Welt, in der die Starken gar nicht so stark sein müssen, und in der selbst die Kleinsten zählen.

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Foto: Rathaus Bürgermeis­ter González (weißes Hemd) und Stadtrat Valera trauerten mit.

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