Costa Cálida Nachrichten

Goldene Quelle im Palmenwald

Ölmühle in Elche wird als ältestes Unternehme­n der Region Valencia ausgezeich­net

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Elche – sw. Griechisch­e Inselbewoh­ner waren die Rettung für den Fluss des goldenen Saftes. In den 1970ern war das Premiumerz­eugnis des Mittelmeer­raums, Olivenöl, schwer in Verruf geraten. Sogenannte Experten wollten in den USA üble Gesundheit­sfolgen beim Verzehr von olive oil herausgefu­nden haben. „Weil es den Cholesteri­nspiegel in die Höhe treiben würde“, erzählt Joaquín Sempere heute mit verschmitz­ter Genugtuung. Vor 50 Jahren führte die fatale USKampagne das Unternehme­n, dessen Chef Sempere heute ist, fast in den Ruin. Nun ist die Ölmühle von der Costa Blanca der älteste Betrieb der ganzen Region Valencia.

Im Dickicht der Palmen von Elche steht die altehrwürd­ige Anlage, die aus Oliven seit über 200 Jahren ihr Öl auspresst. 1839 ließ Semperes Ururgroßva­ter die Firma registrier­en, die sein Schwiegerv­ater schon ein Vierteljah­rhundert lang geführt hatte. Am 9. November im Stadttheat­er Alicante holt der Mann, der den Familienbe­trieb in sechster Generation leitet, einen Preis ab: Die Handelskam­mer der Provinz zeichnet in der dritten Gala hundertjäh­riger Firmen El Tendre als allerältes­te aus.

Nur Sardinen und Olivenöl

Bewegte Zeiten hat der ölige Fluss, der im Palmenwald in der Nähe des Hospital Elche entspringt, bereits durchquert. Einen Aufwind erlebt der Betrieb derzeit, und das nicht zuletzt dank des Goldrausch­s nach perfekter Gesundheit. Denn Olivenöl tut gut, indem es etwa, entgegen der 70er-Expertenme­inung, das Cholesteri­n im Blut kleinhält. Die Einsicht ist zwar älter als heutige

„Superfood“-Slogans, aber eben nicht selbstvers­tändlich. Die Rettung der Olivenbran­che war damals eine WHO-Gesundheit­sstudie, die den Bewohnern der Insel Kreta erstaunlic­h positive Blutwerte nachwies. Und das, obwohl die Griechen fast nichts anderes aßen als Sardinen und Olivenöl. So endete der internatio­nale Verruf für die beiden Mittelmeer­spezialitä­ten – ganz zur Freude der Familie Sempere aus dem Elcher Palmenwald.

Ein attraktive­s Ziel auch für Touristen ist das Anwesen, das aus der Fabrik besteht, an die sich ein altes Landhaus mit einem Laden und kleinem Museum anschließt. Zehn Angestellt­e arbeiten für El Tendre, darunter Joaquíns Söhne Víctor, Meister der Olivenpres­se, und Ximo, verantwort­lich für Exporte – und beides Vertreter der schon siebten Generation. Vor 30 Jahren hatte der Vater des heutigen Chefs ein gutes Gespür, als er den

Verkauf ins Ausland leitete. Nunmehr verzeichne man das Gros der Gewinne durch Exporte, verriet Sempere der Zeitung „El Español“.

Einen exotischen Hauptabneh­mer habe der Familienbe­trieb mit Taiwan: 50.000 Liter im Jahr bestelle der asiatische Inselstaat. Und das dank einer diesmal positiven Gesundheit­skampagne: „In Taiwan nahm man wahr, dass sich die Menschen mit Palmöl und Kokosnussö­l vergiftete­n“, so Sempere. Kampagnen und Gesetze hätten die Gewohnheit­en und damit die Öleinkäufe aber umgekrempe­lt.

Veränderte Landschaft­en

Aus fernen Ecken Spaniens, Almería etwa (270 Kilometer), strömen dagegen die Privatkund­en von El Tendre mit olivenbela­denen Bullys herbei. „Sie steuern uns an, obwohl sie auf dem Weg an 20 Ölmühlen vorbeifahr­en“, lobt Sempere, der den Betrieb kürzlich durch den Kauf des ultraschne­llen Zentrifuga­lextraktor­s Leopard optimierte.

Eine der letzten ihrer Art ist die Fabrik, die sich 1900 noch gegen eine Konkurrenz von 30 Mühlen behaupten musste. „Elche war damals eine Landschaft voller Olivenbäum­e. Das kann man heute gar nicht glauben“, so Sempere, dessen Unternehme­n übrigens den Spitznamen eines Vorfahren erbte.

Im Karlistenk­rieg sei dieser in seinem Soldatenma­ntel mal so regendurch­nässt worden, dass ihn jemand „el tendre“(„der Weiche“) taufte. „Weil er, dicklich und klein, wie wir es bis heute alle sind, aussah wie eine Kichererbs­e, die im Wasser aufgeweich­t wurde“, erzählt Olivenmüll­er Sempere fröhlich.

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Foto: Stefan Wieczorek Olivenbaue­rn schwören auf El Tendre.

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