Exodus der Krankenpfleger
Andalusiens öffentliches Gesundheitswesen verliert 1.200 Mitarbeiter in einem Jahr
Sevilla – mar. „Unsere Krankenpfleger sind auf der Flucht.“1.200 medizinische Fachkräfte, vor allem Pfleger, hätte das öffentliche Gesundheitswesen Andalusiens allein zwischen Juni 2021 und Juni 2022 verloren. So die Bilanz des CAE, dem Rat der Gewerkschaften der Krankenfleger. Die meisten Abgänge verzeichnete danach die Provinz Sevilla mit 231, gefolgt von Cádiz mit 186, Málaga (181), je 167 in Jaén und Córdoba, 145 in Granada und 83 in Almería. Der Hauptgrund für die Abwanderungen seien „zu viele Überstunden“, ungeregelte Arbeitszeiten, schlechte Aufstiegschancen, extrem hohe, emotional problematische Arbeitsfelder. An erster Stelle aber stünde die schlechte Bezahlung, so CAE.
Da das Gesundheitswesen Ländersache sei, habe sich ein regelrechter Wettbewerb um medizinisches Personal entwickelt, bei dem logischerweise reichere Regionen Vorteile hätten oder solche, die aus Einsicht in die Notwendigkeit ihren Pflegern bessere Gehälter zahlten als Andalusien. CAE-Chef José Miguel Carrasco rechnet vor, dass ein Krankenpfleger in Andalusien im Schnitt 19.000 Euro brutto im Jahr verdient. „Im Baskenland werden dem gleichen Pfleger bis zu 32.000 Euro gezahlt.“Neben dieser seien Navarra und Katalonien die Regionen, die am meisten Pfleger aus Andalusien abwerben. Ins Ausland gingen nur wenige.
Carrasco unterstellt der Junta ziemlich offen, die „Verträge des Servicio Andaluz de Salud alles andere als attraktiv zu gestalten“. Sie würden „prekär bezahlen, eine Überlastung vorprogrammieren
und den Arbeitnehmern keine Stabilität anbieten“.
Auslagerung an Private
Es sei dann kein Wunder, dass der öffentliche Gesundheitssektor immer schlechter werde, Dienstleistungen an private Anbieter ausgelagert, aber mit öffentlichen Geldern bezahlt und Patienten zu eigentlich unnötigen Privatversicherungen gedrängt würden. Die Sache habe System. Der CAE-Vertreter
nannte die Lage im Land „einen explosiven Cocktail“, da die Zahl der öffentlichen Gesundheitsmitarbeiter pro Einwohner ohnehin schon eine der geringsten in ganz Europa sei. 25.000 weitere Mitarbeiter bräuchte Andalusien, um zum EU-Schnitt aufzuschließen.
Für Carrasco stellen sich die Forderungen klar da: Mehr Geld, längerfristige Verträge, klare Arbeitszeitund Aufstiegsregelungen, ausreichend Kompensationen
für unvermeidbare Überstunden. Von der Junta kommen nur stückweise kleinere Verbesserungen, wie ein Gehaltsplus von elf Prozent für Nacht- und Feiertagsdienste oder eine Mindestvertragsdauer von sechs Monaten. Gleichzeitig behauptet ein Vertreter des Landesgesundheitsministeriums, dass „die andalusischen Krankenpfleger die mit den dritthöchsten Gehältern in Spanien“seien. Für CAE eine „glatte Lüge“.