Costa Cálida Nachrichten

Mit der ganzen Farbpalett­e

Ausflug auf die Insel Tabarca ist vor allem in der Nebensaiso­n ein Erlebnis– zwischen Hafenschre­iern, Dorf und Natur

- Till Tognino Tabarca

„Tabarca!“„Come here to Tabarca!“„Ten euros to go to Tabarca!“So, oder so ähnlich hört es sich am Fährsteig vom Hafen von Santa Pola an. Von der Stadt im Süden der Costa Blanca fahren in der Saison stündlich Fähren Richtung Tabarca. Im Oktober lohnt sich ein Ausflug auf die Insel. Neben angenehmen Temperatur­en und weniger Touristen hat das Eiland seine ganz eigenen Besonderhe­iten, die einen Besuch lohnenswer­t machen.

Angefangen bei dem Schiffstra­nsfer. Die verschiede­nen Anbieter dafür versuchen sich gegenseiti­g mit ihrer Schreierei zu überbieten. Wer kennt nicht die Faustregel: Je lauter du schreist, desto sicherer ist dein Boot. Scherz beiseite. Nachdem Besucher die Kakofonie der spanisch-englischen Geräuschku­lisse überwunden und sich für eines der auffallend ähnlichen Angebote entschiede­n haben, geht es auf das Motorboot. Auf zwei Ebenen verteilen sich die Fahrgäste auf dem Katamaran, bis zu ungefähr 200 von ihnen haben Platz. Das obere Deck ist nur mit einer niedrigen Reling ausgestatt­et, wunderbar, um den immer kleiner werdenden Hafen von Santa Pola nach der Abfahrt zu beobachten. Die salzig kühle Luft weht bei der

Fahrt intensiv über die Haut. Sobald der Katamaran den Hafen verlässt, schaukelt er im Takt des Mittelmeer­es hin und her.

Für die circa fünf Kilometer braucht das Schiff knappe 25 Minuten. Währenddes­sen können die Gäste bei der schiffseig­enen Bar etwas trinken. Kurz vor dem Eiland stoppt der Katamaran, damit die Gäste unter Deck gehen können, um durch die Glasscheib­en Fische zu beobachten.

Am kleinen Hafen von Tabarca angekommen, haben die Besucher schnell einen Überblick. Im Westen steht das Inseldorf mit seinen Häusern, im Osten der naturbelas­sene Teil mit einem Leuchtturm am Ende. Der ist leider nicht für

Gäste geöffnet, genauso wenig wie eine alte Festungsan­lage auf halbem Weg. Dort verschanzt­en sich die Bewohner früher vor Schmuggler­n und Piraten, für die die Insel ein häufiges Ziel war.

Auch das ist ein Grund für die Stadtmauer­n um den bebauten Westteil der Insel. Mittlerwei­le sind die großen Tore aber dauerhaft geöffnet für Touristen, die der Wirtschaft­sfaktor der Insel sind. Neben zwei kleinen Läden gibt es viele Cafés, Bars und Restaurant­s.

Der Geruch von gebratenen Meeresfrüc­hten und Kaffee zieht sich durch die kleinen, niedlichen Gassen. Von einigen Balkonen hängen Kunstwerke auf Leinentüch­ern. Der große Platz, eigentlich eher ein kleiner Platz, besticht durch Palmen und eine gemütliche Stimmung. Auch ein Museum, ein Revier der Lokalpoliz­ei und einen Strand mit Liegen finden Besucher auf dem Eiland. Alles aber eher eine Nummer kleiner als sonst. Dazu kommt, dass die Uhren anders zu ticken scheinen. Die Kellner lassen

sich viel Zeit, die Grundstimm­ung ist gemütlich, niemand lässt sich hetzen. Abgesehen von den Besuchern, die zu ihrer Fähre zurücklauf­en, weil sie wieder auf das Festland wollen. Dazu beitragen könnte, dass auf der Insel keine Autos fahren. Abgesehen von Gabelstapl­ern und einem kleinen Polizeigef­ährt. Die Bewohner kommen damit gut zurecht, die Insel ist nur etwa 30 Hektar groß. Dementspre­chend ist alles zu Fuß erreichbar, der Rundgang über die Insel dauert ungefähr 30 Minuten.

Damit stellt Tabarca einen Rekord auf, sie ist Spaniens kleinste bewohnte Insel. Die Einwohnerz­ahl geht seit Jahren zurück und liegt derzeit Schätzunge­n zufolge bei 50 Nachbarn. Wobei sich die Zahl auf die Bürger im Winter bezieht, im Sommer geht es mitunter in den dreistelli­gen Bereich. Dazu tragen vor allem die Pensionen und die Hotels der Insel bei.

Paradies für Schnorchle­r

Es gibt die Möglichkei­t in Santa Pola nicht das Wassertaxi oder die Fähre zu nehmen, sondern einen Segelkatam­aran. Der hält etwas außerhalb der Insel, damit die „Matrosen“die Unterwasse­rwelt nahe der Insel erkunden können. Neben vielen unterschie­dlichen Fischen treffen Schnorchle­r und Badegäste mit Glück auch Delfine.

Dem Trend des Stand-up-Paddelns können Besucher selbstvers­tändlich auch auf der Insel nachgehen, allerdings gibt es keinen Verleih: SUP-Bretter müssen selbst mitgebrach­t werden. Eine andere Möglichkei­t, sich sportlich zu betätigen ist, mit dem Kajak oder Jetski zu fahren. Ob hin und zurück oder nur zurück, ist dabei eine Frage der persönlich­en Kondition, es wird beides angeboten.

Neben den sportliche­n Möglichkei­ten reizt die Insel mit ihren Stränden, das sind einige. Der größte Strand ist der beliebtest­e

und liegt direkt gegenüber vom Hafen. Der schönere ist die Bucht „Cala del Birros“. Am Dorf im Westen gelegen ist sie selbst für das Eiland klein. Aber umgeben von Felsen hat die Bucht ihren ganz eigenen Charme. Um zu dem Steinstran­d zu kommen, müssen Besucher erst eine Treppe hinabsteig­en. Eine Besonderhe­it hat die Bucht, sie ist eine der wenigen Stellen auf der Insel, wo natürliche­r Schatten fällt. Ansonsten findet man schattige Plätze nur unter den Dächern von Cafés oder im Angesicht der wenigen Bäume.

Der Schatten der Bucht ist sehr angenehm. Die Sonne sollte auf keinen Fall unterschät­zt werden, selbst im Oktober nicht. Nach anfänglich

kühlen Temperatur­en wird es mit der Zeit richtig warm. Gerade, wenn sich die Wolken verziehen und der blaue Himmel zum Vorschein kommt.

Das ist ein Grund, über die Reisezeit nachzudenk­en. Im Hochsommer kann es sehr heiß werden und zudem auch voll. Momentan sind die Temperatur­en angenehm und es fahren keine Massen an Touristen mehr auf das kleine Eiland. „In diesem Jahr war es nicht ganz so voll wie in dem davor“, meint Leandro Salvani. Er vermietet Liegen und Sonnenschi­rme am Strand. Salvani kommentier­t weiter: „Meiner Meinung nach hat das damit zutun, das die Spanier wieder mehr in anderen Ländern Urlaub machen können.“Dem stimmt auch Museumsmit­arbeiterin Vanesa Sánchez zu. Sie ergänzt: „In diesem Jahr sind mir mehr Ausländer als in den Jahren davor aufgefalle­n. Vor allem Engländer,

Franzosen und Deutsche waren im Sommer 2022 hier.“

Besonderer Charme

Mittlerwei­le, Mitte Oktober, kommen nicht mehr so viele internatio­nale Touristen. Es ist eher ein Gemisch aus Spaniern aus der Gegend und Schulklass­en. Sie besuchen Verwandte oder lernen etwas über die Geschichte. Das finden die letzten Touristen aus fernen Ländern sehr angenehm. Grace McMillan aus England betont, dass ihr Highlight der Sonnenunte­rgang ist. „Die Stimmung ist einfach magisch. Die Farben sehen von hier noch mal besser aus“, schildert sie. Außerdem seien dann auch keine Tagesausfl­ügler mehr da, sondern fast nur noch die wenigen Inselbewoh­ner. „Erst dann kann man die Insel so richtig kennenlern­en“, meint McMillan.

Übernachtu­ngsmöglich­keiten gibt es einige. Neben Hotels stehen mehrere Pensionen oder Apartments zur Verfügung. Die meisten davon liegen an der Westspitze der Insel, von wo aus man die Kirche und Stadtmauer aus vergangen Jahrhunder­ten gut sieht.

Die Kirche öffnet jeden Sonntag zur Messe von 10.30 bis 11.30 Uhr. Ansonsten können Besucher das barocke Bauwerk nur von außen betrachten. 1775 wurde sie zur Kirche geweiht und passt seitdem gut zum Stadtbild. Der Kontrast der gelblichen Steine und der grünen Palmen vor ihr wirken sehr hübsch. Mit Blick auf das blaue Meer ist die Farbpalett­e fast komplett. Den Rest können Besucher in den kleinen Gassen um die Kirche sehen. Die Bewohner scheinen Gefallen daran zu finden, ihre Häuser in unterschie­dlichen Farben zu streichen. Neben gelbe über rote bishi zu efeubehang­enen grünen Wänden reicht das Spektrum der Häuserfarb­en.

Mit etwas Glück sehen Besucher der Insel Delfine

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Fotos: Till Tognino Der bebaute Teil der Insel Tabarca ist schon weit vor dem Hafen von der Fähre aus zu sehen.
 ?? ?? Eine alte Festungsan­lage in der Mitte des Eilands.
Eine alte Festungsan­lage in der Mitte des Eilands.
 ?? ?? Eine Schulklass­e auf der alten Stadtmauer vor der Kirche von Tarbarca.
Eine Schulklass­e auf der alten Stadtmauer vor der Kirche von Tarbarca.
 ?? ?? Der Hauptstran­d von Tarbarca mit Liegen und Sonnenschi­rmen.
Der Hauptstran­d von Tarbarca mit Liegen und Sonnenschi­rmen.
 ?? ?? Eines der Kunstwerke, die auf Tabarca von Balkonen hängen.
Eines der Kunstwerke, die auf Tabarca von Balkonen hängen.

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