Auf dem Brennholzweg
Viele nutzen ältestes Heizmaterial der Welt als Alternative zu Gas und Strom
Madrid – tl/ds/se. Mitten in der Energiekrise und kurz vor dem Winter besinnen sich viele Spanier auf das älteste Heizmaterial der Welt: Holz. Die Lieferanten kommen gar nicht mehr nach, alle Bestellungen zu erfüllen. „Wir hatten eine Million Kilo Brennholz hier liegen, jetzt haben wir nichts mehr auf Lager“, sagt Holzhändler Leonardo Heras. Seine Firma Heras Pro verkauft verschiedene Sorten Holz in Madrid und Segovia und macht die gleichen Erfahrungen wie alle Holzhändler im Land: Obwohl 70 Prozent aller Heizungen in Spanien mit Gas oder Strom laufen, sind Pellets, Holzspäne und Brennholz bei den derzeit hohen Energiekosten eine Heizalternative geworden. Nach Daten der Spanischen Vereinigung für die energetische Analyse von Biomasse (Avebiom) werden in Spanien 14,7 Prozent der Wärme mit Holz erzeugt. Tendenz steigend.
Was sich natürlich auch auf den Holzpreis auswirkt. Die Verbraucherschutzorganisation OCU stellt fest, dass in den vergangenen Monaten die Brennholzpreise um 20 bis 30 Prozent gestiegen sind. Bei Pellets sogar um 67 Prozent. Gegenüber 2017 hätten sich die Importe in diesem Jahr verdoppelt, sagt OCU. Angesichts der starken Nachfrage steuert der Pelletpreis munter auf die 400 Euro pro Tonne zu. In Frankreich sind es mittlerweile schon 600 Euro.
Die nationale Pellet-Produktion betrug laut Avebiom 2020 genau 704.700 Tonnen. 2022 seien es bereits 806.700 Tonnen. Die Firma Tienda Biomasa in Castellón, die Pellets aus Brennholz herstellt und vertreibt, berichtete von einer um 40 Prozent gestiegenen Nachfrage im Vergleich zum vergangenen Jahr. Entsprechend seien die Preise gestiegen. Was sich am besten am 15-Kilo-Sack nachweisen lasse. In den vergangenen Jahren habe der Preis mit leichten Schwankungen stets um die vier Euro betragen. Im ersten Quartal 2022 seien es 5,72 Euro gewesen, im zweiten Quartal 5,63 Euro, und jetzt liege man schon bei fast elf Euro.
Um Holz zum Heizen nutzen zu können, bedarf es eines Ofens. Der Herstellerverband AEFECC registrierte schon 2020 einen Anstieg der Nachfrage nach Holzöfen
um 19 Prozent. Als die Strom- und Gaspreise ein Jahr später kräftig anzogen, stieg der Absatz noch einmal um 30 Prozent. „Vor allem im August und September war die Nachfrage unverhältnismäßig hoch“, erzählt AEFECC-Präsident Carlos Oliván.
Ein Holzofen ist also nicht mehr nur ein dekoratives Element in der Wohnung, sondern eine noch immer günstige Heizung. „In einem Einfamilienhaus gehen Dreiviertel der Energiekosten auf die Heizung drauf. Da bedeutet ein Holzofen schon eine deutliche Ersparnis“, sagt Oliván.
Aktuell werden in Spanien mehr Öfen verkauft, in denen Brennholz verschürt wird, als Pellet-Öfen. „In den vergangenen zehn Jahren ist die Nachfrage nach Pellets ständig gestiegen, dieses Jahr ist Brennholz stärker gefragt“, sagt der AEFECC-Präsident.
Doch auch die Ofen-Hersteller leiden unter den Lieferschwierigkeiten. Inzwischen muss ein Kunde, der einen Brennholzofen bestellt, oft zwischen drei und sechs Monaten auf das gute Stück warten. Früher habe es nicht länger als eine Woche gedauert, äußert Oliván.
Auch in Dénia an der Costa Blanca werden viel mehr Brennholzöfen verkauft wie früher und man muss auf einen etwas ausgefalleneren Ofen inzwischen über drei Monate warten. Bei gängigen Modellen hat sich die Lieferzeit von einer Woche auf ein oder zwei Monate verlängert. „Wir verkaufen auch noch viele Pellet-Öfen, aber die steile Aufwärtstendenz ist gebrochen“, sagt Nieves Suárez von Chimeneas Naymo. „Das liegt daran, dass die Pellets nicht mehr so billig sind wie früher. Manche Pellet-Fabrikanten haben ihren Preis verdreifacht. Und auch Pellet-Öfen sind teurer geworden.“
Moderne Holzöfen haben inzwischen einen deutlich höheren Wirkungsgrad als ältere Modelle. Auch die Feinstaubbelastung – einer der wenigen Kritikpunkte in der CO2-neutralen Holzverbrennung – ist niedriger.
Beim Brennholz sind Harthölzer wie Steineiche und Eiche am stärksten gefragt. Dann Olivenbaum, ebenfalls ein ideales Brennholz. Aber auch Pinie, Esche und Ulme wandern in den Ofen oder Kamin. Im Schnitt ist Brennholz in den vergangenen Monaten um 25 bis 35 Prozent teurer geworden. Der Preis für das Kilo Steineiche schwankt zwischen 0,23 und 0,24 Euro. Eiche und Olivenbaum sind mit 0,20 Euro pro Kilo etwas günstiger. Preise und Nachfrage sind aber stark abhängig von Wohnort und Transportweg. In Asturien, wo schon immer viel mit Holz geheizt wird, ist Brennholz noch am billigsten.
In Pego an der Costa Blanca wird nach Kubikmetern abgerechnet. Bei Leñas Frau bekommt man dieses Jahr 2,5 Kubikmeter – einen kleinen Lastwagen – Orangen-, Oliven- oder Mischholz für 190 Euro, hochwertiges Eichenholz kostet 250 Euro. Letztes Jahr kostete ein kleiner Lastwagen mit Mischholz noch 160 Euro.
„Wir haben gut zu tun. Viele Kunden haben dieses Jahr schon im August und September liefern lassen“, berichtet Maica Gonzales von Leñas Frau. „Jetzt, Ende Oktober, haben wir schon so viel Brennholz verkauft, wie früher im ganzen Winter.“
Weil jedes Jahr mehr Kunden kommen, hat sie dieses Jahr mehr Holz bestellt, beide Lagerplätze sind noch gut bestückt. „Doch nachbestellen kann ich nicht mehr“, sagt die Geschäftsfrau. „Wenn es kalt wird und ein Ansturm kommt, kann es sein, dass wir das Ausverkauft-Schild aufhängen müssen.“
Ginge es nach der Pellet-Branche könnte Holz als Heizalternative in Spanien eine noch bedeutendere Rolle spielen. „Wir haben seit Jahren ungenutzte Wälder, die obendrein einer hohen Waldbrandgefahr ausgesetzt sind, weil sie nicht vernünftig bewirtschaftet werden“, sagt Jorge Herrero, Projektdirektor beim Pellet-Dachverband Apropellet. Mit einer klugen Forstwirtschaft könnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Zum einen ließe sich die forstliche Biomasse nutzen, zum anderen Waldbrand-Prävention betreiben, indem das geleistet werde, was früher Schafe und Ziegen übernommen hätten.
„Wenn es kalt wird und ein Ansturm kommt, kann es sein, dass wir das Ausverkauft-Schild aufhängen müssen.“