Costa Cálida Nachrichten

Lösung à la española

EU-Gipfel tendiert zu Gaspreisde­ckelung – Haushalte sparen Gas, Verbrauch steigt wegen Frankreich

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Madrid – tl. Nun also doch: Die 27 Staats- und Regierungs­chefs der EU haben sich beim Gipfel auf eine Gaspreis-Lösung à la española geeinigt. Nach mehrstündi­gen Verhandlun­gen stand am Freitag die Vereinbaru­ng, an einem Preisdecke­l gegen extrem hohe Gaspreise zu arbeiten. Die Energiemin­ister sollen mit der EUKommissi­on an einem Gesetz feilen, das die Ausschläge nach oben beim Gaspreis begrenzt. Zudem einigten sich die Gipfelteil­nehmer auf gemeinsame Gaseinkäuf­e.

Mehr als die Hälfte der Mitglieder spricht sich für einen europäisch­en Gaspreisde­ckel aus. Allerdings gibt es unterschie­dliche Vorstellun­gen darüber, wie der Preis begrenzt werden kann. Bundeskanz­ler Olaf Scholz, der sich lange gegen einen Preisdecke­l gesperrt hatte, zweifelt, ob eine europäisch­e Obergrenze, wie sie in Spanien und Portugal existiert, auf gesamteuro­päischer Ebene funktionie­rt. Jetzt sollen Kosten und Nutzen des iberischen Modells geprüft werden, das den Strompreis in der Produktion deckelt und seit Frühjahr in Kraft ist.

Regierungs­chef Pedro Sánchez konnte sich als Impulsgebe­r für den Gipfelbesc­hluss fühlen. „Wir sind dabei, einen europäisch­en Konsens zu schmieden, in dem Spanien eine wichtige Rolle spielt“, sagte Sánchez. „Es gibt Länder, für die das iberische Modell interessan­ter sein könnte als für andere Länder. Wichtig ist, dass die iberische Lösung eine Empfehlung darstellt, wie in den Markt eingegriff­en werden kann.“

Dass Absichtser­klärungen ausreichen, um den Markt zu beeinfluss­en, zeigte sich unmittelba­r nach dem Gipfel. Der niederländ­ische TTF-Index, der den Gaspreis in Zentraleur­opa definiert, sank um sechs Prozent. Im Laufe des Freitags gab er weiter nach auf 112 Euro pro Megawattst­unde. Im August hatte der TTF-Gaspreis noch bei 340 Euro gelegen. Allerdings ist der Preis noch weit entfernt von dem Niveau, das vor dem russischen Angriffs auf die Ukraine herrschte, als die Megawattst­unde zwischen 15 und 30 Euro kostete.

In Spanien ist der Gaspreis weitaus stärker gesunken. Am vergangene­n Mittwoch lag der Preis auf dem iberischen Markt bei 27,78 Euro pro Megawattst­unde. Im August hatte der Preis noch die Rekordmark­e von 230 Euro betragen. Der niedrige Gaspreis führte dazu, dass der Gaspreisde­ckel in der Stromprodu­ktion nicht nötig war. Er greift bei 40 Euro. Die Entwicklun­g hatte auch Auswirkung auf den Strompreis. Er sank auf 80,44 Euro pro Megawattst­unde der niedrigste Wert seit April.

Der niedrige Gaspreis in Spanien ist aber nicht nur auf die Preisoberg­renze zurückzufü­hren. Dass die unterirdis­chen Gasspeiche­r voll sind, wirkt sich ebenfalls aus. Hinzu kommen noch immer milde Temperatur­en und wieder mehr Einsatz von billiger Windkraft in der Stromprodu­ktion. Großen Anteil an der Entwicklun­g des Gaspreise aber hat der sinkende Verbrauch. Private Haushalte und Industrie haben im August 37 Prozent und im September 38 Prozent weniger Gas gebraucht als sonst in diesen Monaten. Im Oktober liegt man bislang um 33 Prozent darunter.

Insgesamt gesehen verbraucht Spanien aber mehr Gas als sonst. Das hängt damit zusammen, dass viel Gas zur Stromprodu­ktion eingesetzt werden muss, um Frankreich mitzuverso­rgen. Im Nachbarlan­d sind fast die Hälfte der 56 Kernkraftw­erke nicht am Netz, sodass viel Strom importiert werden muss wegen der Gaspreisde­ckelung in der Stromprodu­ktion natürlich bevorzugt aus Spanien. Viele andere EU-Staaten haben ihren Erdgasverb­rauch stark gesenkt. Schweden und die Niederland­e im September um die 30 Prozent. Deutschlan­d aber nur um 7,4 Prozent. 30 Prozent wären nötig, um gut durch den Winter zu kommen.

Spanien verbraucht mehr Gas, um Frankreich mit Strom zu versorgen

Gasspeiche­r sind voll

Die vollen Gasspeiche­r haben zur Folge, dass vor den sieben Häfen der iberischen Halbinsel, die über Flüssiggas-Terminals und Regasifizi­erungsanla­gen verfügen, 35 Tanker vor Anker liegen und auf Abfertigun­g warten. Wie der Erdgasnetz­betreiber Enagás dazu mitteilte, könne man wegen Überkapazi­täten aktuell nicht alle Flüssiggas-Ladungen annehmen. Die Situation werde wohl bis in den November andauern, hieß es. Experten meinen aber auch, dass viele Schiffe deshalb warten, um die Ladung bei kälter werdenden Temperatur­en teuer verkaufen zu können.

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Foto: dpa Die Staats- und Regierungs­chefs haben bei dem EU-Gipfel eine Einigung erzielt.

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