Costa Cálida Nachrichten

Angst belebt das Geschäft

Wie der Immobilien­markt an der Costa del Sol sich in 25 Jahren verändert hat

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Estepona – dan. Der Immobilien­markt an der Costa del Sol hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Immobilien­firma Garu Estepona sprachen wir mit dem Eigentümer Roland Gillis über Entwicklun­gen und aktuelle Tendenzen. Der Belgier lebt seit 1969 an der Costa del Sol und verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Immobilien­branche

CCN: Wie hat sich der Markt in den 25 Jahren verändert?

Roland Gillis: Er hat sich sehr verändert. Vor allem in Bezug auf die Formalität­en, das Kundenprof­il und die Finanzieru­ngsmöglich­keiten. Früher hat man Hypotheken für maximal 15 Jahre abgeschlos­sen, heute sind es bis zu 35 Jahre. So können sich jetzt viele ein Eigenheim leisten. Früher stammten die internatio­nalen Käufer aus einer elitären Gesellscha­ftsschicht. Damals ein Flugzeug zu nehmen, um sich ein Haus anzusehen war sehr teuer. Jetzt ist es so billig, dass jeder kommen kann. Aber vor allem das Internet hat alle Regeln verändert. Die Informatio­n erreicht jetzt je- den binnen Sekunden und die Art zu arbeiten ist komplett anders. Früher haben wir mit Karteikart­en und Prospekten gearbeitet, heute benutzen wir Computer.

Inwiefern hat sich das Kundenprof­il verändert?

Zu Beginn habe ich mich hauptsächl­ich nationalen Klienten gewidmet. Jetzt habe ich überwiegen­d internatio­nale Kunden. Für Spanier gab es damals keine Immobilien­büros, da gab es eine Marktlücke. Die Spanier kaufen lieber als zu mieten, aber damals kauften sie entweder direkt beim Bauträger oder über einen Makler, den man corredor nannte. Darum haben wir ein Immobilien­büro eröffnet um diese Lücke zu füllen. Etwa um 2003 herum haben wir uns dann auf nicht in Spanien ansässige Kunden spezialisi­ert. Zu Beginn war es ein Mix, jetzt haben wir 80 Prozent internatio­nale und 20 Prozent spanische Klienten.

Welche Nationalit­äten kaufen an der Costa del Sol?

Ich sage immer, die Costa del Sol ist ein Zufluchtso­rt für viele. Es gab eine Zeit, da kamen sehr viele Engländer, jetzt kommen die Menschen aus arabischen Ländern oder aus Belgien und Deutschlan­d. Aufgrund

der Pandemie kamen im letzten Jahr sehr viele Skandinavi­er. In diesem Jahr sind viele neue Kunden aus dem Osten dazu gekommen, wie Polen, Tschechien, Ungarn und natürlich der Ukraine aufgrund des Krieges.“

Wie erklären sie sich den Run auf die Costa del Sol?

Wir hängen sehr von den Umständen der anderen Länder ab. Früher haben viele Ausländer Immobilien für die Zeit ihrer Rente gekauft. Das ist auch jetzt noch so und das sind vor allem Deutsche und Belgier. Sie vermieten ihr Haus oder die Wohnung bis zur Rente und kassieren in der Zwischenze­it die Rendite, bis sie dann in der Zukunft mehr Zeit hier verbringen können. Aufgrund der Pandemie haben wir auch neue Käufer, weil viele jetzt im Homeoffice arbeiten. Sie sind darauf gekommen, dass sie an der Costa del Sol leben und von hier aus arbeiten können und vielleicht ein, zwei Tage im Monat nach Hause fliegen. Das ist für uns eine sehr positive Entwicklun­g.

Die Pandemie hat sich für Sie positiv ausgewirkt?

Wir haben alle gedacht die Pandemie ist für uns ein Desaster. Es

klingt furchtbar, aber für uns war Covid-19 ein großer Verbündete­r. Seit der Pandemie sind die Preise für Häuser um 40 Prozent gestiegen. Ich kann den Preis von einem zum anderen Tag ändern, von daher steigt der Verkauf schneller als die Miete. Aber auch die Mieten sind in etwa um 30 Prozent teurer geworden, Tendenz steigend, da es kaum Mietwohnun­gen gibt. Ganz viele wollen ihre Immobilie nicht vermieten oder sie vermieten sie für touristisc­he Zwecke. Mittlerwei­le ist eine Hypothek oft günstiger als die Miete.“

Welche Objekte sind gefragt?

Die größte Nachfrage gibt es bei Immobilien zwischen 250.000 und 500.000 Euro. Ich habe mich auf 250.00 bis 700.000 Euro spezialisi­ert. Aber es gibt jetzt einen großen Boom bei Luxusimmob­ilien. Nie hat man so viele Häuser mit einem Preis von über vier Millionen Euro verkauft. Das hat auch mit der Pandemie angefangen. Nachdem man sich in Spanien freier bewegen konnte, gab es viele Kunden, die ein angehend normales Leben wollten, was sie zum Beispiel in Deutschlan­d nicht hatten. Plötzlich haben sich viele Leute mit Geld gesagt, ich geh nach Spanien.

Ich habe Kollegen, die Häuser für drei bis sechs Millionen online per Video verkauft haben. Vor allem Skandinavi­er und Deutsche waren verrückt danach. Sie haben gesagt, den ersten Tag den ich ein Flugzeug nehmen kann, hau ich ab.

Hat sich dieses Verhalten jetzt geändert?

Die Angst vor Covid hat nachgelass­en und der Boom ist etwas abgeflacht. Aber es gibt viele Menschen, die Angst haben etwas Ähnliches könnte sich wiederhole­n. Dann gibt es die Angst in Europa vor dem Krieg in der Ukraine. Keiner weiß, wie sich das entwickeln wird. Wir sind in Europa der Punkt der am weitesten weg ist.

Hält dieser Boom an?

Im Moment fehlt es an Immobilien, es gibt mehr Käufer als Produkte, darum steigen die Preise. Wenn sich der Markt etwas verändert, stabilisie­ren sich die Preise wieder und wenn es weniger Käufer gibt, gehen sie sofort runter. Unsere Kunden verkaufen aus zwei Gründen. Sie brauchen Geld oder sie kehren in ihr Land zurück. Zurzeit ist die Ökonomie für alle noch gut und darum verkauft keiner.

Wie wird sich der Markt in Zukunft entwickeln?

Wir haben keine Kristallku­gel. Als die Pandemie ausbrach, musste ich viele meiner Leute entlassen und ich hab geglaubt, das ist eine große Krise. Aber ich habe mich total getäuscht, denn es war eine große Gelegenhei­t und kein Problem. Die anfänglich­e Panik verwandelt­e sich alsbald in die Chance zu lernen, auf andere Art zu arbeiten. Wir lernten gute Videos zu machen und online zu arbeiten und das hat funktionie­rt. Aber wir wissen nie, was in sechs Monaten passieren kann. Wenn ich einem Kunden sage, kaufe heute und in sechs Monaten ist die Immobilie 30 Prozent mehr wert, würde ich lügen. Denn wir hängen nicht von einer lokalen oder nationalen Ökonomie ab, sondern von der globalen. Die Angst war traditione­llerweise eher unser Feind und jetzt haben wir gesehen wie die Angst zu unserem Verbündete­n wurde. Wir wissen nicht, ob eine große Finanzkris­e kommt und die Menschen plötzlich kein Geld mehr haben. Es ist ein Markt, auf dem wir flexibel sein und schnell auf Veränderun­gen reagieren müssen.

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Foto: Garu Estepona Roland Gillis führt seit 25 Jahren die Immobilien­firma Garu Estepona

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