Vom Sofa bis zu Chlorophyll
Taucher holen allerhand Sperrmüll aus dem Mar Menor und Forscher finden immer mehr Blattgrün
Cartagena – sg. Eine Autobahnlaterne, ein Baustellencontainer, eine Heizung, ein Sofa, eine Waschmaschine, Lkw-Reifen und jeden Menge Plastikschläuche: Das ist nur eine Auswahl an Objekten, die Taucher gemeinsam mit Fischern der Genossenschaft von San Pedro del Pinatar in zehn Tagen vom Meeresgrund des Mar Menor geräumt haben. Die Reinigungstrupps tauchten in den Küstengebieten der Isla del Ciervo, Isla Perdiguera und der Bucht Cala del Pino ab. Insgesamt kamen 15 Tonnen Müll zusammen, die an Land sortiert und entsorgt wurden.
Die Bedingungen im Mar Menor seien sehr gut gewesen,um große Gegenstände aus dem Wasser zu ziehen und auf die drei Fischerboote zu hieven, die im Einsatz waren, sagte der Präsident der Genossenschaft José Blaya. Sintflutartige Regenfälle hatten den sperrigen Unrat mit ins Mar Menor gerissen.
Tonnenweise Abfall
Die Umwelt-Kampagne wurde von der Stiftung der Bierbrauerei Estrella Levante in Murcia ins Leben gerufen. Bereits im vergangenen Jahr wurden zwei gleiche Aktionen durchgeführt, bei denen Fischer und Taucher mehr als 25 Tonnen Abfall aus dem Binnenmeer zogen. Mit diesen Initiativen solle das Bewusstsein geschärft werden, dem Mar Menor zu helfen, sich zu erholen, sagte der Umweltbeauftragte der Stiftung Juan Antonio López Abadia.
Zwar ist das Mar Menor nun 15 Tonnen Müll losgeworden, doch damit hört die Verschmutzung nicht auf. Im Gegenteil. Wissenschaftler
des Ozeanographischen Instituts (IEO-CSIC) in Málaga haben über einen Zeitraum der letzten 20 Jahre eine Zunahme der Chlorophyllkonzentration vor der Küste des Mar Menor um drei Prozent pro Jahr festgestellt. Das ist bemerkenswert, weil die Konzentration des Blattgrüns im Mittelmeer kontinuierlich abnimmt – in 20 Jahren um 20 Prozent.
Den gegenteiligen Trend im Mar Menor erklären die Wissenschaftler mit der Eutrophierung des Binnenmeers, also mit einem Überangebot an Nährstoffen in Form von Nitraten und Phosphaten, die aus den Düngemitteln der Landwirtschaft stammen und in das Binnenmeer fließen. Zu viele Nährstoffe bewirken eine starke Algenvermehrung, die das Mar Menor zu ersticken droht.
Die Chlorophyllkonzentration ist vereinfacht ausgedrückt ein Maß für die Algenmenge in einem Gewässer. Der umgekehrte Fall, zu wenig Chlorophyll wie im Mittelmeer, ist ebenso schädlich. Nicht nur, dass es an Nährstoffen mangelt, die Meere verlieren mit dem Chlorophyll auch ihre Fähigkeit, Kohlenstoff aus der Luft zu binden. Für beide Phänomene machen die Forscher gleichermaßen den Klimawandel mit seinen steigenden Temperaturen verantwortlich. Durch die Erwärmung werden die sogenannten thermischen Schichtungen des Gewässers stabiler und durchmischen sich nicht mehr ausreichend. Die Folge ist, dass das ohnehin schon chlorophyllarme Oberflächenwasser des Mittelmmeeres keinen Nachschub mehr aus unteren Schicht bekommt und immer mehr Blattgrün verliert.
Für das Oberflächenwasser im Mar Menor gilt das Gegenteil, die Chloropyllkonzentration und damit die Algenproduktion steigen mit den Temperaturen. Das Wasser färbt sich grün.
Die Wissenschaftler des IEOCSIC haben die Chlorophyllkonzentration an der Oberfläche des spanischen Mittelmeeres der letzten 20 Jahren anhand von Satellitenbildern analysiert und die Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Remote Sensing Applications: Society and Environment“veröffentlicht.
Erwärmung lässt die Chloropyhllkonzentration steigen und sinken