Tänzelnd auf der Rasierklinge
Steigender Druck auf Orihuelas Bürgermeisterin – Gracia muss zugleich Zeit gewinnen und liefern
Orihuela – sw. Wie lange würden die Frühlingsgefühle andauern? Das fragten sich viele, als Carolina Gracia (PSOE) und José Aix (C´) im April ihren unerwarteten Pakt eingingen und in Orihuela die PP-Regierung des umstrittenen Emilio Bascuñana stürzten. Bisher hält der Laden – aber mit Ach und Krach. Gracia und Aix lächeln die sozialistisch-liberalen Differenzen noch weg. Aber nicht so der Dritte im Bunde. Die Linksalternativen von Cambiemos, die Gracias Misstrauensvotum unterstützt hatten, haben die Nase fast voll.
„Drastische Veränderungen“fordert Cambiemos im Rathaus, sonst gehe man in den absoluten Oppositionsmodus. Der Grund: Die Stadt sei in den vergangenen Monaten von einer „konstanten Neigung nach Rechts“geprägt. Die liberale C´s übe eine „exzessive Kontrolle“auf Orihuela und Gracias Regierung aus.
Soziale Politik würde blockiert oder erschwert. Stattdessen treibe das Rathaus – unter liberaler Federführung – munter die Bebauung der Bucht Cala Mosca voran und tue nichts dafür, dass „durch das Bistum gestohlene Grundstücke“an die Stadt zurückgingen. Kritik
üben die Linksalternativen zusehends an der Ortschefin, die sich partout nicht äußern will, was die heißen Eisen angeht. So auch nicht zu den juristischen Ermittlungen wegen mutmaßlichem Amtsmissbrauch gegen die zwei C´s-Stadträte Luisa Boné und Ángel Noguera.
Ausgegangen war hier ausgerechnet eine Klage von Cambiemos, als die Liberalen noch mit der PP regierten. Wie es mit den beiden weitergeht, steht in den Sternen. Doch viel entscheidender für
die Bürger: Auch Orihuelas für Juni versprochener – seit Jahren fälliger – neuer Haushaltsplan ist immer noch nicht verabschiedet.
Wird er das bis zur Kommunalwahl im Mai 2023 sein? Das beteuern Gracia und Aix. Man konzentriere sich bei der Erarbeitung auf das neue Jahr – daher die Verzögerung. Nur fragt man sich: Wie wollen die Parteien sich einigen? Schon in der PP-C´s-Zeit kochte in Orihuela jeder sein eigenes Süppchen. Ideologisch dagegen ist C´s schon länger außer Rand und Band.
Seit dem Rechtsruck der Liberalen auf nationaler Ebene sind sie von der PSOE eigentlich weit entrückt – und befinden sich zugleich im freien Fall. Auch in Orihuela haben C´s, die mit José Aix einst den Bürgermeister stellen wollten, wohl keine Zukunft mehr. Das weiß Gracia, auf einer Rasierklinge tänzelnd: Irgendwie muss die Sozialistin die Zeit bis zu den Wahlen überbrücken, zugleich aber liefern und dabei die eigene – und die örtliche – Wählerschaft beachten.
Das Spektrum in der Vega Baja ist per se recht konservativ. Für Sozialistisches – geschweige denn Alternativlinkes – bleibt nicht viel Raum. Die PP dagegen hat mit Moros-y-Cristianos-Ikone Pepe Vegara einen starken – und unbelasteten – Kandidaten fürs 2023 aufgestellt. Die Frühlingsgefühle könnten im Mai schneller als gedacht wieder eine neue alte Farbe annehmen.