In den Mühlen der Bürokratie
Genehmigungsstau gefährdet Hunderte von Ökostrom-Projekten
Madrid – tl. Die Ökostrombranche schaut mit Bangen auf den Kalender. Der 25. Januar ist rot unterstrichen – und rückt immer näher. An diesem Tag müssen die Umweltverträglichkeitsprüfungen für Hunderte von Windkraft- und Photovoltaik-Projekten von den zuständigen Verwaltungen – sprich: Regionalregierungen und Energieministerium – genehmigt worden sein. Sonst geht nicht nur die Erlaubnis flöten, ins Stromnetz einzuspeisen, sondern auch der garantierte Preis von 40 Euro pro Megawatt. Die Verwaltungen aber sind heillos überfordert mit dem Antragsvolumen. Vor allem bei den Regionalregierungen hakt es.
Von dem Genehmigungsstau betroffen sind Projekte mit einer Gesamtleistung von über 100 Gigawatt. Also keine Kleinigkeit. 100 Gigawatt sind das Doppelte der aktuell installierten Windkraftund Photovoltaik-Leistung. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist dabei quasi der „krönende Abschluss“des Verfahrens. Platzen nun die Projekte, wäre mit einer Welle von Schadensersatzforderungen zu rechnen.
Das Energieministerium aber verweist lediglich auf das, was Ministerin Teresa Ribera unlängst dazu gesagt hat. „Wir haben nicht das geringste Interesse, die Frist zu verlängern“, stellte sie klar. Man habe eine Runde mit allen autonomen Regionen gehabt und deutlich gemacht, dass es bereits im vergangenen Jahr eine Fristverlängerung gegeben habe mit dem ausdrücklichen Appell, die Genehmigungen rechtzeitig zu erledigen. „Und dabei bleibt es“, so Ribera.
Auch die Branche sieht die Regionen in der Pflicht. Bei den Regionalregierungen „staut es sich am meisten“, sagt José María González Moya, Generaldirektor der Vereinigung der ErneuerbareEnergie-Unternehmen (Appa). Die EE-Unternehmen werden jedenfalls zunehmend nervös, je näher der 25. Januar rückt. Man geht davon aus, dass Photovoltaik-Projekte mit einer Gesamtleistung von 88 Gigawatt auf dem Spiel stehen sowie Windkraft-Projekte mit 38 Gigawatt. Die Verwaltungen seien schlichtweg überfordert, heißt es.
Die Zahl der Projekte habe sich zwischen 2019 und 2021 verzehnfacht. „Diese Flut hat die Verwaltungen kalt erwischt“, nimmt Luis
Atienza, Ex-Chef des Stromnetzbetreibers REE, die Behörden in Schutz. „Einige haben in guter Absicht externe Hilfe in Anspruch genommen, aber letztendlich muss ein Beamter den Antrag absegnen.“Auch der Versuch, den
Grundsatz des administrativen Schweigens – eine Nicht-Antwort der Behörde gilt dann als Ja – anzuwenden, habe nichts gebracht. „Die behördliche Genehmigung ist der Flaschenhals beim Ausbau der Erneuerbaren Energien – sowohl hierzulande als auch im übrigen Europa“, sagt der Energieexperte Laureano Álvarez von Monitor Deloitte.
Der Genehmigungsstau ist auch die Folge eines Regierungsentscheids. Per Dekret wollte man die Unsitte beenden, dass Anträge auf Einspeisemöglichkeiten beim Netzbetreiber REE gestellt werden, bloß um die Genehmigung gewinnbringend zu verkaufen. So wurden bestimmte Fristen geschaffen, die einzuhalten sind, damit die Projekte am Laufen bleiben. Für die Genehmigung des Umweltverträglichkeitsgutachtens wurde Januar 2022 gesetzt. Das löste einen Run aus, um die Einspeisemöglichkeiten nicht zu verlieren.
Genehmigungen als Flaschenhals für Erneuerbare Energien