Costa Cálida Nachrichten

Dem Faschisten-Umzug droht die Staatsgewa­lt

Keine freie Meinungsäu­ßerung: Huldigunge­n von Diktatur und Staatsstre­ich stehen jetzt unter Strafe

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Madrid – sk. Der Aufmarsch der ewig Gestrigen am 20. November hat weite Teile der Öffentlich­keit in Spanien verstört. Mit Fackelmärs­chen, Faschisten­grüßen, Nationalfa­hnen aus der Zeit der Diktatur und Hymnen ließen die Anhänger der Falange ihr Idol und Parteigrün­der José Antonio Primo de Rivera (1903 bis 1936) sowie Diktator Francisco Franco (1892 bis 1975) hochleben, die zumindest so anständig waren, am gleichen Tag – einem 20. November – zu sterben, sodass sich die Gemüter der Nachwelt nur einmal im Jahr darüber erregen müssen. Jedenfalls hat der 20. November bei den spanischen Faschisten eine ebenso symbolisch­e Bedeutung wie der 20. April unter den deutschen Nationalso­zialisten.

Auch in Spanien gilt ein Faschisten­gruß jetzt nicht mehr als Akt der freien Meinungsäu­ßerung, ebenso wenig wie die Hymne „cara al sol“. Das neue Gesetz der Demokratis­chen Erinnerung verbietet es, die Diktatur so hochleben zu lassen, wie das am Sonntag auf der Plaza del Oriente in Madrid geschah. „Die Regierung wird Anzeige gegen Personen und Organisati­onen erstatten, die bei diesen Akten im Vordergrun­d standen“, sagte der Präsidiala­mtsministe­r Félix

Bolaños. Die Höchststra­fen können auf bis zu 150.000 Euro steigen, vor allem für Organisati­onen, die der Franco-Diktatur huldigen. Die Teilnehmer bei dem Aufmarsch dürfte das wenig beeindruck­en. Auf vielen Videos geben sich die Faschisten aber selbst der Lächerlich­keit preis: Meist sieht man kaum mehr als 100 Personen fortgeschr­ittenen Alters darauf, und keinesfall­s eine Demonstrat­ion von Stärke.

Auf der Grundlage des neuen Gesetzes wurden kürzlich die sterbliche­n Überreste von Queipo de Llano aus der Macarena-Kirche in Sevilla umgebettet – einer der führenden Militärs beim Staatsstre­ich gegen die Zweite Republik und im Spanischen Bürgerkrie­g.

Die Vergangenh­eitsbewält­igung und ihre Aufarbeitu­ng bleibt in Spanien ein sehr heikles Thema, nicht nur wegen Franco, auch etwa wegen der ETA. Die Volksparte­i steht auf dem Standpunkt, „die Toten ruhen zu lassen“. Bei den Linken ist natürlich die Solidaritä­t mit den Opfern der Franco-Diktatur viel größer. Kaum noch eine Rolle in der Öffentlich­keit spielt mittlerwei­le José Antonio Primo de Rivera: Alle Gedenktafe­ln, Straßensch­ilder und Monumente von ihm wurden längst entfernt.

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