Verhallter Appell zum Dialog
Puigdemont fordert Madrid zu Gesprächen über Zukunft Kataloniens
Barcelona – sk. Ähnlich wie die stärker werdende Pro-EuropaBürgerinitiative „Pulse of Europe“, gibt es auch Katalanen, die sich für den Verbleib ihrer Region in Spanien stark machen. Am Sonntag protestierten einige Tausend in Barcelona unter dem Motto „Stoppt den separatistischen Coup. Für Demokratie, Freiheit und Zusammenleben“. Die Demonstranten schwenkten sowohl die europäische als auch die katalanische Flagge und trugen Banner und Schilder, auf denen stand „Katalonien ist Spanien“und „Ich bin Spanier“.
Wohl nicht genug, um die Regionalregierung von ihren Unabhängigkeitsstreben abzubringen. Wünscht sich doch die Mehrheit der Katalanen ein Referendum – auch wenn jüngsten Umfragen zufolge 46,8 Prozent sich gegen eine Abspaltung von Spanien und nur 45,5 Prozent dafür aussprechen. Die Katalanen auf der Demonstration vom Sonntag wollten sich bei ihrer Regierung Gehör verschaffen – und forderten genau das, was Ministerpräsident Carles Puigdemont und der Vorsitzende der Republikanischen Linken ERC, Oriol Junqueras, ihrerseits auf eindrucksvolle Weise in ihrem offenen Brief von der spanischen Regierung verlangen: Dialogbereitschaft.
Die beiden Separatisten schielen nun nach Schottland und auf die dortige Unabhängigkeitsbewegung. Dort, so die beiden Autoren, konnte eine Volksbefragung mit der sehr klaren Fragestellung „Soll Schottland ein unabhängiges Land sein? Ja oder nein“gestellt werden, ohne dass Gerichte und politische Kampagnen permanent Steine in den Weg dieses Vorhabens gelegt hätten.
Natürlich hagelte es danach Kritik aus Madrid. Leicht fiel es der Regierung, den SchottlandVergleich zu verreißen. Schließlich gibt es im Vereinten Königreich keine kodifizierte Verfassung, die wie die spanische eine derartige Volksbefragung explizit verbietet.
Und das Angebot zum Dialog fegte Regierungssprecherin Soraya Sáenz de Santamaría schnell vom Tisch: „Dialog heißt nicht fordern, was nicht gewährt werden kann. Da wird auch kein Dialog eingefordert oder angeboten, sondern eine Volksbefragung, die gegen die Verfassung verstößt, und die Spanier und ihre Meinung über die Gesamtheit der spanischen Nation nicht berücksichtigt.“
Wie Puigdemont und Junque- ras bereits erwartet hatten, scheiterten sie dabei, die spanische Regierung von ihrer unbeweglichen Haltung abzubringen. Das wird sie aber keineswegs von ihrem Vorhaben abbringen, ein Referendum noch in diesem Jahr durchzuführen. Sie wähnen 80 Prozent der Katalanen hinter sich. Gewonnen hat die spanische Regierung mit dieser frontalen Ablehnung also erstmal gar nichts.
Die beiden Führer der Unabhängigkeitsbewegung glauben sogar, dass „der Staat alle Katalanen im Stich lässt, auch diejenigen, die keine Unabhängigkeit wollen. (...) Dass sie keine Separatisten sind, heißt nicht, dass sie diese Herabwürdigung Kataloniens nicht zutiefst bedauern und ihre Konsequenzen spüren. (...) Für diese Katalanen und alle anderen wird die Regionalregierung die Urnen aufstellen. Sie sollen entscheiden, es ist ihr Recht, und sie werden es ausüben.“
Da stellt sich die Frage, ob ihr Appell zum Dialog nicht vielleicht zu schnell in den Wind geschlagen wurde. „Die Stunde, Politik zu machen, hat schon vor geraumer Zeit geschlagen“, heißt es im Brief. Als eine demokratische Regierung stünde Madrid in der Pflicht, den Katalanen Gehör zu schenken und über ihre Anliegen zu sprechen. „Doch sie versteckt sich hinter dem Verfassungsgericht, dem Strafgericht und dem Obersten Gerichtshof und stellt die Unabhängigkeit der Justiz auf die Probe.“Vielleicht öffneten Puigdemont und Junqueras ein letztes Mal die Tür zu Gesprächen über die Anliegen der Katalanen. „Werden wir lange auf sie warten müssen? Werden sie überhaupt kommen? Wenn es dann zu spät sein wird, bitte, schieben Sie nicht uns die Schuld zu.“
„Dialog heißt nicht fordern, was nicht gewährt werden kann.“