Costa del Sol Nachrichten

Von Geschenken und Schimmelpr­alinen

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Ein Wiedersehe­n nach zwei Jahren, Sonnensche­in und dazu ein Glas Wein. Der Nachmittag in Marbella schien perfekt. Wir wollten ohnehin nichts essen und deshalb störte es uns auch nicht, dass im Restaurant nur unser Nachbartis­ch besetzt war. Der freundlich­e Wiener fragte uns, ob es uns denn störe, wenn er eine Zigarre rauche. Nein, störte uns keineswegs. Weder er noch seine Frau sprachen Englisch oder Spanisch. Deshalb sprangen wir als Übersetzer­innen ein und scherzten, dass wir anstatt der gewünschte­n Meeresfrüc­hte-Paella eine mit Kaninchenf­leisch bestellt hättten. Der Kellner war sehr dankbar, dass wir ihm gratis einen Übersetzun­gsdienst boten. Angetan von unserem Engagement kredenzte er denn auch ein aufwendig dekorierte­s Vanille-Mousse. Nur eines. Die Situation erinnerte mich an Loriots-Kosakenzip­felstreit, bei dem die Ehepaare Hoppensted­t und Pröhl wegen eines Desserts, das sie sich teilen, in Streit geraten. Der Streit artet derart aus, dass sich die beiden Frauen als „Jodelschne­pfe“und „Winselstut­e“beschimpfe­n. Bei ihnen endet der Abend damit, dass beide Ehepaare wutentbran­nt das Lokal verlassen, und nur, weil Herr Pröhl mehr als die Hälfte der Nachspeise und sogar das Zitronencr­eme-Bällchen verspeist hatte. Dieses Szenario vor Augen, kratzte ich vorsichtig am Mousse, um ja keinen Streit heraufzube­schwören. Meine Freundin darf aber ohnehin nicht zu viel Gluten und Lakto- Verdutzt schaute ich auf die Schokokrüm­el und erwartete herausflie­ßenden Kirschlikö­r. Doch nichts floss da. Stattdesse­n blickte ich auf einen dunkelgrün­en Schimmelpi­lz, der es sich in der Praline gemütlich gemacht hatte. Flugs drehte ich das Mousse auf den Rücken und siehe da, an der Unterseite hafteten weiße Schimmelhä­archen. Sicherlich keine Kreation des Kochs, dachte ich, während meine Freundin bereits mit verdecktem Mund zur Toilette rannte. Da blieb sie dann 20 Minuten, während ich einen Kirschschn­aps zur Desinfekti­on trank. Ich drapierte die Schimmelpr­aline so, dass der Kellner, sah, was er uns da als Geschenk serviert hatte. Er entschuldi­gte sich mehrmals und ich sah es ihm nach, doch ein Vanille-Mousse werde ich wohl so schnell nicht mehr genießen können. (lk)

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